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Der goldene Esel

Titel: Der goldene Esel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucius Apuleius
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vollbracht, säumte er nicht, sich zu retten. Unterm Schleier der Finsternis wischte er zu einem Hause hinein, worin er die ganze Nacht verborgen blieb. Allein die Vorsehung der Götter, welche jegliche Missetat an den Schuldigen heimsucht, machte, daß ich ihn diesen Morgen ganz früh, bevor er durch heimliche Schliche entrinnen konnte, belauerte. Hier stelle ich ihn vor Euer allerheiligstes Gericht. Seht da einen Missetäter, der mit dreifachem Morde befleckt, der auf der Tat ertappt worden und der noch dazu ein Fremder ist! So richtet denn kühn über ihn, über diesen Fremden, in einem Verbrechen, das selbst an einem einheimischen Bürger mit exemplarischer Strenge müßte geahndet werden!«
    Nachdem mein Ankläger also mit heftiger Stimme gesprochen hatte, schwieg er still.
    Nun ward ich vom Herold aufgefordert, was ich dagegen zu antworten hätte, vorzubringen. Allein noch vermochte ich nichts denn weinen, und das wahrlich nicht sowohl um der gräßlichen Anklage willen als wegen meines verletzten Gewissens.
    Doch endlich kam mir Kühnheit und Kraft von oben herab, und ich begann:
    »Ich fühle nur allzu sehr, welch eine schwere Sache es sei, hier neben den hingestellten Leichen dreier Bürger, wegen deren Ermordung ich angeklagt werde, durch aufrichtige Aussage der Wahrheit und selbst durch Eingeständnis der Tat eine so zahlreiche Versammlung von meiner Unschuld zu überzeugen. Gleichwohl, wenn Sie, meine Herren, mir auf wenige Augenblicke ein geneigtes Gehör vergönnen wollen, so bin ich gewiß, Ihnen auf das deutlichste zu erweisen, daß ich mich keineswegs durch eigenes Verschulden jetzt in dieser Lebensgefahr befinde, sondern daß allein ein unglücklicher Zufall über einen nur allzu gerechten Unwillen den Schein eines Verbrechens verbreitet. Gestern, als ich ganz spät von einem Schmause, wobei ich (die Wahrheit zu gestehen) ein wenig zu viel getrunken hatte, nach Hause gehe, sehe ich drei Räuber vor dem Hause des Milo, einem Ihrer biedern Mitbürger, bei dem ich logiere. Sie sind über die Tür her und suchen sie mit aller Gewalt zu erbrechen oder aus den Angeln zu heben. Schon stürzen Riegel und Schlösser gesprengt zur Erde, und sie beratschlagen untereinander über den Tod der Einwohner des Hauses. ›Hört, Kerls!‹ spricht einer von ihnen, der mannhafter und von größerer Taille schien als die übrigen, ›laßt uns sie wacker und frisch im Schlafe anfallen. Kleinmut und Feigheit weiche aus unserem Herzen, und Mord wandle mit gezücktem Dolche durchs ganze Haus! Erwürgt werde, wer im Schlafe liegt, und das Schwert schlage den, der sich zu verteidigen aufsteht. Nur dann können wir mit Sieg gekrönt und Beute beladen sicher wiederum zurückziehen, wenn wir niemandes im ganzen Hause geschont haben!‹ Ich leugne es nicht, meine Herren (ich glaubte als ein braver Bürger zu handeln, ich glaubte es meinen Wirten, glaubte es mir selber schuldig zu sein), ich griff diese Banditen mit dem Degen an, den ich aus Vorsicht mitgenommen hatte, um im Notfall nicht wehrlos zu sein; ich dachte sie in Schrecken zu setzen und zu verjagen. Allein die verruchten Bösewichter gedachten an keine Flucht! Als sie mich mit bewehrter Faust auf sich zukommen sahen, machten sie Front gegen mich und taten tapfern Widerstand. Nach einem hartnäckigen Gefechte drang endlich ihr Rädelsführer auf mich ein, faßte mich mit beiden Fäusten bei den Haaren und zog mich nieder; indem er aber nach einem Steine ruft, mir den Rest damit zu geben, bringe ich ihm einen tödlichen Stich bei und strecke ihn glücklich zu Boden. Dem andern, der sich unterdessen in meinen Füßen verbissen hatte, stoß ich gleich darauf den Degen durch den Rücken, und der dritte rennt sich ihn selbst durch die Brust, indem er ganz blindlings auf mich hineinläuft. Nachdem ich dergestalt die öffentliche Sicherheit wieder hergestellt, meines Gastfreundes Haus und unser beiderseitiges Leben geschützt hatte, kam es mir nur nicht ein, daß ich eine strafbare Handlung begangen hätte, wohl aber eine Tat, die eher des öffentlichen Lobes und Dankes würdig sei. Dieser Gedanke stand mir um so mehr zu, da ich niemals in meinem Leben auch nicht des mindesten Verbrechens beklagt, sondern beständig in meinem Vaterlande als ein Bürger von unsträflichem Wandel geachtet worden bin, der jederzeit ein reines, unbeflecktes Gewissen jeglichem Gewinne vorgezogen hat. Auch kann ich bis jetzt nicht begreifen, wie ich durch die allergerechtsamste Rache von der Welt an

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