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Der Gitano. Abenteuererzählungen

Der Gitano. Abenteuererzählungen

Titel: Der Gitano. Abenteuererzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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stoßen. Meine Seidenballen und Madrina’s (Maulthiere) mögen immer zum Teufel sein; ich werde diese Scharte doch in irgend einer Weise wieder auszuwetzen wissen; aber daß diese Barbaren meinen Freund Diego Bonamaria gemordet haben, das kann ich ihnen nie vergessen. Wenn ich nach Alfaro komme, werde ich ihm ein Dutzend Messen lesen lassen, und ich will nicht selig werden, wenn ich mit der Zeit nicht eben so viel gute Messerstiche an den rechten Mann bringe!«
    Man stieg ab, überließ die Thiere, nachdem sie abgeräumt und an den Vorderfüßen gefesselt waren, ihrem eigenen Instincte und suchte sich zwischen den eingefallenen Mauern einen kühlen Winkel, um auszuruhen und ein kurzes Schläfchen zu halten.
    Wieder sorgte der Gitano mit der größten Aufmerksamkeit für die Bequemlichkeit seiner Reisegefährtin. Sie dankte ihm mit einem warmen Blicke ihres großen, seelenvollen Auges, und bald breitete der erquickende Schlaf seine weichen Schwingen über sie und den Maulthiertreiber.
    Der Zigeuner schlief nicht. Vielmehr lehnte er sich in aufrecht sitzender Stellung, der man es anmerkte, daß er zu wachen gesonnen sei, an die Mauer, und auch meine Augen wollten sich nicht schließen, da ich immer und immer wieder den Blick auf die schöne Gruppe vor mir richten mußte. Der Gitano Spaniens ist ein stolzer Gesell, mit dem sich sein vagabundirender Verwandter in Ungarn nicht messen kann; aber in der Haltung, den Zügen, dem ganzen Wesen dieses jungen Mannes lag etwas so Distingirtes, so Achtunggebietendes, daß es mir schwer wurde, mir ihn als einen Angehörigen jenes Stammes zu denken, welcher zur ewigen Heimathlosigkeit verdammt zu sein scheint.
    Da plötzlich richtete sich sein Kopf in die Höhe, die stolzen Brauen zogen sich aufwärts, und die Hand fuhr nach der Brust. Draußen ertönte das Getrappel von Pferden, und laute Stimmen wurden vernehmlich; Sporengeklirr und Säbelgerassel näherten sich unserem Zufluchtsorte, und bald stand eine Anzahl zwar buntgekleideter aber kriegerisch aussehender und gut bewaffneter Leute vor uns, welche uns mit neugierigen und mißtrauischen Blicken musterten.
    »Hollah! Was treibt sich denn da für Gesindel herum?« fragte der Vorderste von ihnen. »Wißt Ihr nicht, daß das Passiren von Schleich-und Nebenwegen höchst verdächtig ist?«
    Der Mulero war erwacht und hatte sich erhoben, während die Gitani ebenso wie ich in ihrer ruhenden Lage verharrten.
    »Da habt Ihr ein wahres Wort gesprochen,« antwortete er, indem sein sonnverbranntes Gesicht den Ausdruck offenen Hasses zeigte. »Diese Wege geht nur der ehrliche Maulthiertreiber; sie sind nur für ihn da, und wer außer ihm sie benutzt, der hat gewöhnlich zehn Finger zu viel.«
    »Sage noch ein solches Wort Mensch, und Du bist verloren!« herrschte der Andere ihn an. »Siehst Du denn nicht, daß wir Soldaten Seiner tapferen Majestät, des Königs Carlos sind und das Recht haben, Dich sofort über den Haufen zu schießen?«
    »Oho, wen nanntet Ihr als König? Doch, das geht mich ja Nichts an; Euren edlen Ritter Don Quixote mögt Ihr meinetwegen nennen, wie Ihr wollt. Wenn sich aber Gesindel hier herumtreibt, so werde ich, der weitbekannte Mulero Fernando Lunez, mit meiner ehrenwerthen Gesellschaft einen andern Ort suchen, wo wir ruhen und der Gefahr, zu diesen Leuten gezählt zu werden, entgehen können. Geht uns also aus dem Wege und –«
    »Halt,« fiel ihm der Carlist, denn ein solcher war es, in die Rede. »Du bleibst und gehst keinen Schritt von hier! Du hast den König beschimpft und also ein todtes-würdiges Verbrechen begangen. Don Enrico de Calanda y Munilla, welcher im Heere Sr. Majestät des Königs Earlos die Stelle eines Colonels bekleidet und uns vorausgeschickt hat, um ihm hier einen Ruheplatz zu bereiten, wird in einer Viertelstunde hier sein und über Dein Schicksal entscheiden. Du bist unser Gefangener!«
    Ueber das Angesicht des Mulero glitt jenes stolze Lächeln, welches nur der Spanier in dieser mimischen Vollendung in der Gewalt hat. Seine Hand näherte sich dem Gürtel, aus welchem der Griff des Dolches hervorragte, und mit einer geringschätzenden Drehung des Kopfes entgegnete er:
    »Die Sonne hat Euch den Verstand verbrannt! Wer ist denn Euer Don Enrico de Calando y Munilla eigentlich? Ich kenne ihn nicht. Jedenfalls auch einer von den Bandisto’s welche die armen Muleros überfallen, um ihnen Sack und Pack abzunehmen. Macht Platz hier!«
    »Keinen Schritt weiter!«
    »Wahrt Euch! Wer mich anrührt,

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