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Der Gottesschrein

Der Gottesschrein

Titel: Der Gottesschrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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Alessandra und mir absetzen und sich dann zurückziehen. Er hat ein schönes Festmahl zubereiten lassen. Lamm in Honig und Thymian. Gebratene Täubchen. Gemüse und Salat. Kandierte Rosenblüten, die verführerisch nach Likör duften. Und Mandelgebäck mit Haschisch – Benyamin hat an alles gedacht.
    Mein Freund will sich schon abwenden.
    »Benyamin!«
    An der Tür bleibt er stehen. »Ja?«
    »Wir wollen heute Abend nicht mehr gestört werden.«
    Er starrt mich an und schluckt. Dann nickt er. »Soll ich den Dichter, der dem Emir seine Verse vortragen wollte, wieder wegschicken?«
    »Sag ihm, ich sei zu müde, um heute Abend seine höfische Dichtkunst angemessen würdigen zu können, und gib ihm einen Fiorino. Weißt du, wo Uthman steckt?«
    »Er lässt sich im Hamam verwöhnen. Danach will er sich zurückziehen. Ich bezweifele, dass er noch einen Becher Wein mit euch trinken möchte. Und falls doch, wird Arslan ihn davon abhalten. Seine Mamelucken bewachen die Tür zu deinen Gemächern.«
    »Danke, Benyamin. Gute Nacht.«
    Er nickt mir zu. »Gute Nacht, Yared … Alessandra.«
    Sobald er leise die Tür hinter sich geschlossen hat, fülle ich den silbernen Becher mit Wein, erhebe mich und spreche den Kiddusch. Nachdem ich getrunken habe, reiche ich ihr den Becher. Sie ergreift ihn mit beiden Händen und berührt mich dabei mit den Fingerspitzen. Schließlich nimmt sie mir den Kidduschbecher aus der Hand und trinkt in kleinen Schlucken.
    Ich weiß, ich sollte sie nicht derart anstarren, während sie das Ritual vollzieht, das ich zum letzten Mal zwei Tage vor meiner überstürzten Flucht aus Gharnata mit Rebekka und Yona gefeiert habe, aber ich bin zu aufgewühlt. Jadiya würde niemals den Wein, das Brot und das Salz des Gottesbundes mit mir teilen, wie Alessandra es in ihrer unbefangenen Art tut. Der Blick, den sie mir zuwirft, während ich ihr nun die Hände wasche, und das leise Lächeln, das ihre Lippen umspielt, als sie auf eine sehr sinnliche Weise meine Hände festhält, die sie mit einem Damasttuch sanft trocken reibt, lassen mein Herz schneller schlagen.
    Verwirrt nehme ich auf meinem Diwan Platz und ziehe den Teller mit den Challoth unter dem bestickten Tuch zu mir heran. Ich spreche den Segen, dann breche ich das Brot und gebe ihr ein Stück. Sie nimmt es, stippt es in das Salz, das Symbol des ewigen Bundes der Juden mit Gott, bricht es erneut und gibt mir eine Hälfte zurück – wie Rebekka es immer getan hat. Sobald ich, im Innersten berührt, mein Stück Challah in den Mund gesteckt habe, isst sie ihres, ohne einen Augenblick zu zögern.
    »Vorhin hast du gesagt, du hast die Christusritter gesucht. Hast du sie gefunden?«, frage ich, nachdem wir vom Lamm mit süßem Dattelgemüse gekostet haben.
    »Ja.« Sie nickt und leckt die Honigsauce von ihren Fingern – ich kann nicht anders, ich muss ihr dabei zusehen, und meine Gedanken verirren sich ins Reich der erotischen Fantasie. Kein Wunder, dass sie einem Mönch und Priester wie Niketas, einem der höchsten Würdenträger der orthodoxen Kirche, den Kopf verdreht hat. »Ich habe ein Gespräch zwischen Dom Tristão de Castro und seinem Freund Dom Lançarote de Santarém belauscht. Der Infante von Portugal hat den Befehl gegeben, mich zu töten.«
    »Wo halten sich die Ritter verborgen?«
    Sie hält meinem Blick stand. »Ich werde sie nicht verraten und dir ausliefern«, trotzt sie mir. »Du würdest sie hinrichten lassen.«
    »Du schützt die Ritter, die dir nach dem Leben trachten? Wie soll ich dich beschützen, wenn du mir nicht …?«
    »Ich habe dich nicht um deinen Schutz gebeten, Emir«, unterbricht sie mich. »Ich werde Dom Tristão und seinen Schwertbruder nach Rom bringen, wo er sich vor dem Papst für seine Tat verantworten muss.«
    Eher kommt das Königreich der Himmel, als dass sie darauf verzichtet, Gerechtigkeit zu fordern!
    Ich trinke einen Schluck Wein. »Was hat er getan?«
    »Er hat Fra Leonardo d’Assisi ermordet, den Archivar des Papstes. Bevor Eugenius ihn nach Rom berief, war Leonardo, ein enger Freund meines Vaters, mein Sekretär und Vertrauter. Seinen Tod werde ich nicht ungesühnt lassen. Auf Befehl Seiner Heiligkeit wird Dom Tristão exkommuniziert und hingerichtet werden.«
    Ausführlich berichtet sie mir, wie sie sich in Rom auf ihre Expedition vorbereitet hat. In Jeruschalajim wolle sie die Bibliothek des Tempels suchen, in der sie apokryphe Bücher vermutet, die nicht in den Kanon der hebräischen Bibel aufgenommen wurden.

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