Der Graf und die Diebin
Nacht durchreiten, um morgen um die Mittagszeit dort einzutreffen.“
Sie erschrak. „Du bist ohne Befehl einfach davongeritten?“
Er hatte ein spitzbübisches Lächeln auf den Lippen, als er sie jetzt an den Haaren zupfte. „Ich konnte nicht anders, meine kleine Geliebte. Dein süßer Brief hat mir vollkommen den Verstand geraubt.“
„Wenn das herauskommt, wird man dich bestrafen“, rief sie entsetzt. „Oh, Christian! Erst dieses dumme Duell – und dann wirst du auch noch fahnenflüchtig!“
Seine Lippen schlossen sich um ihren Mund, so dass sie für einen Moment schweigen musste. „Wer hat mir denn den Kopf so verwirrt, dass ich all diese Dummheiten begehen musste?“, fragte er dann lächelnd.
Jeanne runzelte die Stirn. So einfach durfte er es sich nicht machen. Dagegen wehrte sich ihr Gerechtigkeitsgefühl. „Wer hat mich denn im Garten des Chevaliers öffentlich beleidigt? Und wer hat mich an den Chevalier überhaupt erst verhandelt? Nein, mein Lieber. Du hast dir deine Dummheiten zum großen Teil selbst zuzuschreiben.“
Er schob sie ein Stückchen von sich ab und starrte sie erschrocken an. „Was sagst du da? Ich hätte dich an den Chevalier verhandelt? Wie kommst du darauf? War es nicht viel eher so, dass du zu ihm gegangen bist, weil du glaubtest, mit seiner Hilfe eine Karriere bei Hof zu machen?“
„Was? Bist du verrückt geworden?“
Sie riss sich aus seinen Armen und richtete sich zum Sitzen auf. Der Kokon, der sie umhüllt hatte, war zerrissen. Auch Christian setzte sich auf und sah sie zornig an. „Warum sollte ich dich verhandelt haben, verdammt noch einmal?“, schimpfte er.
„Weil du dir erhofft hast, über den Chevalier einen Weg zum König zu finden. Darum!“
Er dachte an die Einladung zum Appartement des Königs, und er bereute nun tief, sie angenommen zu haben. Mit festem Griff packte er Jeannes bloße Schultern und zog die Widerstrebende zu sich heran. „Jeanne, bei allem, was mir heilig ist, schwöre ich dir: Ich habe nie derartiges getan. Bitte glaube mir.“
Sie spürte, dass er die Wahrheit sagte und erzitterte. „Aber.... dein Brief an Mme de Fador. Dass du deine Pläne nur erreichen kannst, wenn ich an deiner Seite bin.“ Schon während sie die Worte sagte, wurde ihr bewusst, dass sie einer Täuschung anheim gefallen war. Er hatte alles ganz anders gemeint. „Sie hat mich belogen“, flüsterte sie. „Oh, Christian, vergib mir, dass ich so schlecht von dir gedacht habe.“
Sie schluchzte, während er sie an sich presste. Er malmte die Unterkiefer vor Zorn. „Sie hat uns beide betrogen, die intrigante alte Hexe. Oh, ich Idiot! Ich kannte sie doch und habe sie nicht durchschaut.“
„Sie haben mich entführt....“
„Dafür drehe ich ihr den Hals herum“, zischte er, rot vor Zorn. Dann nahm er ihr verweintes Gesicht in seine Hände und sah ihr in die Augen. „Hör mir zu, Jeanne. Ich lasse dich nicht länger hier – diesen boshaften Intriganten ausgeliefert. Vor allem will ich nicht, dass du mit de Gironde ausreitest. Diesem Menschen ist am allerwenigsten zu trauen. Meine Kutsche bringt dich in die Normandie auf mein Schloss – dort warte auf mich.“
„Aber dein Vater.... deine Karriere bei Hof....“
„Ich pfeife auf eine Hofkarriere. Dieser hinterhältige, intrigante Königshof ist mir verhasst. Dieses ganze verlogene Pack. Lass uns in meinem Schloss miteinander leben und glücklich sein, Jeanne.“
Sie schmiegte sich an ihn, erleichtert und zornig zugleich. Er hatte recht – wie sollten zwei Menschen, die sich lieben, zwischen all diesen Lügnern und Betrügern glücklich werden? Und doch.... „Du wirst nach Paris zurückkehren, Christian. Irgendwann wirst du dich auf dem Lande langweilen und daran denken, dass dein Vater dir ein anderes Leben bestimmt hat.“
Er wiegte sie in seinen Armen und schüttelte den Kopf. „Niemals werde ich das tun, Liebste. Ich schwöre dir....“
Sie hielt ihm den Mund zu. „Schwöre besser nichts, Christian. Ich habe Angst, dich wieder zu verlieren.“
„Wir werden heiraten, Jeanne.“
Sie erzitterte. Was sagte er da? „Das ist nicht möglich, Christian.“
„Nicht möglich?“, rief er lachend. „Ich bitte dich um deine Hand, und du sagst, dass es nicht möglich ist?“
„Niemals kann der Comte de Saumurat ein Bauernmädchen heiraten.“
„Gut“, gab er zu. „Es wird eine heimliche Trauung sein, und du wirst auch nicht zur Duchesse dadurch. Aber es ist für uns beide die Versicherung, dass
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