Der Graf von Castelfino
Sekunde lang ab.
„Obwohl du zugeben musst, mia dolce, dass eine Expertin für tropische Pflanzen, die ihr ganzes Wissen nur aus Büchern hat, ihre Flügel ausbreiten sollte, bevor sie sich als Spitzenkraft bezeichnen kann. Mag sie auf dem Papier auch noch so qualifiziert sein …“ Als er ihr Stirnrunzeln fortküsste, musste sie trotz ihrer Befürchtungen lächeln.
Vor dem Herrenhaus stürzte sich ein Habicht in den Schwalbenschwarm, der sich flüchtend vom Hochspannungsseil in den Himmel erhob.
„Deswegen möchte ich dich für eine Weile an einen anderen Ort bringen. Madeira bietet alles, was wir benötigen. Luxus und sämtliche Möglichkeiten, eingebettet in ein Meer von Blumen. Was hältst du davon?“
Eine paradiesische Insel und die Gewissheit, Gianni ganz für sich allein zu haben, ohne die alltäglichen Ablenkungen? Es gab nur eine Antwort. Meg bog den Kopf zurück und gab ihm einen endlos langen Kuss, bevor sie flüsterte:
„Das wäre fantastisch. Wann reisen wir ab?“
Ihre Freude währte nur Stunden. Während Gianni duschte, lieh Meg sich seinen Laptop aus. Sie öffnete die Website von Madeira. Gleich die erste Seite präsentierte ein Banner mit dem Titel „Perfekte Flitterwochen auf der Insel“. Eine Katastrophe.
Sie ließ sich in ihren Sessel zurückfallen und starrte auf den Bildschirm. Bei einer Werbung wie dieser würde der Ort von Paaren wimmeln. Verheirateten Paaren. Das wäre das Letzte, was sie über sich ergehen lassen wollte.
Sie fuhr den Computer wieder herunter und ging langsam durch das Schlafzimmer. Gianni stand im Bad vor der Dusche. Statt zu ihm hineinzuschlüpfen, hing sie ihren Gedanken nach. Erst als er den Föhn einschaltete, wurde ihm bewusst, dass er beobachtet wurde. Ein breites Lächeln huschte über sein Gesicht, in dem Verlangen stand. Meg spürte, wie auch sie sich wieder nach ihm sehnte, als sie ihn fragen hörte: „Kannst du nicht warten, mia dolce?“
Gianni trat zwei Schritte vor und nahm sie in den Arm. Er presste seinen feuchten Körper gegen ihr hauchdünnes Negligé, das sich sofort voll Wasser sog. Meg geriet ins Schwanken, als sie seine harte Männlichkeit an ihrem Bauch spürte. Wie schön wäre es jetzt, die Realität zu vergessen und sich von ihm zum Bett tragen zu lassen. Aber diese eine Frage musste vorher geklärt werden.
„Gianni … bist du je auf Madeira gewesen?“, wollte sie zwischen seinen Küssen wissen.
„Mmm … oft schon.“
„Und? Hat es dir dort gefallen?“ Vorsichtig sah sie ihn an.
„Mmm.“ Im Gegensatz zu seinen Liebkosungen war seine Aussage unbestimmt. Meg schmolz förmlich dahin, als er sie hochhob. „Du wirst dich wie zu Hause fühlen, tesoro. Als ob du in einem Treibhaus mit warmem englischen Regen leben würdest.“
„Es gibt nichts … Negatives über diesen Ort zu sagen?“, beharrte sie und musste an die vielen verheirateten Pärchen denken.
Gianni war damit beschäftigt, sie vorsichtig zurück zum Bett zu tragen. „Nein. Überhaupt nichts. Wenn der Regen uns draußen stört, werden wir schon Wege finden, uns drinnen zu beschäftigen …“
In langen, entspannenden Minuten zeigte er ihr, was er damit meinte. Bald vergaß Meg ihre Bedenken und gab sich hemmungslos dem Feuer ihrer Leidenschaft hin. Schließlich schlief sie in Giannis Armen ein. Sie war die glücklichste Frau auf der ganzen Welt.
Als sie später Stimmen im angrenzenden Esszimmer hörte, streckte Meg die Hand nach Gianni aus – und fand sich allein in dem großen Bett. Sie tapste zur Tür. Gianni stand mit dem Rücken zu ihr am anderen Ende des Raums. Er hatte sein Handy am Ohr.
„Ich bin sicher, sie wird es dir selbst sagen – sie schnitt als Beste ihres Jahrgangs ab“, sagte er gerade.
„Man kann sie nicht aufhalten. Aber schau doch mich an – ich habe in meinem ganzen Leben kein Examen nötig gehabt. Es hat mir nicht im Geringsten geschadet. Nur die Leidenschaft meines Vaters ist für all dies verantwortlich. Es ist seine Schuld. Ja, ja, ich weiß! Man sollte es nicht glauben.“
Sie konnte es nicht glauben – und nicht ertragen. Gianni lachte über sie. Schlimmer noch, er spottete über ihre Qualifikationen, hinter ihrem Rücken, mit einem Fremden.
Heißer Zorn loderte durch Megs Adern. Vom ersten Kuss an hatte sie immer wieder damit gerechnet, Gianni an eine andere Frau zu verlieren. Aber das, was sie eben gehört hatte, war ein Verrat, den sie niemals erwartet hätte. Gianni hatte keinerlei Respekt vor ihrer Ausbildung. Er
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