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Der Graf von Castelfino

Der Graf von Castelfino

Titel: Der Graf von Castelfino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CHRISTINA HOLLIS
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früher.“
    Weiterer Aufforderungen bedurfte es nicht. Gehorsam machte Meg sich auf den Weg. Die Strecke zwischen dem alten Kräutergarten und dem Herrenhaus legte sie in maximaler Geschwindigkeit zurück. Sie streifte Baumrindenfetzen von ihrer Jeans ab, als sie im Laufschritt zum Büro stürmte. Das Stimmengewirr verstummte augenblicklich. Die Blicke der Sekretärinnen und Assistentinnen hefteten sich mit deutlicher Missbilligung auf die braunen Bröckchen, die von Megs Kleidung und Stiefeln herunterrieselten.
    Eine der elegant herausgeputzten Damen kehrte hinter ihr alle Teilchen mit Schaufel und Besen zusammen. Vor ihr breitete eine zweite Sekretärin einen breiten Teppich aus perforierter Plastikfolie aus. Meg wurde zu einer eindrucksvollen Mahagonitür dirigiert, an der ein Messingschildchen verkündete: Zutritt verboten! Die Sekretärin klopfte energisch an die Tür.
    „Herein!“
    Meg war schrecklich nervös. Als der volle, weiche Klang von Giannis Stimme an ihr Ohr drang, wurde sie obendrein von einem Schauer erfasst. Sie erstarrte.
    Wie die Sekretärin es schaffte, gleichzeitig die Tür zu öffnen und die Plastikrolle vor ihr auszubreiten, war Meg ein Rätsel. Ein halbmeterbreiter Streifen sollte den auf Hochglanz polierten Holzboden in Giannis Büro schützen.
    Meg war bemüht, ihr Martyrium abzukürzen.„Es wird also kein roter Teppich für mich ausgerollt?“, versuchte sie, die Atmosphäre mit einem Scherz aufzulockern.
    „Nein, nur ein Teppichschoner“, kam es messerscharf von der Sekretärin zurück.
    Am anderen Ende des großen Raums saß Gianni an einem überdimensional großen Schreibtisch, den Kopf gesenkt und in seine Arbeit vertieft. Er sah beeindruckend aus. Meg wusste nicht, was sie tun sollte. Sie warf rasch einen Blick den Weg zurück, den sie hereingekommen war.
    In diesem Augenblick schlug die Tür zu. Somit gab es also kein Entkommen. Mit langsamen Schritten bewegte sie sich vorwärts. Kurz vor Ende der Plastikstraße machte sie in respektvoller Entfernung Halt. Unbehaglich rang sie die Hände. Und wartete weiter. Je länger sich Giannis Hand mit dem Füllfederhalter über das Papier bewegte, desto nervöser wurde Meg.
    Er schrieb weiter. Offenbar war es ein ungewöhnlich ausführlicher Text, an dem Gianni Bellini arbeitete.
    Ein Fenster war geöffnet, durch das Vogelgezwitscher hereindrang. Mauersegler, die im Zickzackkurs über den blauen Himmel jagten. Meg beobachtete, wie sich die ersten bunten Blätter von den Zweigen lösten und langsam zu Boden trudelten. Kleine Staubspiralen erhoben sich aus dem Muster aus Sonnenstrahlen, das sich auf dem hochglänzenden Parkettboden von Giannis Büro gebildet hatte.
    Meg spürte, wie ihr zunehmend wärmer wurde. Sie hörte ein vertrautes Bellen durch das Fenster. Es war der Hund des Bäckers unten im Dorf, der das beste Ciabatta lieferte, das sie je gegessen hatte. Eine Uhr tickte laut. Der Bäckerhund bellte ein zweites Mal. Unter seinem Schreibtisch schlug Gianni die Füße übereinander.
    Er strapazierte Megs Nervenkostüm über Gebühr. Dann, mit einem Mal, hielt sie es nicht mehr aus.
    „Es tut mir sehr leid, dass ich Sie jede Nacht von meinem Fenster aus beobachte, aber das geschieht nur deshalb, weil mich das dröhnende Geräusch Ihres Ferraris aufweckt, wenn Sie vorbeifahren, da Sie genau neben dem Haus beschleunigen, und das macht einen Höllenlärm. Danach schaffe ich es beim besten Willen nicht mehr einzuschlafen, und es ist eine Art schlechte Angewohnheit von mir geworden, aufzustehen und hinauszuschauen, einfach um sicherzugehen, dass alles in Ordnung ist. Und wenn Sie nach Hause kommen, schauen Sie immer im falschen Augenblick zu mir herüber und …“
    Gianni hörte abrupt auf zu schreiben und hob den Kopf. Als ihr Redefluss endlich versiegte, musterte er sie mit unverhohlener Neugier.
    „Das ist aber interessant, was Sie mir da gestehen, Megan. Das ist sogar ungeheuer interessant“, murmelte er schließlich. Er ließ den Füller auf die Schreibunterlage fallen und lehnte sich abwartend zurück, während er sie über die aneinandergelegten Fingerspitzen hinweg aufmerksam ansah.
    „Von all dem habe ich nicht das Geringste gewusst. Mir wäre nicht im Traum eingefallen, dass Sie mich bespitzeln.“
    Sie senkte peinlich berührt den Blick.
    „Eigentlich habe ich Sie wegen einer vollkommen anderen Sache in mein Büro rufen lassen. Ich wollte wissen, ob Sie sich eingewöhnt haben. Das ist alles. Wie wär’s, wenn Sie noch

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