Der Gott seiner Vaeter
recht. Ihm war es sehr angenehm, hier zu sitzen, seine Lunge mit Nikotin zu beruhigen und sie anzustarren. Hier war es warm, während es beim Wasserloch eine Schlittenspur gab, der er bald in der kalten Nacht folgen sollte. Er hatte das Gefühl, daß er eigentlich auf Freda böse sein müßte wegen der Szene, die sie gemacht hatte, aber wie dem auch sein mochte, er fühlte keinen Zorn. Es wäre ja vermutlich gar nicht zu einer Szene gekommen ohne das dumme Frauenzimmer – die McFee –, wenn er Gouverneur wäre, so würde er sie und ihresgleichen mit einer Kopfsteuer von hundert Unzen vierteljährlich belegen. Und eines war sicher: Freda hatte sich ganz als Dame benommen – und sie war auch glänzend mit Frau Eppingwell fertig geworden. Er hätte nie geglaubt, daß ein Mädel soviel Haare auf den Zähnen haben könnte. Sein zögernder Blick glitt an ihrer Gestalt entlang, kehrte aber immer wieder zu den Augen zurück, und er ahnte nicht, daß hinter ihrem tiefen Ernst ein noch tieferer Spott lauerte. Und, Teufel auch – sie war ein stolzes Frauenzimmer! Er hätte gern gewußt, warum sie ihn so anschaute. Wollte sie ihn auch heiraten? Das war ja sehr möglich – aber sie war nicht die einzige. Sie sah prachtvoll aus – das mußte man ihr lassen. Und sie war jung, jünger als Loraine Lisznayi. Sie war vielleicht drei- oder vierundzwanzig Jahre alt, höchstens fünfundzwanzig. Und sie würde nie dick werden. Das konnte man bei Loraine nicht wissen. Sie hatte seit den Tagen, da sie Modell stand, ganz sicher zugenommen. Oha! Sobald er sie auf dem Schlitten hatte, wollte er ihr das Fett schon abtrainieren. Er wollte ihr Schneeschuhe anschnallen und sie mit den Hunden vorausgehen lassen. Das war ein Mittel, das noch nie fehlgeschlagen hatte. Dann aber sprangen seine Gedanken in die Zukunft, zu dem Schloß unter dem trägen Mittelmeerhimmel – und wie es dann mit Loraine gehen würde? Kein Frost, keine Schlittenreise, keine Hungerperiode hin und wieder, um die Eintönigkeit zu unterbrechen, und sie wurde älter und mit jedem Tag stärker. Während das Mädel hier – Freda – er seufzte in unbewußtem Bedauern, daß er nicht unter türkischer Flagge geboren war, und kehrte dann nach Alaska zurück.
»Nun, und wenn schon?« Die Zeiger beider Uhren gaben jetzt genau die Mitternachtsstunde an, und es war höchste Zeit, nach dem Wasserloch zu kommen.
»Ach!« Freda fuhr leicht zusammen. Sie tat es so hübsch und entzückte ihn, wie die Frauen ihn und seine Brüder stets entzücken. Wenn eine Frau, die einen Mann sinnend betrachtet, ihm einreden kann, daß sie über ihn nachdenkt, so muß er furchtbar kaltblütig sein, wenn er sein Boot richtig steuern will.
»Ich möchte nur gern wissen, worüber du mit mir reden wolltest«, erklärte er, indem er seinen Stuhl an ihren Tisch zog.
»Floyd«, sie sah ihm ruhig in die Augen. »Ich habe die ganze Geschichte satt. Ich will weg von hier. Ich halte es hier nicht aus, bis der Fluß aufbricht. Ich würde darüber sterben. Dessen bin ich sicher. – Ich will allem Lebewohl sagen und weg von hier – und ich möchte es gern gleich tun.«
Sie legte ihre Hand in stummer Bitte auf den Rücken der seinen, die er umwandte, und ihre Hand war gefangen. Noch eine, dachte er, die mich durchaus haben will. Es würde eigentlich Loraine nichts schaden, wenn sie ein bißchen länger am Wasserloch fröre.
»Nun und –?« Diesmal war es Freda, die es sagte, aber sanft und traurig.
»Ich weiß nicht, was ich sagen soll«, beeilte er sich zu antworten und fügte für sich hinzu, daß es schneller gekommen war, als er erwartet hatte. »Ich wüßte nicht, was ich lieber wollte. Das weißt du auch gut.« Er drückte ihr die Hand, Handfläche gegen Handfläche.
Sie nickte. War es zu verwundern, daß sie die Männer verachtete?
»Aber siehst du, ich – ich bin verlobt. Das weißt du natürlich. Und das Mädchen ist unterwegs hierher, um mich zu heiraten. Ich weiß auch nicht, was mit mir los war, als ich um sie freite, aber das ist so lange her, und ich war so verflucht jung.«
»Ich will weg von hier, weg aus dem Land – einerlei wohin«, fuhr sie fort, ohne das Hindernis, das er beschworen und als Entschuldigung angebracht hatte, zu beachten. »Ich habe an alle Männer gedacht, die ich kenne, und ich bin zu dem Ergebnis gekommen, daß – daß – «
»Ich der netteste von der ganzen Gesellschaft bin.«
Sie lächelte ihm dankbar zu, weil er sie von der Demütigung befreit hatte, ein
Weitere Kostenlose Bücher