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Der Graf und die Diebin

Der Graf und die Diebin

Titel: Der Graf und die Diebin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Amber
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wir einander gehören.“
    Sie schwieg nachdenklich und sah zu, wie er aus dem Bett stieg und seine Kleider anzog. Er hatte sie nicht einmal gefragt, ob sie ihn überhaupt heiraten wollte.
    „Tu, was ich gesagt habe, Jeanne. Meine Kutsche wird dich morgen um zehn Uhr abholen und auf mein Schloss bringen. Ich werde zu dir kommen, sobald ich kann.“ Er umschlang sie und küsste sie so heiß, dass sie glaubte, vergehen zu müssen. Ja, sie wollte ihm gehören. Sie wollte seine Frau werden und mit ihm leben. Nichts anderes wünschte sie sich in diesem Dasein.
    „Sieh dich vor, Christian“, flehte sie, als er zärtlich eine Decke über sie zog und ihr den letzten Kuss gab. „Sei bitte nicht zu mutig.“
    „Ich liebe dich, Jeanne“, flüsterte er. „Was auch geschieht – ich werde dich ewig lieben.“
    Dann riss er sich von ihr los und eilte davon.
     
    Nadine hatte noch in der Nacht alle Koffer und Taschen gepackt. Sie war glücklich und geschwätzig wie selten. Jeanne hatte ihr erzählt, dass Christian an dem Betrug unschuldig gewesen war, und Nadine hatte diese Nachricht mit großer Befriedigung aufgenommen. Sie war so aufgeregt über diese glückliche Wendung, dass sie ganz gegen ihre Gewohnheit immer wieder bei Jeanne im Schlafzimmer erschien und das Gespräch suchte.
    „Wir werden das Schloss ein wenig moderner einrichten, Mademoiselle“, fantasierte sie mit glühenden Wagen. „Mit Spiegeln und Brokatstoffen und mit diesen schönen, geschwungenen Möbeln, die so ausschauen, als wolle sich der Raum zum Tanz bewegen.“ Jeanne lag auf ihrem Bett, spürte immer noch Christians Berührungen nach, atmete noch seinen Geruch und hörte seine Stimme, wenn sie die Augen schloss. Im Gegensatz zu ihrer Zofe hatte sie es mit der Abreise nicht besonders eilig. Christian war sowieso nicht auf seinem Schloss – er war im Krieg. Dieser Gedanke ließ sie immer wieder erzittern. Was nutzten alle glücklichen Pläne, wenn sie von einer tödlichen Kugel in einem einzigen Augenblick zunichte gemacht werden konnten?
    Geduldig hörte sie zu, wie Nadine schwatzte, wusste sie doch, dass die kleine Zofe vor allem deshalb so glücklich war, weil sie ihren René wiedersehen würde. Sie gönnte es ihr von Herzen. Nach einer Weile machte sie Nadine dann klar, dass es jetzt Zeit sei, ein wenig zu schlafen. Schließlich wolle man schon morgen Vormittag reisen. Das sah Nadine augenblicklich ein. Jeanne lag mit offenen Augen in den Kissen – an Schlaf war nicht zu denken. Sie schämte sich dafür, dass sie so kleinmütig gedacht hatte. Wie konnte sie nur glauben, dass Christian ein Betrüger sei? Schon in der Boutique hätte sie spüren müssen, dass seine Beleidigungen nur aufgrund seiner Eifersucht stattfanden. Und noch viel deutlicher hätte sein zorniger Kuss im Garten in St. Germain ihr sagen müssen, dass er sie liebte. Oh, wie dumm sie war.
    Wütend dachte sie an Mme de Fador, die sie für ihre Gönnerin gehalten – und die diese hinterhältige Intrige ersonnen hatte. Warum? Jeanne stand es jetzt ganz klar vor Augen: Diese Frau hatte es von Anfang an auf Christian abgesehen. Schon als sie so plötzlich in der Normandie auftauchte, hatte sie, Jeanne, gespürt, dass Marguerite de Fador eine gefährliche Person war. Und dennoch hatte sie sich, dumm wie ein Schaf, in ihre Machenschaften einbinden lassen.
    Und der Duc de Gironde? Jeanne seufzte und drehte sich im Bett auf die andere Seite. Es war nicht einfach, sich über diesen Menschen klar zu werden. Ganz gewiss konnte man ihm nicht vertrauen. Und doch zögerte sie, ihn gleich zu verdammen. Er war ein guter Bekannter von Marguerite de Fador, das sprach gegen ihn. Auf der anderen Seite hatte er Christian bei seinem Duell als Sekundant beigestanden. Er hatte sie, Jeanne, immer mit Respekt behandelt. Sie dachte an seine Geschenke, die sie so fasziniert hatten, an die heiteren Gespräche, wenn sie gemeinsam tafelten, auch an den gestrigen Tag, als sie am Fluss standen, und sie plötzlich das Gefühl hatte, ihm sehr nahe zu sein. Aber konnte sie ihm vertrauen? Schließlich hatte er diesen Ausritt aus einem ganz besonderen Grund unternommen und benötigte dazu ihr Wohlwollen. War es nicht eher so, dass dieser Mann gar keine wirklichen Gefühle kannte? Keinen Hass, keine Freude, keine Liebe? Bestand er nicht ganz und gar aus seiner überlegenen Klugheit und der Gabe, Menschen zu beeinflussen und für seine Zwecke zu nutzen?
    Oh, er war ganz sicher ein gefährlicher Mensch. Und doch war er

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