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Der Graben: Thriller (German Edition)

Der Graben: Thriller (German Edition)

Titel: Der Graben: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kôji Suzuki
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Hauptthemen auf der Postkarte ihres Vaters. Er hatte seine Nachricht 1994 geschrieben, und in den letzten achtzehn Jahren hatte sich die Wissenschaft enorm weiterentwickelt. Auch wenn sie sowohl eine naturwissenschaftliche als auch ein philosophische Ausbildung hatte, hinkte Saeko durch ihre Abwesenheit aus den akademischen Hallen der Zeit hinterher.
    »Wie kommst du denn darauf?« Toshiya riss übertrieben überrascht die Augen auf, um seine Freude darüber zu verbergen, dass Saeko ihm eine Frage zu seinem Spezialgebiet stellte.
    »Ach, nur so… Ich arbeite gerade an einem naturwissenschaftlichen Artikel«, erwiderte Saeko ausweichend.
    »Tatsächlich? Schwarze Löcher und Informationstheorie? Das ist ganz einfach! Sie haben eine Menge miteinander zu tun!« Toshiya tippte sich mit dem Finger an den Kopf. »Hm… Hm… Entschuldige mich bitte kurz.«
    Er schlüpfte aus dem Raum. Nach ungefähr zehn Minuten kam er mit einem englischsprachigen Dokument im Vielfarbendruck wieder.
    »Hier, lies das. Es ist ein Artikel, der letztes Jahr im Scientific American erschienen ist. Der Autor ist der berühmte Physiker Jack Thorne. Darin geht es speziell um das Verhältnis zwischen Informationstheorie und Schwarzen Löchern.«
    Saeko nahm den Artikel entgegen und konnte ihr Erstaunen darüber nicht verhehlen, dass Toshiya auf Anhieb genau die Informationen für sie hatte, die sie suchte.
    Kitazawa hatte das Ganze beobachtet. »Das dürfte ziemlich kompliziert sein, junge Dame.« Prüfend betrachtete er den Artikel.
    Im Augenblick benötigte Saeko die Hilfe von beiden, Vater und Sohn. Kitazawas Unterstützung brauchte sie bei der Suche nach den Vermissten und Toshiyas Hilfe beim Entschlüsseln der verborgenen Bedeutung hinter der Nachricht ihres Vaters. Toshiya war genau der Richtige, um ihr eine objektive Beurteilung ihres Ansatzes zu liefern – die sie unbedingt benötigte.
    Es war eine Freude zu sehen, wie sich ein ehemaliger Schüler entwickelt hatte, wenn auch nur in wissenschaftlicher Hinsicht. Zweifellos hätte ihr Vater das Gleiche auch gern bei ihr beobachtet, überlegte Saeko.
    9
    Saeko lief den Gang von Wagen 5 des Super-Azusa-Schnellzugs nach Matsumoto hinunter, las noch einmal die Zahl auf ihrer Fahrkarte und ließ den Blick über die Reihen schweifen, um ihren Sitzplatz in der Businessclass zu finden. Da war er – doch Saeko blieb wie angewurzelt stehen, als sie das Gesicht der älteren Dame auf dem Platz neben ihrem erkannte. Sofort bedauerte sie, dass sie nicht mit der Fahrzeugkolonne gefahren war, die Tokio am Vorabend verlassen hatte.
    Ursprünglich hatte Saeko zusammen mit dem Team losfahren sollen, doch wegen eines anstehenden Abgabetermins hatte sie ihre Abreise um einen Tag verschoben, die Nacht durchgearbeitet und sich beeilt, um am Morgen den Schnellzug zu erwischen. Der Regieassistent Sakai hatte ihr eine Fahrkarte mit Sitzplatzreservierung besorgt, die er ihr auf dem Bahnsteig überreicht hatte. Doch niemand hatte Saeko davor gewarnt, dass sie neben Shigeko Torii, der berühmten Hellseherin, sitzen würde.
    Sie ist winzig…
    Das war Saekos erster Eindruck. Für eine Frau war Saeko durchschnittlich groß, aber immer noch einen ganzen Kopf größer als Shigeko Torii. Die Hellseherin war so zierlich, dass ein Businessclass-Fahrschein fast überflüssig zu sein schien – zweifellos hätte sie auch auf einem gewöhnlichen Platz bequem gesessen. Außerdem hatte Saeko Shigeko Torii jünger in Erinnerung, doch ihr Gesicht war von tiefen Falten durchzogen, ihr Haar war weiß und wurde hier und da dünn, und die Kopfhaut darunter war von dunklen Flecken übersät. Sie sah aus, als wäre sie etwa achtzig Jahre alt.
    »Verzeihung.« Saeko verbeugte sich höflich und nahm Platz.
    »Ich bin Shigeko Torii«, erwiderte die Alte und drehte den Oberkörper so, dass sie Saeko ansehen konnte. Sakai musste ihr gesagt haben, dass sie nebeneinander sitzen würden.
    »Angenehm. Mein Name ist Kuriyama. Ich bin Journalistin.« Saeko zog eine Visitenkarte aus der Tasche und reichte sie Shigeko Torii. Höflich nahm die Alte sie mit beiden Händen entgegen, wie ein Kind, dem man eine Urkunde überreicht. Fast eine ganze Minute lang starrte sie auf die Karte, obwohl darauf nur Saekos Name und Kontaktdaten standen, nicht einmal eine Berufsbezeichnung.
    Shigeko Toriis Hände zitterten, doch Saeko war sich nicht sicher, warum. Einerseits sah die ältere Frau aus wie eine Alkoholikerin, die Entzugserscheinungen hatte. Andererseits

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