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Der Gorilla - die letzten schwarzen Riesen im Kongo

Der Gorilla - die letzten schwarzen Riesen im Kongo

Titel: Der Gorilla - die letzten schwarzen Riesen im Kongo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Jutzi
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Übernahme die Weibchen, auf die es ihm ankommt, nicht für ihn einnehmen wird.
    Immer unverhohlener macht Kabirizi den Gorilladamen seine Aufwartung. Die Umschwärmten geben sich aber eher gleichgültig. So sehr sich Kabirizi ihnen auch in vorteilhaften Posen präsentiert, seine kräftigen Arme, seinen gewaltigen Torso vor ihnen aufbaut, sie kauen, schmatzen und verdauen weiter. Trotzdem vertraut der Silberrücken auf die Überzeugungskraft seiner Erscheinung. Sie wird ihre Wirkung schon entfalten, da können die Weibchen noch so sehr vortäuschen, sie hätten kein Interesse an ihm.
    Bald hat Kabirizi die Gewohnheiten der Sippe ausgekundschaftet. Er weiß, dass Ndungutse – ganz im Gegenteil zu ihm selbst – ein Frühaufsteher ist. Die Nähe der verlockenden Gorillagruppe versetzt Kabirizi so sehr in Aufregung, dass er sein gewohntes morgendliches Dösen aufgibt. Ansonsten wäre ihm diese Eigenart Ndungutses sicher nie aufgefallen. So aber schleicht er sich schon beim ersten Dämmerlicht zu dem Nachtlager der fremden Sippe.
    Kabirizi beobachtet und belauscht mehrmals aus sicherer Entfernung, wie der andere Silberrücken seine frühmorgendliche Runde dreht und sich des Wohlbefindens seiner Familie versichert. Er hört das Rascheln des Unterholzes und das raue Räuspern, mit dem die Gruppenmitglieder ihren Anführer begrüßen. Tagsüber hält sich Ndungutse ganz an die Gepflogenheiten eines ausgewachsenen Gorillas. Er frisst viel, beinahe die Hälfte des Tages. Während der Pausen zwischen zwei Mahlzeiten dämmert das Familienoberhaupt vor sich hin oder beschäftigt sich mit Spielereien. Besonders gerne nimmt er kleine Zweige und fährt sich damit um den Mund. Er liebt offensichtlich das Kitzeln, das er damit erzeugt. Hin und wieder steckt er sich eines der Zweiglein auch in die Nase. Nach einem Moment des Innehaltens schüttelt er irritiert und scheinbar erheitert den Kopf und streicht sich mit seiner Pranke übers Gesicht.
    Kabirizi weiß mittlerweile auch, dass Ndungutse nicht der einzige alte, erfahrene Silberrücken der Gruppe ist. Neben zwei beinahe ausgewachsenen Männchen, deren Fell sich gerade gräulich zu verfärben beginnt, zählt ein zweiter, sehr zurückhaltender Gorillamann zu der Sippe. Kabirizi erkennt bald, dass sich die beiden sehr gut verstehen. Während Ndungutse eindeutig der Anführer ist, bewegt sich der andere meist am Rand der Gruppe. Er ist ein sehr ruhiger Zeitgenosse und sehr friedlich. Viele Weibchen, aber auch einige Jungtiere, halten sich gerne in seiner Reichweite auf. Er spielt mit den Kleinen und hat für alle anderen eine freundliche Geste übrig, sei es ein freundschaftlicher Klaps oder auch nur eine ausgestreckte Hand, die man vorsichtig berühren oder beschnuppern darf. Wenn sich ihm Ndungutse einmal nähert, tritt er bereitwillig zur Seite. Nie soll der Alphamann das Gefühl haben, er mache ihm seine Position streitig.
    Kabirizi beobachtet die beiden sehr genau. Er wittert an ihrem Kot, der sehr ähnlich riecht, so ähnlich wie auch die sonstigen Spuren, die sie im Wald und an ihren Schlafnestern hinterlassen. Sie müssen Brüder sein. Die Silberrücken der Berggorillas sind nicht immer Alleinherrscher. In vielen Gruppen duldet die Nummer eins eine Nummer zwei neben sich. Der Vizechef hilft dem Patron, seinen Harem gegen Rivalen zu verteidigen. Im Gegenzug überlässt der Anführer dem Mitstreiter das eine oder andere Weibchen zur Paarung.
    Eines Tages, nachdem Kabirizi der Gruppe schon mehr als eine Woche folgt, erweist sich Ndungutses Bruder allerdings als nicht so zurückhaltend und gar nicht so friedlich, wie es zunächst den Anschein hatte. Einige Stunden nach Sonnenaufgang nähert sich Kabirizi wieder einmal der Gruppe. Wie immer hat er sie zuerst gehört und dann gerochen. Vorsichtig stapft er durch ein Gewirr schmackhafter Springkräuter, die eine kleine Lichtung überwuchern, die der rundum dichte Wald freigibt. Diesen bei Gorillas allgemein beliebten Imbiss kann er nicht unbeachtet stehen lassen. Er setzt sich und greift immer wieder mit seiner Rechten nach den Stängeln mit ihren saftigen Blättern und stopft sie sich genüsslich in den Mund. Die unverhoffte Mahlzeit schmeckt ihm so gut, dass er beinahe alles andere um sich herum vergisst und sich ganz auf das Ausrupfen, Kauen und Schlucken konzentriert. Da hört er plötzlich ein Rascheln aus dem Dickicht.
    Kabirizi dreht den Kopf in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen ist, und sieht einen kleinen

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