Der Graf von Castelfino
…
„Ich kann nur hoffen, dass das stimmt. Das wollte ich immer. Ich habe ihm zu Lebzeiten oft Sorgen bereitet, Megan. Das Mindeste, was ich jetzt für ihn tun kann, ist, seine Wünsche zu respektieren. Wollen wir hoffen, dass ich nie zwischen meinem Herzen und meinem Erbe zu wählen habe.“ Er zog eine bekümmerte Miene.
„Warum sollten Sie?“, fragte Meg unschuldig, nicht ahnend, worauf sie sich einließ.
„Es gibt eine Menge hiesiger ‚Prinzessinnen‘, die gern meine Frau werden möchten“, entgegnete er seufzend. „Die Familienplanung der Bellinis schreibt mir mehr oder weniger vor, eine von ihnen auszuwählen. Sie würde als meine offizielle Partnerin in einem meiner Stadthäuser wohnen und die Mutter meines Erben sein. Ein angenehmes Leben läge vor ihr. Doch diese Betrachtungsweise stammt aus dem Mittelalter! Heute ist alles anders. Eine Heirat ist nicht mehr nur eine Angelegenheit von Pflicht und Ehre. Eheverträge und wasserdichte Abkommen wollen jedes Stöckchen und jedes Steinchen in meinem Vermögen sichern – sollte es zu einer Scheidung kommen, die unvermeidlich sein wird.“
Meg war enttäuscht. Heirat bedeutete ihm offenbar nicht mehr, als einen Punkt auf einer Liste abzuhaken.
„Scheidung ist nicht unvermeidlich! Man sollte nur aus Liebe heiraten“, betonte sie mit fester Stimme, während sie zärtlich über das lange, ledrige Blatt einer Miltonia strich. „Heutzutage haben Frauen für gewöhnlich ihre eigene Karriere im Kopf. Die Ehe ist nicht ihr einziges Ziel. Und nicht alle sind besitzergreifende Parasiten.“
„Ich liebe Frauen. Verstehen Sie mich nicht falsch“, gab Gianni rasch zurück. „Es ist nur so, das mich diese italienischen Vollblutmodelle nicht interessieren.“
„Dann müssen Sie eben nach jemand anderem Ausschau halten.“
„Es gibt aber niemand anderen. Alle Frauen, die mir begegnen, sind nur auf mein Geld aus – glauben Sie mir.“
Meg konzentrierte sich gerade darauf, einen Orchideenkeim zu befestigen, und antwortete ohne nachzudenken: „Ich nicht.“
Gianni stieß einen tiefen Seufzer aus. „Das sagen Sie jetzt. Aber ich frage mich …“
Tiefes Bedauern klang aus seiner Stimme. Seine Bemerkung kam so von Herzen, dass Meg abrupt aufblickte. In diesem Moment verschwand jede Spur eines Lächelns aus seinem Gesicht. Er wirkte nun sehr ernst – und Megs wildeste, schamloseste Fantasien spiegelten sich in seinen Augen wider.
Sie holte tief Luft, konnte den Blick nicht abwenden – wollte es nicht einmal.
Und plötzlich fand sie sich in seinen Armen wieder.
3. KAPITEL
Sie küssten sich mit verzehrender Leidenschaft. Gianni hielt sie fest an sich gepresst. Meg schob die Hände in sein Haar, voller verzweifelter Sehnsucht. Wie oft hatte sie davon geträumt? Es war alles, was sie wollte, die Erfüllung ihrer Sehnsucht. Und es fühlte sich so richtig an … Trotzdem war es aus so vielen Gründen falsch. Eine Welle der Leidenschaft erfasste sie, und Meg brauchte einen Moment, um wieder zu Atem zu kommen und sich zu sammeln.
„Nein! Gianni, halt!“
Abrupt ließ er sie los. „Warum? Was ist denn?“
„Nichts … nicht jetzt …“
„Ist schon in Ordnung.“ Er drückte sie wieder an sich, und sein leises Lachen weckte eine unstillbare Sehnsucht in ihr.
„Nein!“, rief sie, überzeugt, dass es nicht richtig war. „Haben Sie überhauptkeine Moral?“
„Nicht, wenn es um eine schöne Frau geht …“ Er drückte das Gesicht in ihr Haar und liebkoste es spielerisch.
Meg musste rasch handeln, gegen ihr Gefühl. In ihrer Fantasie war Gianni der unwiderstehlichste Mann der Welt. Nun merkte sie, wie es sich anfühlte, ihm nah zu sein. Fast war sie an einem Punkt angekommen, von wo es kein Zurück gab. Sie wehrte sich heftig gegen ihr Verlangen, drückte die Hände gegen seine Schultern und wand sich aus seinem Griff.
„Ach, wie konnte ich es vergessen? Selbstverständlich haben Sie keine Moral!“, konterte sie in dem Versuch, ihn zum Rückzug zu bewegen. „Sie sind schließlich Gianni Bellini, der Mann, dem die Frauen überall auf der Welt zu Füßen liegen, nicht wahr?“
Gianni konnte nichts erschrecken, schon gar nicht eine Frau, die halb so groß war wie er. Das Blut war ihm zu Kopf gestiegen, und er atmete schnell. Doch seinen festen Griff lockerte er nicht.
Dennoch spürte Meg, dass die Gefahr vorüber war. Das Lächeln kehrte auf sein Gesicht zurück. Aus Gründen, die sie nicht näher definieren konnte, spürte sie, dass sie erst
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