Der Goldvulkan
sollte die Ableitung des Wassers erfolgen. Das erforderte also die Herstellung eines vierhundert Fuß langen Kanals.
Am Morgen des 9. Juli wurde die betreffende Arbeit begonnen.
Gleich zu Anfang zeigte es sich, daß die Aushebung keine besondre Mühe machen werde. Bis auf sieben, acht Fuß Tiefe bestand der Boden aus lockrer Erde Diese Tiefe mußte, bei einer ungefähr gleichen Breite, für den vorliegenden Zweck genügen, so daß keine Sprengarbeit nötig wurde, die den noch vorhandenen Vorrat an Pulver hätte erschöpfen können.
Die Leute von der Karawane ließen es an Tätigkeit nicht fehlen, die Nähe des Ziels verdoppelte ihren Eifer, da sie den Plan Ben Raddles kannten. Obwohl mehrere von ihnen die diesem zugrunde liegende Theorie kaum begriffen, bezweifelte doch keiner, daß der Golden Mount bald Gold in vollem Strome ausspeien werde.
Feuer! und beide zu gleicher Zeit, Neluto, daß wir nicht fehlen! (S. 359.)
Patrick vor allem tat reine Wunder. Bei seiner außerordentlichen Muskelkraft leistete er die Arbeit von zehn andern.
Der Kanal nahm also schnell an Länge zu. Die Leute lösten einander nach gewisser Zeit ab und unter Benützung der langen Dämmerung wurde bis tief in die Nacht hinein gearbeitet. Ben Raddle überwachte die Ausführung des Werkes und sorgte für die Befestigung der Kanalwände, immer darauf achtend, ob sich da vielleicht eine Goldader zeigte. Er fand jedoch davon nichts.
»Na, das ist ja ein Rio, bemerkte der Scout, der sich vor der Bonanza schämen muß! Doch gleichviel, wenn sein Wasser auch keine Pepiten mit sich führt, wenn es uns nur die aus dem Golden Mount verschafft!«
Acht Tage gingen hin. Am 16. Juli war der Kanal fast ganz vollendet. Es blieben nur noch einige Meter auszuheben, dann den noch stehenden, fünf bis sechs Fuß dicken Damm am Ufer zu durchbrechen und endlich die am innern Galerieende noch vorhandne Kraterwand wegzusprengen. Das Wasser wälzte sich dann allein heran, um in die Eingeweide des Vulkans zu stürzen.
Wie lange es noch bis zur Eruption dauern würde, die durch die Bildung der Wasserdämpfe hervorgerufen werden mußte, das hätte niemand mit einiger Sicherheit sagen können. Jedenfalls hatte der Ingenieur aber beobachtet, daß die vulkanische Tätigkeit von Tag zu Tag zunahm. Inmitten der über dem Berge lagernden und immer dichter ausströmenden Rauchwolken schossen zahlreiche Flammen jetzt höher empor und erleuchteten in den wenigen dunkeln Nachtstunden die Gegend in weitem Umkreise. Es war daher zu hoffen, daß das dem Zentralherde zugeleitete Wasser sofort zu Dampf verwandelt werden und ein kräftiges und schnelles Aufflackern der Eruptionserscheinungen auslösen würde.
Spät am Nachmittage desselben Tages kam Neluto eiligen Laufes zu Summy Skim und rief fast atemlos:
»He, Herr Skim!… Herr Skim!
– Was habt ihr denn, Neluto?
– Draußen äsen Orignals (kanadische Elentiere), Herr Skim!
– Orignals… wirklich? fragte Summy.
– Ja, eine ganze Herde, wenigstens ein halbes Dutzend.. oder auch mehr… oder…
– Jawohl, oder auch weniger, fiel Summy ein. Ich kenne schon das alte Lied, mein Junge. Wo weiden denn die Orignals?
– Da draußen.«
Der Indianer wies nach der Ebene im Westen vom Golden Mount.
»Weit von hier?
– O… etwa eine Lieue… oder eine halbe…
– Oder zweihundert Meter weit… ‘s ist richtig,« sagte Summy lachend…
Einer der wärmsten Wünsche des eifrigen Jägers war es von jeher gewesen, einmal auf Orignale zu treffen und ein paar davon zu erlegen. Dieser Wunsch war ihm seit dem Eintreffen in Klondike noch nicht in Erfüllung gegangen. Höchstens hatte er gehört, daß zwei oder drei dieser Tiere in der Umgebung von Dawson City oder am Forty Miles Creek gelegentlich zu sehen gewesen wären. Nelutos Meldung erregte also im höchsten Grade seine cynegetischen Triebe.
»Kommt mit!« rief er dem Indianer zu.
Beide verließen ohne Zögern das Lager und gingen einige hundert Schritt am Fuße des Golden Mount hin. An dessen letztem südlichen Ausläufer angelangt, konnte Summy mit eignen Augen die kleine Herde Orignale sehen, die nach Nordwesten ruhig über die weite Ebene hintrotteten.
Trotz seines heftigen Verlangens, deren Verfolgung sogleich aufzunehmen, verschob er das doch weislich bis zum folgenden Tage. Es war schon zu spät, eine Jagd zu beginnen. Die Hauptsache blieb es ja, daß diese Wiederkäuer sich in der Gegend hier gezeigt hatten; man würde sie da schon wieder aufzufinden
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