Der Gott seiner Vaeter
bliebe, noch weitere Unannehmlichkeiten blühten. Und im übrigen hatte er ja auch bald eine Verabredung, die er halten mußte – beim Wasserloch vor dem Hospital – ihr Götter – nie hatte er Freda nach Verdienst geschätzt. War sie nicht prachtvoll?
»Darf ich Sie um meine Maske bitten, Frau McFee?«
Und diese Dame überreichte ihr, zum erstenmal in ihrem Leben sprachlos, den genannten Gegenstand. »Gute Nacht, Fräulein Moloof!« Frau Eppingwell war großartig, selbst in ihrer Niederlage.
Freda erwiderte den Gruß, obwohl sie den Drang bekämpfen mußte, sich der andern zu Füßen zu werfen und sie um Verzeihung zu flehen – nein, nicht um Verzeihung, sondern um etwas, sie wußte selbst nicht, was, obwohl sie es aus ganzer Seele verlangte.
Der Mann wollte ihr seinen Arm reichen, aber sie hatte ihre Beute mitten im Rudel gefangen, und derselbe Instinkt, der Könige Kriegsgefangene hinter ihrem Triumphwagen schleppen ließ, hieß sie allein zur Tür gehen, während Floyd Vanderlip ihr auf den Fersen folgte und sich bemühte, sein geistiges Gleichgewicht wiederzugewinnen.
Es war bitter kalt. Als sie den kurzen Weg zur Hütte der Tänzerin zurückgelegt hatten, war Fredas Gesicht mit Frostkristallen bedeckt, während Floyd Vanderlips Schnurrbart sich in einen Eisklumpen verwandelt hatte, so daß ihm jedes Wort Qualen bereitete. Beim grünlichen Schein des Nordlichts konnte sie sehen, daß das Quecksilber in der Kugel des Thermometers, das vor der Tür hing, gefroren war. Tausend Hunde erhoben einen wahren Klagechor, über das Unrecht jammernd, das in der Vorzeit gegen sie begangen worden war, und das Mitleid der gleichgültigen Sterne anrufend. Nicht ein Hauch regte sich. Für sie gab es keinen Schutz gegen die Kälte, keinen warmen Winkel, wo sie sich verkriechen konnten. Die Kälte war überall, und sie lagen unter freiem Himmel, reckten hin und wieder ihre müden Glieder und stießen das langgezogene Wolfsgeheul aus.
Anfangs sprachen sie nicht miteinander, der Mann und die Frau. Während das Mädchen Freda aus ihrem Pelz half, warf Floyd Vanderlip Holz auf das Feuer, und als das Mädchen im Hinterzimmer verschwand, stand er da, den Kopf über den Ofen gebeugt, eifrig beschäftigt, das Eis auf seiner beschwerten Oberlippe aufzutauen. Dann drehte er sich eine Zigarette und betrachtete sie träge durch die duftenden Rauchwirbel. Sie sah verstohlen auf die Uhr. Es war jetzt halb zwölf. Wie sollte sie ihn bis Mitternacht festhalten? War er zornig auf sie? In welcher Stimmung befand er sich? Welchen Ton sollte sie anschlagen, um sich ihm am besten anzupassen? Nicht, daß sie an sich gezweifelt hätte. Nein! Nein! Und wenn sie eine Pistole gebrauchen sollte. Sie wollte ihn schon halten, bis Sitka Charley und Devereaux ihre Schuldigkeit getan hatten.
Es gab viele Möglichkeiten, und weil sie das wußte, stieg ihre Verachtung für den Mann. Während sie, den Kopf in die Hand gestützt, dasaß, tauchte eine flüchtige Erinnerung an ihre eigenen Jungmädchentage in ihr auf, eine Erinnerung an die traurige Liebe und die tragischen Rückschläge, und einen Augenblick fühlte sie sich verlockt, ihm eine Predigt zu halten, indem sie dies als Text benutzte! Du lieber Gott! Du lieber Gott! Jeder Mensch, selbst der tierischste, mußte von einer solchen Geschichte ergriffen werden, wie sie sie erzählen konnte, aber – wozu! Er war es nicht wert, war auch nicht den Schmerz wert, den es ihr bereiten mußte, das zu erzählen. Der Leuchter stand genau am richtigen Platz, und während sie über diese Dinge – ihre geheime Schande – nachdachte, freute er sich über ihr durchsichtiges rosiges Ohr. Sie fing einen Blick, ergriff das Stichwort und wandte den Kopf, bis das reine Profil voll zu seinem Recht kam. Dieses Profil war nicht der geringste ihrer Vorzüge. Sie konnte selbst nichts für die Linien ihrer Gestalt, die sehr schön waren, aber sie hatte ihren Wert längst kennengelernt und war nicht darüber erhaben, sie, wenn nötig, in vollstem Maße auszunutzen. Das Licht begann zu flackern. In allem, was sie tat, offenbarte sich Anmut, aber das hinderte sie nicht, der Natur ein wenig nachzuhelfen, als sie sich vorbeugte und gewandt den roten Docht in der gelben Flamme abschnitt. Hierauf stützte sie wieder den Kopf in die Hand, diesmal mit einem sinnenden Blick, und jeder Mann fühlt sich geschmeichelt, wenn eine schöne Frau ihn auf diese Weise betrachtet.
Sie ließ sich Zeit. Wenn er keine Eile hatte, so war es ihr
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