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Der goldene Schwarm - Roman

Der goldene Schwarm - Roman

Titel: Der goldene Schwarm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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(»Hooorrr-geh! Leidenschaftlich wie Pasternak!«, wie er neuen Bekanntschaften mitteilt) unterhält eine Reihe von Spelunken, in denen Glücksspiel und andere Laster als Hauptattraktionen angeboten werden. Joes Aufgabe ist es, diese Traditionsmaschinen – die statt bloßen Pennys nun Gutscheine für hohe Geldbeträge und intime Dienstleistungen ausgeben – zu warten und sie systematisch dahingehend zu manipulieren, dass sie nur ganz selten oder auf Jorges persönliche Anordnung hin einen Gewinn ausspucken. Dieser Preis für das Überleben im Uhrmachergeschäft ist ein akzeptabler Kompromiss.
    Das darüber gelegene Stockwerk – der Wohnbereich, in dem Joe ein Bett aufgestellt hat sowie einige alte Holzschränke, die groß genug sind, um ein Kriegsschiff zu verbergen – ist ein wunderschöner Ort. Breite, bogenförmige Fenster öffnen sich auf der einen Seite zum Fluss und auf der anderen zu einer urbanen Landschaft aus Geschäften und Märkten, Hinterhofbüros, Garagen und einem widerlichen Fleckchen grüngrauen Grases, das von einer unanfechtbaren Stadtverordnung geschützt wird und das man daher an Ort und Stelle verfaulen lassen muss.
    All das ist schön und gut, aber vor Kurzem hat sich das Lagerhaus ein ernsthaftes Ärgernis zugezogen: eine Katze. Seit einiger Zeit liegt an einer Anlegestelle gut zweihundert Meter entfernt ein Hausboot, auf dem eine sehr reizende, sehr arme Familie namens Watson lebt. Griff und Abbie sind ein Paar leicht paranoider Anarchisten, das aus Gewissensgründen zutiefst allergisch auf Papierkram und jede Form von Beschäftigungsverhältnis reagiert. Beide zeichnet eine merkwürdige Courage aus: Sie glauben an eine beängstigende Realität hinter der offiziellen Politik und kämpfen tapfer gegen sie an. Joe ist sich nie ganz sicher, ob sie verrückt sind oder nur auf erschreckende und kompromisslose Weise unfähig, sich selbst etwas vorzumachen.
    So oder so, alle Uhrwerkspielzeuge, die er übrig hat, schenkt er den Watsons, und um sicherzugehen, dass sie noch am Leben sind, isst er immer mal wieder mit ihnen zu Abend. Sie teilen dafür das Gemüse aus ihrem kleinen Schrebergarten mit ihm und haben ein Auge auf das Lagerhaus, wenn er übers Wochenende nicht da ist. Von der Katze (für Joe ist sie schlicht »der Parasit«) waren sie vor einigen Monaten adoptiert worden. Anschließend hatte sie das Hausboot mit einer Mischung aus politischem und emotionalem Druck regiert, was sich darin äußerte, dass die Watson-Kinder ganz begeistert von ihr waren, während die psychotische Einstellung des Parasiten gegenüber der Nagetierpopulation wiederum Mr und Mrs W. entgegenkam. Leider hat der Parasit jedoch inzwischen Joes Lagerhaus zu seinem neuen Heim erkoren, vorausgesetzt, dass es ihm gelingt, den derzeitigen Bewohner, von dem er nichts hält, zum Auszug zu zwingen.
    Joe schaut in das Stück polierten Messings, das er als Rasierspiegel nutzt. Er hat es hier gefunden, als er den Besitz übernahm, eine vernietete Platte, die aus irgendeinem größeren Teil stammt, und er mag ihre Wärme. Glasspiegel sind grün und lassen einen krank und traurig aussehen. Er möchte nicht derjenige sein, der ihm aus einem Glasspiegel entgegenblickt. Stattdessen sieht er nun diesen freundlichen, warmherzigen Kerl, ein wenig ungepflegt, aber, wenn schon nicht wohlhabend, so doch zumindest gesund und recht klug.
    Joe ist ein stämmiger Mann mit breiten Schultern und Hüften. Seine Knochen sind schwer. Er hat ein prägnantes Gesicht, und sein Schädel zeichnet sich deutlich unter der Haut ab. Anders als Papa Spork, der über die Gene seines Vaters verfügte und wie ein Flamencotänzer aussah, ist Joe auf höchst ungerechte Weise von der Natur so gestaltet worden, dass er wie ein Türsteher einer miesen Kneipe wirkt. Bei ihm kommt die mütterliche Seite durch: Harriet Spork ist ein gedrungenes Geschöpf, was allerdings mehr mit Frömmigkeit und ballaststoffreicher Ernährung zu tun hat als mit genetischer Veranlagung. Ihre Knochen sind die Knochen eines Schlachthofarbeiters aus Cumbria und seiner Frau, einer Bäuerin aus Dorset. Die Natur hatte, als sie Harriet erschuf, wohl ein Leben der Plackerei für sie vorgesehen, umgeben von einer Brut sonnengebräunter Gören. Stattdessen entschloss sie sich dazu, Sängerin und, vor Kurzem, Nonne zu werden.
    Im Lagerhaus macht sich eine erwartungsvolle Stille breit. Eine Jagdstille: Der Parasit, der beinahe augenblicklich, nachdem er sich vorgestellt hatte, zur

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