Der goldene Esel
fest er sich auch dagegen in dem Hause verschanzte, dennoch stach er ihm beständig in die Augen. Immer schwebten die blanken Goldstücke vor seinem Gesicht, immer überrechnete er den reichen Gewinn. Mit sich selbst in unaufhörlichem Zwiste, schwankte wie ein Nachen sein Sinn bald hier-, bald dorthin. Ein Gedanke, ein Vorsatz verdrängte, verjagte den andern. Jetzt hielt ihn Treue, jetzt zog ihn Habsucht; dann schreckte ihn Marter, dann lockte ihn Wollust. Bis zuletzt Gold über Todesfurcht obsiegte; denn selbst die Zeit verminderte die schnöde Begierde nach dem schimmernden Metalle nicht! Nicht Tag, nicht Nacht fand der Arme Ruhe. Trotz der abscheulichsten Drohungen seines Herrn war er seiner selbst nicht mehr Meister; es ängstigte, es drängte, es zwängte ihn innerlich. Er mußte endlich Scham und Verzug verbannen und seiner Gebieterin den Antrag ihres Liebhabers hinterbringen.
Dame Arete fiel nicht ab von dem angebornen Leichtsinn unseres Geschlechtes. Sofort war der Handel mit ihr geschlossen und ihre Keuschheit für das verfluchte Gold verpfändet.
Niemand war nun froher als Mirmex, war es gleich auf Kosten seiner Treue. Er konnte den Augenblick nicht erwarten, das; Geld, das er zu seinem Unglücke gesehen hatte, nur zu berühren, geschweige in Empfang zu nehmen. Er flog zum Philesietärus, berichtete ihm voller Freuden, wie sein geäußertes Verlangen mit großer Mühe bewerkstelligt sei, forderte auf der Stelle seine versprochene Belohnung und sah sich denn endlich so glücklich, goldene Münzen in einer Hand zu halten, die kaum noch eherne berührt hatte.
Jetzt war es stockfinstere Nacht; jetzt nimmt er den wackeren Liebhaber, das Haupt wohl verhüllt, allein mit sich nach Hause und führt ihn in Aretes Schlafzimmer.
Kaum hatten sich beide Liebenden voller Entzücken umarmt und jeglicher Hülle entledigt ihrer Liebe mit aller Inbrunst lechzender Begier die ersten Opfer gebracht, als wider aller Vermuten der Herr Gemahl, der die Nacht durch gereist war, vorm Hause anlangt. Er klopft, er ruft, niemand will hören; er wird ungeduldig, schmeißt mit Steinen wider die Haustür; es kommt noch niemand. Nun gerät er in Zorn und schimpft und flucht auf den Mirmex und bedroht denselben mit der schrecklichsten Strafe, wo er nicht unverzüglich aufmache.
Der arme Teufel, über die unglückliche Überraschung in der äußersten Verwirrung, wußte vor Bestürzung seinem Leibe keinen Rat. Doch besann er sich noch so viel, daß er sagte, er habe den Hausschlüssel mit so großer Sorgfalt verwahrt, daß er ihn nun in der Dunkelheit selbst nicht wieder zu finden wisse. Unterdessen hörte Philesietärus den Lärm, warf hurtig sein Kleid über und, ohne an seine Schuhe zu denken, barfuß zur Kammer hinaus!
Nun kam mein Mirmex gemach mit dem Hausschlüssel angestochen und schloß auf. Donnernd und wetternd stürzte sein Herr zum Hause herein und gleich in die Schlafkammer; Philesietärus aber husch! hinter ihm weg und unbemerkt und glücklich davon!
Solchergestalt von seiner Angst gerettet, schloß Mirmex ruhig sein Haus wieder ab und legte sich schlafen, sonder Ahnung von dem, was ihm andern Tages bevorstand. Denn als der Herr Ratsherr Barbarus morgens beim Erwachen die Schuhe entdeckte, welche der flüchtende Philesietärus unter dem Bette hatte stehen lassen, verspürte er mit einmal ein so gewaltiges Jucken vor der Stirn, daß er flugs aus den Umständen die Wahrheit mutmaßte. Indessen fanden Se. Wohlweisen nicht für gut, Dero Herzeleid weder Ihre Frau Gemahlin noch jemand von den Leuten merken zu lassen, sondern Sie versteckten die Schuhe heimlich unter Ihrem ratsherrlichen Kleide und gaben Befehl, den Mirmex sogleich zu binden und nach dem Gerichtsplatz zu schleppen. In hoher eigener Person begaben Sie sich auch dahin, stillschweigend Ihren Gram unter Ihrer Würde verbergend; aber fest überzeugt, durch Hervorweisung der Schuhe Dero Ehrenschänder genau auf die Spur zu kommen.
Aber was geschah?
Eben wie Barbarus, das Gesicht von verbissener Wut aufgeschwollen, mit dem geschlossenen Mirmex in Prozession die Straße hinanzog und dieser, weil sein Gewissen ihn verklagte, durch Heulen und Lamentieren alle Leute zu vergeblichem Mitleid bewegte, so kam Philesietärus in Geschäften die Straße herunter und ihnen gerade entgegen. Der erste Blick erinnerte ihn sogleich an sein gestriges Vergessen; er zweifelte nicht, daß dies die Folgen davon seien. Augenblicklich rüstet er sich mit seiner ganzen Entschlossenheit
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