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Der Gottesschrein

Der Gottesschrein

Titel: Der Gottesschrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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Lade der Templer nach einem Bericht über das Reich des Priesterkönigs Johannes gesucht. Sein Großmeister habe gehofft, eine Reisebeschreibung mit geografischen Angaben zu finden, die die Karavellen des Ordens zum Reich des äthiopischen Kaisers führen könne. Mit dem ›Preste João‹ als reichem und mächtigem Verbündeten wolle der Infante den Islam vernichten und Portugal zur Weltmacht machen – meine Spione in Lissabon hatten also recht mit ihren Befürchtungen, dass sich Dom Henrique auf einen Kreuzzug vorbereitet. Der äthiopische Abt der Grabeskirche habe ihr jedoch versichert, der Neguse Negest sei nicht der Erbe des Priesterkönigs. Gebre Christos nahm ihr die Hoffnung, das Gewirr von Mysterien zu entwirren, das sich um die Tempelritter, einen Papyrus aus dem Pariser Tempel, die Bundeslade und den Heiligen Gral rankt.
    »Kennst du Wolfram von Eschenbachs Parzival? «
    Ich nicke. »Zum größten Teil. Als Gesandter von Sultan Muhammad war ich in Córdoba, Toledo und Salamanca monatelang zu Gast am Hof des Königs von Kastilien. Nach dem Abendessen wurden oft die Abenteuer von Gahmuret und seinen Söhnen Parzival und Feirefiz vorgelesen.«
    »Dann weißt du, was der ›Lapis ex coelis‹ ist?«
    »Ein Gral aus Stein mit einer Inschrift, die auf wunderbare Weise erscheint und wieder verschwindet. Die Tempelritter bewachen diesen ›Stein aus dem Himmel‹, der offenbar nicht der Kelch des letzten Abendmahls ist.«
    »Nein, ich glaube, Wolfram beschreibt einen nichtchristlichen Kultgegenstand. Als ich mit Tayeb letzte Nacht durch das Labyrinth im Tempelberg kroch, habe ich mich gefragt, ob sich hinter dem mysteriösen ›Stein aus dem Himmel‹ die Steintafeln der Bundeslade verbergen.« Sie trinkt einen Schluck Wein. »Und nachdem ich mich letzte Nacht entschlossen hatte, die Bundeslade in den geheimen Kammern unter dem Tempelberg zu suchen, kam Prinz Solomon nach Jerusalem. Und in seinem Gepäck hatte er ein Tabot. Eine heilige Lade, die unter mehreren Schichten kostbaren Brokatstoffs verborgen ist. Die Maße entsprechen ungefähr denen der Bundeslade, wie sie im Buch Exodus beschrieben sind. In diesen Schrein sollte Moses die Gesetzestafeln legen. Den ›Lapis ex coelis‹, den ›Stein aus dem Himmel‹.«
    »Allmächtiger Gott!«, flüstere ich bestürzt und fasziniert zugleich. »Was hast du vor?«
    »Nach dem Fasikafest werde ich ihn bitten, mir das heilige Tabot zu zeigen.«
    »Ich habe ihn am Sonntag zum Abendessen eingeladen. Ich würde mich freuen, wenn du ebenfalls kämst. Wir könnten ihn gemeinsam befragen.«
    »Sehr gern.« Sie lächelt, beugt sich vor und schiebt sich eine kandierte Rosenblüte in den Mund.
    Versonnen beobachte ich, wie sie die Köstlichkeit auf der Zunge zergehen lässt. Und ich zögere, ihr die nächste Frage zu stellen. »Weißt du schon, wie lange du in Jeruschalajim bleiben wirst?«
    »Bis ich die Bundeslade gefunden habe. Ein paar Tage.«
    »Und dann wirst du nach Rom zurückkehren?«
    »Ja.« Sie blickt mir fest in die Augen. »Und du?«
    »Ich muss zurück nach Al-Kahira.«
    »Wann?«
    »Schon bald.«
    Sie nickt bekümmert. »Würdest du gern länger in Jerusalem bleiben?«
    »Ja, von ganzem Herzen«, gestehe ich und ergreife ihre Hand, die leicht nach Rosenwasser duftet.
    Auch ohne Worte weiß sie, dass ich sie nicht jetzt schon verlassen will.
    »Liebst du sie?«, fragt sie leise.
    Ich bemerke das leise Zittern ihrer Hand, mit der sie sich eine Strähne ihres seidigen Haares aus der Stirn streicht, die leichte Röte der Erregung, die ihr in die Wangen gestiegen ist. Ihr Lächeln ist eine Maske, die ihre wahren Gefühle verbirgt.
    Ich schüttele den Kopf. »Ich achte sie. Ich begehre sie. Ich genieße es, wie sehr sie sich um mich bemüht, und lasse mich gern von ihr verwöhnen. Ich schlafe mit ihr und mache ihr teure Geschenke, damit ich das Gefühl habe, ich gebe ihr wenigstens ein bisschen von dem zurück, was sie mir so großzügig schenkt. Aber ich liebe sie nicht. Nicht so, wie sie mich liebt. Nicht so, wie ich es tun sollte.«
    »Wirst du sie trotzdem heiraten?«
    »Diese Entscheidung hängt nicht allein von mir ab.«
    Sie beißt sich auf die Lippen, senkt den Blick und nickt bedächtig. »Verstehe.«
    »Benyamin hat mir erzählt, dass dein … dass Niketas vor drei Jahren gestorben ist und dass du sehr lange um ihn getrauert hast.«
    Sie sieht mich nicht an. »Er starb in meinen Armen.« Sie klingt traurig.
    »Ich habe Rebekka und meinen kleinen Yona

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