Der globale Eingriff
Ihre Sicherheit garantieren würde, dann wäre das eine Lüge, und Sie wüßten, daß es eine Lüge wäre. Auf der anderen Seite wissen Sie noch nicht, was wir von Ihnen wollen. Sie wissen auch nicht, aus welchem Grund Sie etwas tun sollen, und den werden Sie erfahren, wenn wir Sie weiterleben lassen. Es ist uns klar, daß keiner von Ihnen veranlagungsmäßig für die Arbeit eines örtlichen Wächters geeignet ist, aber wenn Sie gänzlich eingeweiht sind, dann könnten sich Ihre Gefühle solchen Operationen gegenüber ändern.“
„Wie dem auch sei“, fügte Simmonds hinzu, „mein Hauptgrund, warum ich Ihre Ermordung verhindert habe, ist der, daß Sie Ihre Gefühle unter Kontrolle haben. Außerdem ergänzen Sie sich gegenseitig, sowohl in Ihrem Beruf als auch im Privatleben, und in kurzer Zeit werden wir eine Menge Menschen brauchen, wie Sie welche sind.“
Ann nickte, es war jedoch klar, daß sie weder zufriedengestellt noch beruhigt war. „Wenn wir veranlagungsmäßig dafür ungeeignet sind, Massenmord zu begehen – was erwarten Sie dann von uns?“
Simmonds beachtete den Sarkasmus in ihrer Stimme nicht und antwortete: „Zuerst wird von Ihnen nur erwartet, daß Sie ihre normalen Pflichten auf der Station weiterhin wahrnehmen und daß Sie eine zusätzliche Verantwortung als Informationssammler übernehmen. Es gibt nur wenige Johannes-Anhänger in dem Krankenhaus und überhaupt keine in Ihrer Intensivstation. Und dort werden, aus Gründen, die Sie bald erfahren werden, einige sehr wichtige Patienten eingeliefert, Patienten, die im Neomorph-Rausch ungehemmt sprechen…“
Gleich wird sie explodieren, dachte Malcolm, als er sah, wie Anns Gesicht völlig ausdruckslos wurde, und unser Johannes-Freund hier wird das gar nicht so gut finden.
„… Ebenso werden Sie uns jede neue Theorie mitteilen, die Ihr Freund Reynolds aufstellt und Ihnen anvertraut“, fuhr Simmonds unbeirrt fort. „Für einen Ortsansässigen ist Reynolds wirklich gut ausgebildet, und er ist ein fähiger Polizei-Psychologe, und bis wir uns entscheiden, ob wir ihn entfernen oder rekrutieren sollen, müssen wir wissen…“
Er wurde nicht von Ann unterbrochen, sondern von einem dumpfen Aufschlaggeräusch. Eine Sekunde lang oder noch kürzer starrte er aus dem Bildschirm heraus direkt auf den Wächter, dann schaute er für den Augenblick, den er brauchte, um die Verbindung zu unterbrechen, verstört drein.
Langsam und vorsichtig bewegte Malcolm seinen Kopf und seine Augen von dem leeren Bildschirm weg in Richtung auf die Tür. Darin waren dicht nebeneinander drei Löcher. Auf dem weißgekleideten Rücken des Wächters war in der Gegend des vierten und fünften Rückenwirbels ein sich vergrößernder roter Fleck zu sehen. Langsam glitt er zu Boden. Als sich die Tür öffnete, kam ein zweiter Mann in Krankenhauskleidern herein, der eine große Feuerwaffe mit Schalldämpfer bei sich trug. Er beugte sich über den sterbenden Mann, untersuchte kurz die Granate in der Tasche und redete dann über seine Schulter mit jemandem im Flur.
„Ein Johannes-Wächter, jetzt außer Gefecht gesetzt“, sagte er. „Scheint einer der ranghöheren Ortsansässigen zu sein, wenn man von den Körpermaßen ausgeht. Bringen Sie ihn weg, bevor er den ganzen Boden mit Beweismaterial versaut. Entschuldigen Sie mich.“
Während er sprach, ließ er die Feuerwaffe in seiner Tasche verschwinden und zog dafür eine kleine, seltsam geformte Waffe heraus, die er abwechselnd auf alle beide richtete. Es war kein Geräusch zu hören, aber Ann griff plötzlich ruckartig an die Seite ihres Gesichts, und Malcolm spürte einen Einstich direkt unter dem Ohr.
„Ich habe keine Zeit für Erklärungen“, sagte der Mann.
Das Wissen, daß er betäubt worden war und vielleicht nur noch wenige Sekunden bei Bewußtsein bleiben würde, beschleunigte Malcolms Pulsschlag, so daß das Betäubungsmittel nur noch schneller durch das System gepumpt und die Zeit, die ihm für zusammenhängende Gedanken blieb, weiter verkürzt wurde. Er lächelte Ann beruhigend an und versuchte, auch sich selbst zu beruhigen.
Eine fußbetriebene Dreifachbahre kam rückwärts durch die offene Tür. Eine weitere weißgekleidete Figur stieg von dem Sattel ab, öffnete den Seitendeckel des untersten Behälters und legte den Körper des Wächters hinein. Mit ebensowenig Ehrfurcht hob er Ann in den Mittelteil. Der einzige Körperteil, den sie nun bewegen konnte, waren ihre Augen, und sie versuchte verzweifelt, sie
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