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Der Graf von Monte Christo 1

Der Graf von Monte Christo 1

Titel: Der Graf von Monte Christo 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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musterte den enttäuschten Liebhaber mit scharfem Blick.
    Ferdinand ging hinter den zukünftigen Eheleuten, vollständig von Mercedes vergessen, die in der reizenden Selbstsucht der Liebe nur Augen für ihren Edmund hatte. Er wurde abwechselnd bleich und rot; von Zeit zu Zeit sah er in die Richtung, wo Marseille lag, und dann überlief ihn unwillkürlich ein nervöses Zittern; er schien irgendein großes Ereignis vorherzusehen.
    Dantès trug die Uniform der Handelsmarine, welche die Mitte hält zwischen der Militäruniform und dem Zivilanzug, und die Freude, die ihm aus den Augen leuchtete, hob seine männliche Schönheit noch.
    Mercedes war schön wie eine Griechin von Cypern oder Chios, mit tiefschwarzen Augen und korallenroten Lippen; sie kam daher mit dem freien Schritt der Andalusierinnen, lächelte und sah ihre Umgebung off en an, und ihr Lächeln und ihr Blick sagten so freimütig, wie es Worte nicht deutlicher hätten ausdrücken können: Wenn ihr meine Freunde seid, so freut euch mit mir, denn ich bin glücklich!
    Sobald das Brautpaar mit seiner Begleitung von der »Réserve« aus wahrgenommen wurde, ging Morrel – gefolgt von den Matrosen und Soldaten, denen er das Dantès bereits gemachte Versprechen, daß er Nachfolger des Kapitäns Leclère werden sollte, wiederholt hatte – dem kleinen Zuge entgegen. Edmund ließ seine Braut los und legte ihren Arm in den des Herrn Morrel, und so begab sich, mit Herrn Morrel und der Braut an der Spitze, der Zug in den Saal.
    »Vater«, sagte Mercedes, vor der Mitte des Tisches im Saale halt-machend, »du zu meiner Rechten, bitte, und zu meiner Linken soll der sitzen, der mein Bruder gewesen ist«, fügte sie mit einer Freundlichkeit hinzu, die ihrem Vetter wie ein Dolchstoß ins Herz drang. Seine Lippen wurden bleich, und unter der gebräunten Farbe seines männlichen Gesichts konnte man sehen, wie das Blut aus seinen Wangen wich.
    Währenddessen hatte Dantès Herrn Morrel zu seiner Rechten und Danglars zu seiner Linken Platz nehmen lassen; dann forderte er mit einladender Geste jeden auf, sich nach Belieben hinzusetzen.
    Die Schüsseln mit den landesüblichen Leckerbissen kreisten.
    »Eine schöne Stille!« bemerkte der Greis, indem er ein Glas to-pasfarbenen Wein, den Vater Pamphile soeben kredenzt hatte, langsam austrank. »Sind denn wirklich dreißig Leute hier, die lustig sein wollen?«
    »Oh, ein Ehemann ist nicht immer lustig«, entgegnete Caderousse.
    »Ja, wirklich, ich bin in diesem Augenblicke zu glücklich, um lustig zu sein«, sagte Dantès. »Wenn Sie’s so meinen, so haben Sie recht, Nachbar. Die Freude hat manchmal eine sonderbare Wirkung, sie bedrückt wie der Schmerz.«
    »Sie fürchten doch nichts?« fragte Ferdinand. »Mir scheint, daß alles nach Ihren Wünschen geht.«
    »Und gerade das beunruhigt mich«, erwiderte Dantès; »mich dünkt, der Mensch ist nicht dazu gemacht, um so leicht glücklich zu sein. Das Glück ist jenen Schlössern auf den verzauberten Inseln gleich, deren Tore von Drachen bewacht werden. Man muß kämpfen, um es zu erobern, und ich weiß wirklich nicht, womit ich das Glück, der Gatte Mercedes’ zu sein, verdient habe.«
    »Der Gatte, der Gatte«, entgegnete Caderousse lachend, »soweit sind wir noch nicht, Herr Kapitän; versuch’s nur mal, den Gatten zu spielen, und du wirst schon sehen, wie du empfangen wirst!«
    Mercedes errötete.
    Ferdinand rückte unruhig auf seinem Stuhl hin und her und wischte sich von Zeit zu Zeit den Schweiß von der Stirn.
    »Nun, Nachbar Caderousse«, sagte Dantès; »es lohnt nicht die Mühe, mich wegen solcher Kleinigkeiten Lügen zu strafen. Mercedes ist allerdings noch nicht meine Frau (er zog seine Uhr), in anderthalb Stunden wird sie’s aber sein.«
    Alle ließen einen Ruf der Überraschung hören, mit Ausnahme von Dantès’ Vater, dessen breites Lächeln seine noch schönen Zähne zeigte. Mercedes lächelte ebenfalls und errötete nicht mehr. Ferdinand umkrampfte den Griff seines Messers.
    »In anderthalb Stunden?« fragte Danglars erbleichend. »Wie denn das?«
    »Ja, meine Freunde«, antwortete Dantès, »durch den Einfl uß des Herrn Morrel, des Mannes, dem ich nächst meinem Vater das meiste auf der Welt verdanke, sind alle Schwierigkeiten beseitigt. Wir haben die Aufgebote gekauft, und halb drei Uhr erwartet uns der Bürgermeister von Marseille im Rathause. Da es nun eben ein Viertel nach eins geschlagen hat, so irre ich mich wohl nicht so sehr, wenn ich sage, daß Mercedes in

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