Der Gott seiner Vaeter
Pfund Futter und noch mehr. Er nahm sein eigenes Bettzeug, um ihnen den Rücken zu verbinden, wenn sie sich wundgeritten hatten. Andere Männer ließen die Sättel sich Löcher fressen, so groß wie Wassereimer, und manche ließen die Tiere, wenn sie die Hufeisen verloren hatten, traben, bis ihre Hufe bis aufs blutige Fleisch abgenutzt waren. Er verwandte seinen letzten Dollar für Hufeisennägel. Ich weiß es, denn wir schliefen im selben Bett, aßen aus demselben Topf und wurden wie Brüder dort, wo Männer das Dasein nicht mehr ertragen konnten und mit Gotteslästerungen auf den Lippen starben. Nie war er zu müde, um einen Riemen zu lockern oder einen Sattelgurt anzuziehen, und oft hatte er Tränen in den Augen, wenn er das hoffnungslose Elend sah. An einer besonders steilen Stelle, wo die Tiere sich auf die Hinterbeine stellten und die Vorderbeine wie Katzen hoben, um über die Felswand zu gelangen, war der Weg mit Leichen von Pferden übersät, die nicht hatten hinüberkommen können. Und da stand er nun, mitten in diesem Höllengestank, stets bereit, sie im rechten Augenblick mit einem freundlichen Zuruf zu ermuntern und von hinten nachzuschieben, bis alle hinüber waren. Und als eines von ihnen im Schlamm versank, versperrte er den Weg, bis es wieder herausgezogen war, und keiner wagte es, ihn anzutreiben.
Als wir das Ende des Weges erreichten, kam ein Mann, der fünfzig Pferde zu Tode gepeinigt hatte, und wollte kaufen, aber wir sahen ihn an und unsere Tiere – Berg- und Präriepferde aus dem östlichen Oregon. Er bot uns fünftausend. – Und wir waren vollkommen ausgesogen, aber wir dachten an das giftige Gras auf dem Gipfel und an den Übergang bei dem Felsen. Und der Mann, der mein Bruder war, sprach nicht ein Wort, sondern teilte die Tiere zwischen uns – und er sah mich an, und wir verstanden uns. Und dann trieb er die meinen nach der einen Seite und ich die seinen nach der andern Seite. Und wir nahmen unsere Büchsen und erschossen sie, während der Mann, der fünfzig Pferde getötet hatte, uns verfluchte, bis er ganz trocken im Halse war. Aber der Mann, mit dem ich Brüderschaft geschlossen hatte auf dem ›Weg der toten Pferde‹ – «
»Ja, der Mann war natürlich John Randolph.« Fortune beendete den Satz für ihn, und ein spöttischer Klang war in seiner Stimme.
Uri nickte und sagte: »Es freut mich, daß du mich verstanden hast.«
»Ich bin bereit«, antwortete Fortune, und sein Gesicht nahm den alten, müden, bitteren Ausdruck an. »Los, aber mach schnell.«
Uri Bram erhob sich. »Ich habe mein ganzes Leben lang an Gott geglaubt. Ich glaube, er liebt Gerechtigkeit. Er sieht in diesem Augenblick auf uns herab und wählt zwischen uns. Er wartet darauf, daß sein Wille durch meinen rechten Arm erfüllt werde. Und so stark ist mein Glaube, daß ich uns beiden dieselbe Chance geben und ihn zwischen uns richten lassen will.«
Fortunes Herz klopfte vor Freude bei diesen Worten. Er wußte nicht viel von Uris Gott, aber er glaubte an das Glück, und das Glück war auf seiner Seite gewesen seit dem Abend, als er am Ufer über den Schnee lief. »Aber wir haben nur eine Schußwaffe«, wandte er ein.
»Wir schießen nacheinander«, sagte Uri, indem er den Revolver des andern untersuchte.
»Und die Karten sollen entscheiden.«
Fortunes Blut wurde heiß, und als Uri nickte, zog er die Karten aus der Tasche. Sicher: das Glück würde ihn nicht im Stiche lassen. Er dachte an die Sonne, die jetzt zurückkehrte, nahm die Karten ab und zitterte vor Freude, als er sah, daß er geben sollte. Er mischte und gab, und Uri legte den Pik-Buben auf. Dann legten sie die Karten auf den Tisch. Uri hatte nicht einen einzigen Trumpf, er selber hingegen As und Zwei. Die große Welt schien ihm sehr nahe, als sie die fünfzig Schritte abzumessen begannen.
»Wenn Gott seine Hand zurückhält und du mich triffst, sind Hunde und Ausrüstung dein. Du wirst in meiner Tasche eine ausgefertigte Übertragungsurkunde finden«, erklärte Uri, der aufrecht dastand und seine Brust breit der Kugel bot.
Fortune riß sich mit einer hastigen Bewegung vom Anblick der Sonne los, die auf das Wasser schien, und zielte. Er war sehr vorsichtig. Zweimal senkte er den Revolver, als der Frühlingswind die Kiefern erzittern ließ. Das dritte Mal aber beugte er das Knie, faßte den Revolver mit beiden Händen und drückte ab. Uri drehte sich halb herum, hob beide Arme und sank in den Schnee. Fortune wußte, daß er ihn zu weit seitwärts
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