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Der Graf von Monte Christo 1

Der Graf von Monte Christo 1

Titel: Der Graf von Monte Christo 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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anderthalb Stunden Frau Dantès sein wird.«
    Ferdinand schloß die Augen, es brannte ihm wie Feuer auf den Lidern; er stützte sich auf den Tisch, um nicht vom Stuhle zu sinken; trotz seiner Anstrengungen konnte er ein dumpfes Stöhnen nicht unterdrücken, das sich in dem Lärm des Lachens und der Glückwünsche der Versammlung verlor.
    »Das heißt doch schneidig handeln, ohne die Zeit zu verlieren!«
    sagte Vater Dantès. »Gestern morgen angekommen, heute um drei Uhr verheiratet! So ’n Seemann fackelt nicht lange.«
    »Aber die anderen Formalitäten«, warf Danglars schüchtern ein,
    »der Kontrakt, die Eintragungen …?«
    »Der Kontrakt«, sagte Dantès lachend, »der Kontrakt ist fi x und fertig: Mercedes hat nichts, ich auch nicht. Wir heiraten mit Gütergemeinschaft. Das ist bald geschrieben und wird nicht viel kosten.«
    Dieser Scherz wurde von der Versammlung mit fröhlichem Beifall aufgenommen.
    »Also feiern wir hier nicht eine Verlobung, sondern halten regel-recht ein Hochzeitsmahl?« fragte Danglars.
    »Nein«, entgegnete Dantès, »Sie sollen um nichts kommen, seien Sie unbesorgt. Morgen früh reise ich nach Paris. Vier Tage hin, vier Tage zurück, einen Tag zur gewissenhaften Erledigung des Auftrags, mit dem ich betraut bin, und am ersten März bin ich zurück, am zweiten ist dann das richtige Hochzeitsmahl.«
    Diese Aussicht auf eine neue Festlichkeit erhöhte die heitere Stimmung dermaßen, daß Dantès’ Vater sich jetzt vergeblich be-mühte, seinen Wunsch für das Glück der Verlobten anzubringen.
    Dantès erriet den Gedanken seines Vaters und beantwortete ihn mit einem liebevollen Lächeln. Mercedes hatte schon mehrmals nach der Kuckucksuhr im Saal gesehen und machte Edmund ein Zeichen.
    Um den Tisch herum herrschte lärmende Fröhlichkeit. Diejenigen, welche mit ihrem Platz nicht zufrieden gewesen, hatten sich andere Nachbarn gesucht; alle sprachen zu gleicher Zeit.
    Die Blässe Ferdinands war auf die Wangen Danglars’ übergegangen. Ferdinand selbst glich jetzt einem Verdammten im Feuer. Er hatte sich als einer der ersten erhoben und ging im Saal auf und ab, sich bemühend, sein Ohr von dem Lärm der Lieder und dem Klingen der Gläser abzuwenden.
    Caderousse näherte sich ihm in dem Augenblick, da Danglars, den er zu fl iehen schien, in einer Ecke des Saales zu ihm trat.
    »Wahrhaftig«, sagte Caderousse, dem das Benehmen Dantès’ und besonders der gute Wein den letzten Rest von Haß, den das unerwartete Glück des jungen Mannes in seiner Seele hatte aufkeimen lassen, genommen hatte, »wahrhaftig, Dantès ist ein netter Kerl, und wenn ich ihn bei seiner Braut sitzen sehe, sage ich zu mir, daß es schade gewesen wäre, ihm den schlechten Streich zu spielen, den ihr gestern plantet.«
    »Du hast ja auch gesehen, daß die Sache nichts weiter auf sich hatte«, antwortete Danglar’s. »Der arme Herr Ferdinand hier war so fas-sungslos, daß er mich zuerst dauerte; da er sich aber mit der Sache ab-gefunden hat und selbst den ersten Brautführer seines Nebenbuhlers macht, ist kein Wort weiter zu verlieren.«
    Caderousse sah Ferdinand an, der wieder leichenblaß war.
    »Das Opfer ist um so größer«, fuhr Danglars fort, »als das Mädchen in Wirklichkeit schön ist. Zum Kuckuck, ein Glückspilz, mein zukünftiger Kapitän; ich möchte nur zwölf Stunden Dantès hei-
    ßen.«
    »Wollen wir aufbrechen?« fragte die liebliche Stimme Mercedes’.
    »Es schlägt zwei Uhr, und wir werden um ein Viertel nach zwei erwartet.«
    »Ja, ja, wir wollen aufbrechen«, sagte Dantès, indem er sich lebhaft erhob.
    Alle stimmten zu.
    In diesem Augenblick bemerkte Danglars, wie Ferdinand, der auf dem Fensterbrett saß und den er nicht aus den Augen verlor, verstört aufblickte, sich krampfhaft erhob und wieder an das Fensterkreuz zurücksank. In demselben Augenblick fast hörte man von der Treppe her ein wirres Geräusch von schweren Tritten und Stimmen, untermischt mit Waff engeklirr, das trotz des Lärms im Saal die Aufmerksamkeit der Versammelten erweckte, so daß sofort eine unruhige Stille entstand.
    Das Geräusch näherte sich, drei Schläge ertönten an der Tür; alle sahen einander erstaunt an.
    »Im Namen des Gesetzes!« rief es draußen. Niemand antwortete.
    Sofort öff nete sich die Tür, und ein Kommissar, angetan mit einer Schärpe, trat, gefolgt von einem Unteroffi zier und vier bewaff neten Soldaten, in den Saal.
    Schrecken folgte auf die Unruhe.
    »Was gibt es?« fragte der Reeder den Kommissar,

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