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Der Graf von Monte Christo

Der Graf von Monte Christo

Titel: Der Graf von Monte Christo Kostenlos Bücher Online Lesen
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findet in unsern Wäldern keinen Affen, sagte ich zu ihm, und besonders keinen gefesselten Affen; gestehe mir also, wie du dir das Tier verschafft hast.
    Benedetto beharrte bei seiner Lüge und gab noch weitere nähere Umstände an, die mehr seiner Einbildungskraft, als seiner Wahrheitsliebe Ehre machten; ich ärgerte mich, er lachte; ich drohte, er zog sich ein paar Schritte zurück. – Du kannst mich nicht schlagen, sagte er, du hast nicht das Recht dazu, denn du bist nicht mein Vater.
    Wir wußten gar nicht, wer ihm dieses unselige Geheimnis entdeckt hatte, das wir mit so großer Sorgfalt vor ihm verbargen. Aber die Antwort erschreckte mich so, daß mein aufgehobener Arm niederfiel, ohne den Schuldigen zu berühren. Das Kind triumphierte und wurde infolgedessen so unbändig, daß alles Geld Assuntas, deren Liebe zu ihm immer mehr zuzunehmen schien, je weniger er derselben würdig war, für tolle Launen des Knaben, die sie nicht zu bekämpfen vermochte, daraufging. Wenn ich in Rogliano war, ging es noch erträglich; aber sobald ich abreiste, war Benedetto Meister im Hause, und ein böser Streich folgte dem andern. Kaum elf Jahre alt, wählte er seine Kameraden unter den jungen Leuten von achtzehn und neunzehn Jahren, den schlimmsten Burschen von Bastia und Corte, und bereits hatte uns das Gericht Warnungen zugehen lassen.
    Es wurde mir bange; jede Untersuchung konnte verhängnisvolle Folgen nach sich ziehen, und ich sollte eben einer wichtigen Expedition halber Korsika für einige Zeit verlassen. Ich sann lange nach und beschloß, um ein Unglück zu vermeiden, Benedetto mit mir zu nehmen. Ich hoffte, das tätige harte Leben eines Schmugglers, die strenge Disziplin an Bord würden ihm, der sonst unrettbar verloren schien, gut tun. Ich nahm ihn also beiseite und machte ihm den Vorschlag, mir zu folgen, wobei ich ihm alles Mögliche versprach, was ein Kind von zwölf Jahren locken kann.
    Er ließ mich reden, ohne mich zu unterbrechen. Als ich aber zu Ende war, schlug er ein Gelächter an und rief: Seid Ihr ein Narr, Oheim? – so nannte er mich, wenn er guter Laune war – Ich soll das Leben, das ich führe, meinen schönen Müßiggang, gegen die schauderhafte Arbeit vertauschen, die Ihr tut? Ich soll die Nacht in der Kälte, den Tag in der Hitze zubringen, mich fortwährend verbergen, oder, wenn ich mich zeige, Flintenschüsse kriegen, und dies alles, um ein wenig Gold zu gewinnen? Geld habe ich, soviel ich will; Mutter Assunta gibt mir, so oft ich von ihr fordere. Ihr seht also, daß ich dumm wäre, wenn ich Euern Vorschlag annähme.
    Während ich noch ganz starr vor Staunen über diese Worte war, kehrte er zu seinen Kameraden zurück, und ich sah von ferne, wie er mich ihnen gegenüber für einen Dummkopf erklärte.
    Ein reizendes Kind! murmelte Monte Christo.
    Oh! wenn er mir gehört hätte, sagte Bertuccio, wenn er mein Sohn oder wenigstens mein Neffe gewesen wäre, so würde ich ihn auf den rechten Pfad zurückgeführt haben, denn das gute Gewissen verleiht Stärke. Aber der Gedanke, daß ich ein Kind schlagen sollte, dessen Vater ich getötet hatte, machte es mir unmöglich, ihn zu züchtigen. Ich gab meiner Schwester, die den Jungen stets verteidigte, gute Ratschläge, und da sie mir gestand, es hätten ihr wiederholt größere Summen gefehlt, so bezeichnete ich ihr einen Ort, wo sie unsern kleinen Schatz verbergen könnte. Mein Entschluß war gefaßt: Benedetto konnte vortrefflich lesen, schreiben und rechnen, denn wenn er sich zufällig zur Arbeit herbeiließ, so lernte er in einem Tag so viel, wie andere in einer Woche. Mein Entschluß, sage ich, war gefaßt; ich wollte ihn als Schreiber auf irgend einem zu langen Seefahrten bestimmten Schiffe unterbringen und, ohne ihn zuvor in Kenntnis zu setzen, an einem schönen Morgen nehmen und an Bord schaffen lassen. War er dem Kapitän gehörig empfohlen, so hing seine Zukunft nur von ihm ab. Sobald dieser Plan festgestellt war, brach ich nach Frankreich auf. Alle unsere Operationen sollten diesmal im Golf von Lyon ausgeführt werden; die Unternehmungen wurden aber immer schwieriger, denn der Küstendienst war strenger geworden, als je. Anfänglich ging alles vortrefflich. Wir banden unsere Barke, die einen doppelten Boden hatte, worin wir unsere Waren verbargen, mitten unter einer Anzahl von Schiffen an, die an den beiden Ufern der Rhone von Beaucaire bis Arles lagen. Hier begannen wir nächtlicherweile unsere verbotenen Waren auszuschiffen und durch die

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