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Der Glöckner von Nôtre Dame - Hugo, V: Glöckner von Nôtre Dame

Der Glöckner von Nôtre Dame - Hugo, V: Glöckner von Nôtre Dame

Titel: Der Glöckner von Nôtre Dame - Hugo, V: Glöckner von Nôtre Dame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victor Hugo , Pößneck GGP Media GmbH
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über den Platz“, rief einer von denen, die am Fenster saßen.
    Alle wandten sich dem Platze zu. – „Ist es wahrhaftig unser ehrwürdiger Rektor, Meister Thibaut?“ fragte Jehan Frollo de Moulin, der, an einen Pfeiler im Innern geklammert, nicht sehen konnte, was außerhalb vorging.
    „Ja, ja“, erwiderten alle andern, „er ist’s, Meister Thibaut, der Rektor.“ Wirklich war es der Rektor mit allen Würdenträgern der Universität, die in Prozession der Gesandtschaft entgegengingen und in dem Augenblick über den Platz des Palais kamen. Die in das Fenster gedrängten Studenten empfingen sie im Vorbeigehen mit Spott und ironischem Beifallgeklatsch. Der Rektor, der an der Spitze marschierte, erhielt die erste Lage. Sie war heftig. „Guten Tag, Herr Rektor! Hallo! He! Guten Tag! – Der alte Spieler, wie kommt’s, daß er hier ist! Er hat seine Würfel verlassen können! – Wie er auf dem Maultier trottet! Dies hat nicht so große Ohren, wie er selbst. – Hallo! He! Guten Tag, Herr Rektor! Tybalde aleator! Alter Pinsel! Alter Pinsel! Gott schütze dich hast du oft gestern nacht die doppelte Sechs geworfen? – Wohin, Thibaut? Was drehst du der Universität den Rücken und trottest zur Stadt?“ – „Gewiß sucht er eine Wohnung in der Straße Thibautodé!“ rief Jehan de Moulin. Die ganze Bande wiederholte den Witz mit Donnerstimme und wütendem Händeklatschen.
    Dann kam die Reihe an die übrigen Würdenträger. „Nieder mit den Pedellen, nieder mit den Stabträgern! – Sage doch, Robin Poussepain, wer ist doch der da? – Gilbert de Suilly, Gilbertus de Soliaco, Kanzler des Kollegiums von Autun. – Hier ist mein Schuh; du hast einen besseren Platz, als ich, schmeiß ihn dem da an den Kopf. – Nieder mit den sechs Theologen und ihren weißen Oberkleidern! – Das sind Theologen? „Ich dachte, es wären sechs weiße Gänse! – Nieder mit den Ärzten! – Nieder mit den Kardinal- und Quodlibetar-Disputationen! – Da! Ein Kopfputz von mir, Kanzler von G. Geniève; du hast mir unrecht getan. – Ja, ja. Er gab meine Stelle in der Normandie dem kleinen Ascanio Falzaspada, der zur Provinz Bourges gehört, weil er Italiener ist.“ – „Das ist nicht recht!“ riefen alle Studenten. „Nieder mit dem Kanzler von G. Geniève! – Ho! He! Meister Joachim Ladehors! Ho! He! Louis Dahuille! Lambert Hoctement! – Der Teufel erwürge den Prokurator der deutschen Nation! – und die Kapläne der Sainte-Chapelle mit ihren grauen Pelzen! – Seu de pellibus grisis furratis!* – Hallo! He! Die Meister in den Künsten! Alle schönen schwarzen und alle schönen roten Kappen! – Der Rektor hat an ihnen einen schönen Schweif. – Jehan, die Kanonici von S. Genoveva!“ –

    * Lateinisch: Oder in ihren grauen Pelzmänteln.
    „Wie glücklich sind doch jene, alles zu sehen“, sagte seufzend Johannes de Molendino, noch immer auf dem Kapitäl sitzend.
    Endlich neigte sich der geschworene Buchhändler der Universität, Meister Andry Musnier, zum Ohre des Kürschners der Kleider des Königs mit den Worten:
    „Ich sage Euch, Herr, das Ende der Welt ist nahe. Man sah nie solche Ausgelassenheit der Studenden. Die verfluchten Erfindungen des Jahrhunderts richten alles zugrunde, die Kanonen, Serpentinen, Bombarden und vor allem die Buchdruckerkunst, diese andere Pest aus Deutschland. Keine Manuskripte! Keine Bücher! Der Druck tötet den Buchhandel! Das Ende der Welt ist nah.“
    „Das sehe ich auch am Absatz der Sammetstoffe“, sagte der Kürschner.
    In dem Augenblick schlug die Glocke zwölf Uhr. Die ganze Masse stieß mit einer Stimme ein „Ah“ aus. Die Studenten schwiegen. Plötzlich entstand eine große Umwandlung, eine große Bewegung der Hände und Füße, ein allgemeines Donnern von Schnupfen und Husten, alles stellte sich zurecht, reckte, richtete und gruppierte sich. Dann herrschte tiefes Schweigen, alle Hälse blieben ausgestreckt, jeder Mund stand offen, alle Blicke wurden zur Marmortafel gerichtet – nichts erschien. Die vier Sergeanten des Bailli standen starr, unbeweglich, wie vier mit Farbe bestrichene Statuen, da. Alle Augen richteten sich hierauf zu der den flamländischen Gesandten zurückbehaltenen Estrade. Die Tür blieb verschlossen. Die Estrade leer. Seit dem Morgen erwartete die Volksmenge drei Dinge, den Mittag, die flamländische Gesandtschaft, das Mysterium. Nur der Mittag hatte sich pünktlich eingestellt.
    Das war zuviel auf einmal. Man wartete eine, zwei, drei, vier, fünf Minuten,

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