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Der Gottesschrein

Der Gottesschrein

Titel: Der Gottesschrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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schlafen kannst!«
    »Aber du …«
    »Y’allah – lauf!«
    Elija flitzt durch die Gasse. Keiner der Mamelucken versucht, ihn aufzuhalten. Der Junge verschwindet in der Jakobusstraße, die zum jüdischen Viertel führt.
    Aus den Augenwinkeln bemerke ich, wie der griechische Mönch, offenbar auf der Suche nach mir, mit wehendem Habit um die Ecke einer Gasse biegt und unvermittelt stehen bleibt, als er die Tscherkessen erblickt. Hastig wendet er sich um und verschwindet. Wahrscheinlich will er Joachim von meiner Festnahme berichten.
    Immer noch schwer atmend blicke ich den Offizier an. »Ich bin Alessandra.«
    Die Mamelucken ziehen ihre Schwerter – in der nächtlichen Stille ein erschreckender Klang. Ich bebe vor Angst.
    »Der Emir hat befohlen, dich in die Zitadelle zu bringen«, schnarrt der Offizier. »Bitte folge mir!«

· Yared ·
Kapitel 30
    In den Gemächern des Emirs in der Zitadelle
    17. Dhu’l Hijja 848, 20. Nisan 5205
    Karfreitag, 26. März 1445
    Kurz nach neun Uhr abends

    ›… werden Uthman und ich Al-Quds verlassen, um nach Al-Kahira zurückzukehren. Nachdem ich heute den Gesandten von Sultan Muhammad empfangen habe, muss ich mit dir reden – Gharnata wird fallen, wenn wir die Reconquista nicht aufhalten. Erwarte mich in zwei Wochen zurück. Möge Allah dich behüten, mein Vater, und dich rasch von deinem Leiden genesen lassen.‹ Schwungvoll setze ich die Grußformel an den Sultan von Ägypten unter meine Nachricht und signiere sie. Dann stecke ich die Feder ins Tintenfass, reibe mir mit einem Tuch die Tinte von den Fingern und lehne mich in die Kissen meines Sitzes.
    Ich habe es nicht übers Herz gebracht, ihm zu gestehen, dass ich heute Mittag nicht zum Islam konvertiert bin. Er ist so krank und gebrechlich, ich will ihm seine Hoffnung nicht nehmen.
    Während ich das winzige Schreiben fest zusammenrolle, damit es in die Metallhülle der Brieftaube passt, und das Siegelwachs in der Flamme der Kerze erhitze, um einen Tropfen auf das gerollte Papier rinnen zu lassen, denke ich an Alessandra. Als sie mir heute Mittag den Tallit überreichte, war sie mir so nah, dass ich ihre Wärme gespürt habe. Die leise Berührung ihrer Hand hat mich erregt. In ihrer Nähe habe ich mich geborgen gefühlt. Geliebt. Begehrt.
    Was empfindet sie für mich? Heute Morgen hat sie in meinen Sachen gestöbert, die auf dem Tisch in ihrem Schlafgemach lagen – ich war auf eine sehr intime Weise berührt, als Saphira mir davon erzählte. Alessandra hat eine Weile in meinen Büchern geblättert und Jadiyas Liebesschwur gelesen: ›Mein Herz ist voller Hoffnung, während du in Mekka bist. Meine innigen Gebete begleiten dich. Voller Sehnsucht erwarte ich deine Rückkehr. Ich liebe dich. Jadiya.‹
    Und trotzdem hat sie mir den Gebetsmantel geschenkt. Ein Tallit ist kein beliebiges Gastgeschenk, wie es ein Büchlein mit Versen von Omar Khayyam wäre, ein köstliches Duftöl, ein paar Ellen Brokatstoff oder eine Schachtel voller Süßigkeiten – es ist eine sehr persönliche Liebesgabe.
    Wie würde sie reagieren, wenn sie wüsste, in welche Gefahr sie mich damit gebracht …?
    Die Tür meines Arbeitszimmers öffnet sich, und Arslan tritt ein. »Wir haben sie gefunden.«
    Erleichtert seufze ich. »Geht es ihr gut?«
    »Sei unbesorgt«, beruhigt er mich.
    »Wo ist sie?«
    »In ihren Gemächern. Saphira bittet dich um ein wenig Geduld, bis alles deinen Wünschen entsprechend hergerichtet ist.« Arslan zögert. »Sag mal, Yared …«
    »Was?«
    »Ich weiß, es geht mich nichts an. Aber so wie Saphira sie für dich herrichtet …«, druckst er herum. »Alessandra ist die süßeste aller Versuchungen, die ich kenne. Hast du vor, sie heute Nacht zu vernaschen?«
    »Bist du eifersüchtig?«
    »Ich nicht. Aber Uthman. Du kennst ihn. Die Vorstellung, sie seinem Willen zu unterwerfen, reizt ihn. Er wird sie so lange nach allen Regeln der Liebeskunst umwerben, bis sie ihn in ihr Bett bittet.«
    Ich nicke langsam. »Und Benyamin?«
    »Er ist heute Abend sehr still und in sich gekehrt. Er wirkt angespannt. Er scheint sich Sorgen um dich zu machen.«
    »Wegen meines Gesprächs mit Aron Ibn Ezra?«
    »Wegen deines Abendessens mit Alessandra in deinen Gemächern. Benyamin befürchtet, dass du dich bis über beide Ohren in sie verliebt hast. Und dass eine leidenschaftliche Affäre mit ihr deine Heirat mit Jadiya gefährdet.«
    »Ich kann mich nicht erinnern, den Sultan um die Hand seiner Tochter gebeten zu haben.«
    Arslan grinst frech. »Das

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