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Der Glöckner von Nôtre Dame - Hugo, V: Glöckner von Nôtre Dame

Der Glöckner von Nôtre Dame - Hugo, V: Glöckner von Nôtre Dame

Titel: Der Glöckner von Nôtre Dame - Hugo, V: Glöckner von Nôtre Dame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victor Hugo , Pößneck GGP Media GmbH
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andere, „wenn man die Kinder jetzt so macht?“ – „Ich bin in Kindern unbewandert; es muß aber eine Sünde sein, dies zu betrachten.“ – „Es ist kein Kind.“ – „Es ist ein halber Affe.“ – „Es ist ein Wunder“, meinte Henriette la Gaultière. – „Dann ist es das dritte“, bemerkte Agnes, „nach dem Sonntag Lätare; denn erst vor acht Tagen geschah das Wunder, daß der Spötter über die Pilger von unsrer Frau bestraft ward, und das war schon das zweite Wunder im Monat.“ – „Dies Findelkind ist wahrhaftig ein verabscheuungswürdiges Ungeheuer.“ – „Es kreischt, daß man taub werden möchte!“ – „Ich glaube, es ist ein Tier, das Kind eines Juden und eines Zuchtschweins, etwas Unchristliches, das man ersäufen oder verbrennen muß.“ – „Ich hoffe, daß es niemand wird annehmen wollen.“
    Wirklich war das kleine Geschöpf, das schon mindestens vier Jahre zählte, ein Ungeheuer an Häßlichkeit. Es war eine eckige, unruhige Masse in einem Sack, der ihm bis an den Hals reichte. Der Kopf ragte hervor und war nicht wenig mißgestaltet; man sah nur einen Wald roter Haare, ein Auge, einen Mund und Zähne. Das Auge weinte, der Mund schrie und die Zähne schienen beißen zu wollen. Das Ganze rührte sich im Sacke zum großen Schrecken der Menge, deren Umkreis unaufhörlich anschwoll und sich erneute. Eine reiche und schöne Frau, die ein artiges Mädchen von sechs Jahren an der Hand hielt und einen langen Schleier vom goldnen Horn ihres Hauptschmuckes herabhängen ließ, blieb im Vorbeigehen vor der Bank stehen, betrachtete einen Augenblick das unglückliche Geschöpf und sagte, sich mit Widerwillen abwendend: „Ich dachte, man setzte hier nur Kinder aus.“ Dann wandte sie den Rücken und warf einen Gulden in das Becken, daß die armen Frauen der Kapelle Etienne Haudry die Augen weit aufrissen.
    Einen Augenblick später wandelte der gelehrte und ernste Robert Mistricolle, Protonotar des Königs, mit einem großen Meßbuch unter dem einen Arm und seiner Frau Guillemette am andern, vorüber. „Ein Findelkind“, sprach er, den Gegenstand untersuchend, „wahrscheinlich an den Gestaden des Flusses Phlegeto gefunden.“ – „Es hat nur ein Auge“, bemerkte Dame Guillemette, „auf dem andern hat es eine Warze.“ – „Das ist keine Warze“, begann Meister Mistricolle aufs neue; „es ist ein Ei, das einen ähnlichen Teufel enthält, der wieder ein kleines Ei mit einem Teufel usw. in sich trägt.“
    „Herr Protonotar“, fragte eine der Betschwestern, „was prophezeit Ihr diesem Kind?“ – „Das größte Unglück“, erwiderte Mistricolle. – „Oh Gott“, rief eine Alte unter den Zuhörerinnen, „vergangenes Jahr hatten wir ja schon eine große Pest, und jetzt sagt man, die Engländer wollen in Harfleur landen.“ – „Dadurch läßt sich die Königin vielleicht abhalten, im September nach Paris zu kommen“, meinte eine andere, „der Handel geht jetzt schon schlecht genug.“
    „So wäre es besser, der kleine Zauberer läge auf einem Reisigbündel als auf einer Bank.“ – „Ja, auf einem schönen flammenden Reisigbündel“, meinte die Alte. – „Das wäre klüger“, sagte Mistricolle.
    Schon seit einigen Augenblicken hörte ein junger Priester dem Gespräche zu; sein Aussehen war streng, sein Blick tief, seine Stirne breit. Schweigend schob er die Umstehenden beiseite, untersuchte den kleinen Hexenmeister und streckte die Hand nach ihm aus. Es war Zeit; denn alle frommen Frauen freuten sich schon innerlich des schönen, flammenden Reisigbündels.
    „Ich adoptiere das Kind“, sprach der Priester, verbarg es unter seinem Kleide und trug es davon. Erstaunt blickten ihm die Umstehenden nach. Bald war er durch das rote Tor verschwunden, das damals von der Kirche zum Kloster führte. Als das erste Erstaunen vorüber war, neigte sich eine der Betschwestern zum Ohre der nächststehenden: „Ich sagt’ es Euch, meine Schwester, der junge Claude Frollo ist ein Hexenmeister.“

15. Claude Frollo
    In der Tat war Claude Frollo kein gewöhnlicher Mensch. Er gehörte zu einer jener Familien, die man hohen Bürgerstand oder kleinen Adel nannte. Seit seiner Kindheit war er von seinen Eltern zum geistlichen Stande bestimmt. Man hatte ihn Latein lesen gelehrt und erzogen, die Augen niederzuschlagen und leise zu sprechen. Schon als Kind hatte ihn sein Vater in das mönchische Kollegium de Torchi in der Universität gebracht; dort wuchs er bei dem Missale und dem Lexikon

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