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Der gläserne Drache

Der gläserne Drache

Titel: Der gläserne Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Galen
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alten Fetzen aus und macht euch frisch! Ich werde euch dann helfen, mit den Kleidern klar zu kommen. Ab morgen macht das dann Maya, die euch auch in die Regeln dieses Hauses einweisen wird. Aber jetzt schnell! Ihr wollt euch doch nicht schon am ersten Abend den Zorn des Herrn zuziehen!“
     
    Jetzt kam Bewegung in die Mädchen. Wenige Minuten später schlüpften sie in die Kleider, die die Frau ihnen hinhielt. Sie wagten nicht, Bemerkungen über diese wunderschönen Gewänder zu machen, damit sie nicht wieder getadelt würden.
     
    Während die Frau ihnen half, Mieder zu schnüren und Knöpfe zu schließen, sagte sie: „Ich bin übrigens die Hausdame des Anwesens. Mir obliegt, für den reibungslosen Ablauf im Haus zu sorgen. Man nennt mich Magritta.“
     
    Dann öffnete sie eine Truhe und entnahm ihr zwei Paar zierlicher Schuhe, die sie den Mädchen hinhielt – ein Paar in rosa wie Aninas Kleid, das andere zart blau wie das Tamiras. Die Mädchen waren kaum in die Schuhe geschlüpft, als Magritta schon die Tür öffnete.
     
    „Lauft, lauft! Die Treppe hinunter und dann in den Gang, der rechter Hand von der Halle abgeht. Am Ende des Ganges findet ihr die Tür zum Speisezimmer. Hofft darauf, dass der Herr nicht schon vor euch da ist!“
     
    Die beiden Mädchen hasteten davon. Die ungewohnten Kleider raffend, sprangen sie die Treppe hinunter und rannten in den angegebenen Gang. Hastig riss Tamira die Tür auf.
    Sie standen in einem kleinen Saal, in dessen Mitte ein langer Tisch mit zwölf Stühlen an jeder Seite stand. An den Kopfseiten stand je ein schön geschnitzter Lehnsessel.
    Auf den beiden Stühlen am Ende der rechten Seite saßen zwei junge Männer, die Zwillinge, die sich beim Anblick der hereinstürzenden Mädchen lächelnd erhoben und den beiden eine leicht spöttische Verbeugung machten.
    Als die Schwestern atemlos und verwirrt stehen blieben, kam einer der beiden auf sie zu.
     
    „Guten Abend, meine Damen!“ grinste er. „Ihr hättet nicht so zu rennen brauchen, denn vor gerade fünf Minuten kam ein Bote zu Herrn Romando, der ihn in einer wichtigen Angelegenheit aus dem Haus rief. Ihr werdet also heute Abend beim Essen mit unserer Gesellschaft vorlieb nehmen müssen.“
     
    Er ergriff die beiden bei der Hand und führte sie an die Tafel. Sein Bruder war zwischenzeitlich um den Tisch herumgekommen, und nun schoben die beiden jungen Männer den Mädchen die beiden gegenüberliegenden Stühle zurecht.
     
    „Übrigens, gestattet, dass wir uns vorstellen“, sprach er weiter. „Mein Name ist Wigo und das ist Tanis, mein Zwillingsbruder, wie man wohl unschwer erkennen kann.“
     
    Die beiden kehrten an ihre Plätze zurück und Wigo klatschte in die Hände. Eine andere Tür öffnete sich, und drei Diener brachten die Speisen.
     
    Anina und Tamira konnten sich nicht satt sehen an der wunderbar gedeckten Tafel. Das Tischtuch, das nur über dem Teil des Tisches lag, an dem die Vier saßen, war aus feinstem Leinen, die Zinnteller am Rand verziert, Löffel und Messer hatten silberne Griffe. Auch die mit feinen Gravuren geschmückten Becher waren aus Silber.
    Nun banden sich die beiden Jungen die neben ihren Plätzen liegenden Tücher um den Hals, wobei sie die Mädchen auffordernd ansahen. Rasch griffen Anina und Tamira zu den Tüchern, die auch für sie bereitlagen, und folgten dem Beispiel.
     
    Während die beiden jungen Männer tüchtig zugriffen, schauten die Mädchen verwirrt auf die unbekannten Speisen. Verstohlen musterten sie die gegenüber sitzenden Jungen. Trotz ihrer Jugend waren die beiden schon hoch gewachsen, aber schlank, ja, eher sogar sehnig. Dunkles, leicht gelocktes Haar fiel ihnen in einem widerspenstigen Schopf bis auf die Schultern. Die braunen Augen hatten einen wachen, etwas spöttischem Ausdruck.
    Die Zwillingsbrüder sahen sich an und grinsten. Tamira hatte den Blick bemerkt und geriet in Zorn.
     
    „Ihr braucht gar nicht so verächtlich auf uns herabzusehen!“ fauchte sie. „Ihr werdet wohl unsere Herkunft kennen.
    Ist es so lächerlich, dass wir nicht wissen, wie man sich an einer solchen Tafel benimmt? Ich weiß zwar nicht, woher ihr stammt, aber wenn ihr nicht von edler Geburt seid, dürftet ihr euch an eurem ersten Tag in diesem Palast nicht viel anders benommen haben als wir.
    Also solltet ihr nicht so überheblich tun! Seid gewiss, sollten wir längere Zeit hier verbringen, werden wir uns in Kürze genauso selbstverständlich benehmen wie ihr. Wir sind zwar nur

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