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Der goldene Esel

Titel: Der goldene Esel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucius Apuleius
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Überweisung der gräßlichsten Gottlosigkeit schlug das unverschämte Priestergesindel noch nicht nieder. Fingen sie nicht gar noch zu lachen an und wollten sich weißbrennen?
    »Es ist doch himmelschreiend,« riefen sie, »wie unverdienterweise man in Gefahr gerät! Um eines Kelches willen, den die Mutter der Götter ihrer Schwester, der syrischen Göttin, zum Gastgeschenke gegeben, sollen wir armen unschuldigen Vorsteher ihrer Religion mit Leib und Leben zur Verantwortung gezogen werden, als ob wir uns an so heiligen Sachen vergreifen könnten!«
    Allein sie redeten nur in den Wind. Die Reiter nahmen sie mit sich zurück und warfen sie geschlossen in den ärgsten Kerker. Den Kelch brachten sie wieder in den Schatz des Tempels und meine Göttin alldazu. Mich aber führten sie folgenden Tages auf den Markt und ließen mich wiederum zum Verkaufe ausrufen.
    Ein Bäcker aus dem nächsten Städtchen bezahlte mich noch um sieben Nummen teurer, als Philebus vorher für mich gegeben hatte. Er belud mich mit Getreide, das er aufgekauft, und trieb mich einen rauhen, steinigen Weg, voller Stürze und Wurzelenden, zu sich nach Hause. Viele Pferde und Esel in beständigem Kreislaufe trieben da Mühlen von allerhand Größe, nicht allein bei Tage, sondern auch die Nacht durch bei Lichte.
    Mein Herr hatte anfangs ungemein viel Gütigkeit für mich, vermutlich, um mir von meiner neuen Lage einen desto günstigeren Begriff beizubringen. Er ließ mich den ganzen ersten Tag feiern, und meine Krippe war immer vollauf mit Futter angefüllt. Aber länger dauerte auch die Flitterzeit nicht.
    Den folgenden Tag wurd' ich mit dem Frühesten an eine der größten Roßmühlen angespannt. Man verkappte mir das Gesicht und trieb mich an, in die Runde, innerhalb der gezogenen Schranken, herumzugehen und einen und denselben und immer wieder von neuem anzufangenden Umlauf zu beginnen. Um es, meinen Gedanken nach, recht klug zu machen, bezeigte ich zu der leichten Kunst so wenig Gelehrigkeit als nur möglich. Zwar hatt' ich, wie ich noch als Mensch unter den Menschen lebte, dergleichen Maschinen wohl tausendmal herumdrehen sehen; demungeachtet stellt' ich mich ganz neu und fremd dazu an. Ich stand wie in den Boden gewurzelt da und ging nicht von der Stelle. Ich bildete mir ein, ich würde zu solcherlei Verrichtungen für unnütz und unbrauchbar erklärt und lieber zu irgendeiner leichtern Arbeit bestimmt oder auch gar aus Gnaden in Müßiggang ernährt werden. Ach, wie weit schoß ich vom Ziele!
    Ich war bald von einem Haufen Leute, mit Prügeln bewaffnet, umgeben, und indem ich so mit verbundenen Augen, in der schönsten Hoffnung versunken, dastand, ließen die auf ein gegebenes Signal mit einmal, unter gräßlichem Geschrei, unzählige Streiche hageldicht auf mich einfallen.
    Denkt Euch den Schreck!
    Vergessen waren da augenblicklich meine geklügelten Anschläge, und fix legte ich mich aus allen meinen Kräften ins Zeug und trollte lustig umher in die Runde. Allesamt wollten sich über eine so schnelle Sinnesänderung zu Tode lachen.
    Bereits war der größte Teil des Tages verstrichen. Kaum konnt' ich noch fort, als man mich wieder abkappte, ausspannte und an die Krippe stellte. So müde ich indessen auch war, so sehr ich eines Ersatzes an Kräften bedürftig, und so laut sich auch in mir mein Magen meldete, dennoch hing ich lieber meiner geliebten, nie mich verlassenden Neugier nach, als daß ich das im Überfluß mir vorgeschüttete Futter ruhig ausgefressen hätte. Mit großem Behagen erforschte ich das ganze Wesen und die innere Beschaffenheit eines so unseligen Aufenthaltes, als eine Stampfmühle ist.
    Ihr gütigen Götter! wie viele Menschen gab es da, über und über mit Blutstriemen bezeichnet, den Rücken zerbläut, mit Lumpen mehr beschattet als bedeckt! Einige hatten noch einen geringen Fetzen um die Scham geworfen; die meisten aber waren so bekleidet, daß sie darum nicht weniger nackend gingen.
    Was für Gebrandmarkte, für Halbgeschorene, für Geschlossene sah ich da nicht! Fahl zogen sie einher wie Schatten. Die Augenwimpern waren ihnen vom Rauch und Dampf des Backofens abgesengt; sie konnten kaum aus den Augen sehen. Und wie im Kampfe die Fechter mit Staub, so waren sie vom Kopf bis zu den Füßen mit Mehl und Asche gepudert und gar unkenntlich vor Schmutz.
    Allein das ist alles noch nichts gegen den Zustand, worin ich meine Gespannschaft, die Pferde, Mäuler und Esel, antraf; der ist fast nicht zu schildern. Fürs erste waren

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