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Der Gottesschrein

Der Gottesschrein

Titel: Der Gottesschrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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sich von Edinburgh bis Lalibela und von Lissabon bis Malabar erstreckt und dabei Rom und Byzanz umfasst. Nicht zu vergessen Jerusalem.«
    Mit trotzig verschränkten Armen lehnt er sich in seinem Sessel zurück. »Diese aramäische Schriftrolle ist also so entscheidend für das Schicksal des Christentums wie das Evangelion, das Ihr vor sechs Jahren in Alexandria gefunden habt?«
    »Ja, das ist sie«, behaupte ich.
    »Wo ist das Evangelion jetzt?«
    Ich sage es ihm.
    Er kann es nicht fassen. »Großer Gott! Das darf doch nicht wahr sein! Ihr habt … ein Evangelion …?«
    »Ihr wisst doch, was in Florenz geschehen ist! Der Patriarch von Alexandria schickte einen Assassino nach Florenz, der mich ermorden und das Evangelium nach Ägypten zurückbringen sollte. Mein Vater wurde wegen dieser Handvoll Papyrusfetzen ermordet. Auf dem Blutaltar, auf dem zwei Patriarchen ihrer höchsten Gottheit, der eigenen Macht und Herrlichkeit, meinen Vater opferten, haben Niketas und ich die Wahrheit geopfert – um des Friedens willen. Um der Einheit der Kirche willen.«
    »Welche Wahrheit?«
    »Petrus war nicht der erste Papst. Weder war er Bischof von Rom noch war er der Führer der Apostel. Iesous Christos hat einen anderen zu seinem Nachfolger als Führer der Judenchristen bestimmt.«
    »Wen?«
    Ich sage es ihm.
    »Ein Jude? « Er schlägt sich die Hand vor den Mund und starrt mich an, bestürzt und fasziniert zugleich.
    »Er war der erste Papst«, versichere ich ihm. »Der vergessene Papst. Der erste in einer Dynastie von jüdischen Päpsten, die der Familie Iesou entstammten. Und Ihr, Patriarch Joachim, seid als Bischof von Jerusalem sein Nachfolger. Mit berechtigtem Anspruch auf den Primat in der einen Kirche, von der ich eben sprach.«
    In kurzen Worten erläutere ich ihm, was Niketas und ich in Florenz herausgefunden haben.
    »Allmächtiger Gott!« Er birgt das Gesicht in den Händen, schüttelt den Kopf und atmet vernehmlich aus. Dann erhebt er sich langsam und geht zum Fenster, um zur Grabeskirche hinüberzublicken. Schließlich wendet er sich zu mir um. »Wer weiß noch davon?«
    »Mein Freund Tayeb. Er war mit mir in Alexandria. Mein Vater und Niketas haben dieses Geheimnis mit ins Grab genommen.«
    »Und Papst Eugenius?«
    Ich schüttele den Kopf. Ich habe ihm den Spruch Jesu nie gezeigt. »Was, glaubt Ihr, wäre geschehen, wenn ich das Evangelium während des Unionskonzils an das Portal der Kathedrale von Florenz genagelt hätte?«
    Der Patriarch, der gerade erfahren hat, dass nach dem Willen von Jesus Christus eigentlich er der rechtmäßige Papst der vereinigten Kirche ist, starrt mich bleich an.
    »Ich nehme an, nun versteht Ihr meine Entscheidung.«
    »Ja.« Er nickt schwach. »Ich hätte vermutlich dasselbe getan.«
    »Herzlichen Dank für Eure ehrliche Antwort.«
    Er lächelt matt – welch ein Sinneswandel!
    »Papst Eugenius bittet mich, Euch bei Eurer Mission zu unterstützen«, erinnert er sich. Sein Tonfall ist versöhnlich. Gefällt er sich in seiner neuen Rolle als wahrer Papst von Jerusalem? »Auf dem Berg Zion gibt es ein verlassenes Kloster, eine verfallene Ruine, ganz in der Nähe des Saals des letzten Abendmahls. Sucht dort nach den Christusrittern.«
    »Evcharistó.«
    »Kann ich sonst noch etwas für Euch tun?«
    »Nein, Euer Seligkeit.«
    »Kyria Alessandra, dieser Papyrus, der aus dem Vatikan entwendet wurde …«
    »Ja?« Ich nicke beklommen.
    Ich ahne, was er mich fragen will!
    »Ihr erwähntet, der Ritter Christi, der die Schriftrolle aus dem Vatikan gestohlen hat, habe heute Nacht versucht, Euch zu töten. Steht diese geheimnisvolle aramäische Handschrift in irgendeinem Zusammenhang mit den Ereignissen auf dem Tempelberg letzte Nacht? Im Felsendom wurde mit Gewalt eine Bodenplatte aufgebrochen, die zu einem Gang ins Labyrinth unter der Al-Aqsa führt, dem alten Hauptquartier der Templer.«
    »Der Papyrus stammt meines Erachtens aus der verschollenen Bibliothek des jüdischen Tempels, die schon die Tempelritter in den verborgenen Kammern des Tempelbergs suchten.«
    »Ihr wart letzte Nacht im Labyrinth.«
    »Ja.«
    »Ihr sucht die Tempelbibliothek.«
    »Ja.«
    »Habt Ihr sie gefunden?«
    »Nein«, erkläre ich wahrheitsgemäß, denn ich habe ja nur leere Tonkrüge gefunden. Wo sich die Handschriften befinden, kann ich nur ahnen.
    »Der Imam der Al-Aqsa hat mir erzählt, dass der Merkfaden eines jüdischen Gebetsmantels vor dem Felsen Morija gefunden wurde. Ein sehr kostbarer, golddurchwirkter

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