Der Grabritter (German Edition)
Conte Ferruccio Vigiani. Mein Name ist Braun. Würden Sie den Conte bitte darüber informieren, dass ich hier bin.« Den Namen Braun verwendete Marquart immer dann, wenn er in Angelegenheiten unterwegs war, die besser unbemerkt blieben. Seine Verbindung zu den Vigianis zählte da in ganz besonderer Weise zu. »Natürlich, Herr Braun . Ich werde Sie sofort anmelden. Bitte nehmen Sie doch so lange Platz.« Der Portier wies zu einer einladend aussehenden Sitzgruppe in der Nähe der Rezeption. Daraufhin ging er zum Telefon und wählte eine Nummer.
Marquart holte ein Taschentuch aus seiner Hosentasche, zog die Brille ab und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Inzwischen kam der Portier auch schon wieder auf ihn zu und blieb mit auf dem Rücken verschränkten Händen vor ihm stehen. » D er Conte Vigiani bittet Sie um einen Moment Geduld. Er lässt Sie sogleich abholen. Kann ich Ihnen vielleicht etwas anbieten? Eine Tasse Kaffee oder irgendetwas anderes?« »Ein Mineralwasser«, erwiderte Marquart, ohne den Mann dabei anzusehen. »Sehr gerne Herr Braun, ich werde es Ihnen sofort bringen." Der Portier wandte sich elegant um und setzte sich in Bewegung. Zum Ausdruck seiner Missbilligung angesichts des rüpelhaften Verhaltens des frühen Gastes, zog er die Augenbrauen hoch und verschwand in Richtung Hotelbar.
Marquart wartete nun schon fast eine halbe Stunde, und sein Magen machte ihm zu schaffen. Da betrat aus einem Seitengang eine hünenhafte Gestalt die Eingangshalle. Der Mann maß weit über zwei Meter. Sein Gesicht wirkte hart und kantig, das hellblonde Haar war militärisch kurz geschnitten. Er ging direkt auf Marquart zu und begrüßte ihn. »Guten Morgen, Dr. Der Conte erwartet Sie jetzt in seiner Suite. Wenn Sie mir folgen wollen.« Der Bodyguard drehte sich halb herum und wies Marquart die Richtung. Dann ging er, ohne eine Antwort abzuwarten, los. Marquart beeilte sich noch einen Schluck von seinem Wasser zu trinken, griff seinen Hut und hastete dem Hünen hinterher. Bevor dieser wieder den Seitengang erreichte, konnte Marquart ihn einholen und bemühte sich, ein belangloses Gespräch anzufangen. »Scheußliches Wetter heute Morgen.« Während seiner kargen Antwort würdigte der Hüne Marquart keines Blickes. »Ja scheußlich.«
Nachdem sie ein paar Mal in andere Gänge abgebogen waren, erreichten sie einen etwas versteckt gelegenen Aufzug. Dieser konnte von anderen Hotelgästen nicht genutzt werden. Er war allein der Präsidentensuite vorbehalten. Der Bodyguard steckte eine Key-Card in einen Schlitz und gab über das Tableau einen Code ein. Der Aufzug öffnete sich, und Marquart wurde angedeutet hineinzugehen. Es gab nur drei Haltepositionen: Die Tiefgarage, die Eingangshalle im Erdgeschoss und die Präsidentensuite im Obergeschoss. Der Bodyguard wählte die Suite an und ohne den geringsten Ruck ging es aufwärts. Der furchteinflößende Riese stand nun direkt vor Marquart. Er fühlte sich schlecht, und immer stärker rebellierte sein Magen. »Nun Dr. Marquart, Sie kennen ja das Prozedere. Bitte geben Sie mir alle Waffen, die Sie bei sich tragen, und holen Sie auch alle sonstigen Metallgegenstände aus den Taschen.« Marquart öffnete sein Jackett, zog die HK P30 aus dem Schulterhalfter und übergab sie dem Bodyguard. Danach griff er in die Tasche seines Mantels und holte einen Schlüsselbund heraus. Er breitete die Arme seitlich aus und blieb steif stehen. Der Hüne nahm einen Metalldetektor von der Wand und fuhr Marquart damit ab. Anschließend tastete er nochmals mit den Händen. Er schien zufrieden. »Sie wissen ja«, sagte er lapidar und hob wie zu einer Entschuldigung Arme und Schultern an. Die beiden waren längst bei der Präsidentensuite angekommen, aber erst jetzt, nachdem Marquart aufs Gründlichste durchsucht worden war, öffnete der Bodyguard die Tür des Fahrstuhls.
Sie betraten eine große Diele aus weißem Marmor. In der Nähe des Fahrstuhls saß auf einem alten Kanapee ein weiterer Sicherheitsmann. Er wechselte einen kurzen Blick mit Marquarts Begleiter und widmete sich dann wieder der Zeitung neben sich. »Hier lang«, forderte der Hüne Marquart auf mitzukommen. Sie durchquerten ein großes Esszimmer. Der Boden war zum Teil mit edlen Teppichen ausgelegt und an den Wänden hingen wertvolle Gemälde alter Meister . Da waren mehrere Caravaggios, ein Gauguin, und ein Renoir. Marquarts Anwesenheit in diesem Ambiente wirkte fast schon grotesk. Marquarts Magen fing an sich langsam
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