Der Graf von Monte Christo
bereiten.
Dann heiraten Sie das Fräulein nicht, sagte der Graf.
Ich werde es versuchen; nicht wahr, Sie geben mir Ihren Rat, und wenn es Ihnen möglich ist, entziehen Sie mich dieser Verlegenheit? Oh! um meiner vortrefflichen Mutter keinen Kummer zu bereiten, würde ich es, glaube ich, sogar auf einen Konflikt mit meinem Vater ankommen lassen.
Monte Christo wandte sich ab, er schien bewegt.
Ei! sagte er zu Debray, der auf einem weichen Polsterstuhl am Ende des Salons saß und in der rechten Hand einen Bleistift, in der linken ein Notizbuch hielt, ei! was machen Sie denn? Eine Skizze nach Poussin?
Ich? Nein, ich mache ganz das Gegenteil davon, ich mache Zahlen und zwar solche, die Sie unmittelbar angehen, Vicomte. Ich berechne, was das Haus Danglars bei dem letzten Steigen der Hayti-Papiere gewinnen mußte; von 206 stiegen sie in drei Tagen auf 499, und der kluge Bankier hatte viel um 206 gekauft. Er muß 300 000 Franken gewonnen haben.
Das ist noch nicht sein bester Treffer, sagte Morcerf; hat er nicht in diesem Jahre eine Million mit spanischen Bons gewonnen?
Sie sprechen von Hayti? fragte Monte Christo.
Oh! Hayti, das ist das Wunderland der französischen Börsenspieler. So hat Herr Danglars gestern zu 409 verkauft und steckt 300 000 Franken ein, hätte er bis heute gewartet, so würde er, da die Papiere wieder auf 205 gesunken sind, statt 300 000 Franken zu gewinnen, 25 000 Franken verloren haben.
Und warum sind diese Papiere von 409 auf 205 gefallen? fragte Monte Christo. Entschuldigen Sie, ich verstehe von allen diesen Börsengeschäften nicht das geringste.
Weil die Nachrichten sich folgen, aber nicht sich gleichen, antwortete Albert lachend.
Ah Teufel! rief der Graf, Herr Danglars spielt also so hoch, daß er an einem Tage 300 000 Franken gewinnen oder verlieren kann! Da muß er ja ungeheuer reich sein?
Er selbst spielt gar nicht, rief Lucien lebhaft, Frau Danglars tut es; sie riskiert wahrhaftig alles.
Aber Sie, der Sie ein vernünftiger Mann sind, Lucien, Sie, der Sie wissen, wie unzuverlässig die Nachrichten sind, der Sie an der Quelle sitzen, Sie sollten sie davon abhalten, sagte Morcerf lächelnd.
Wie vermöchte ich dies, da es ihrem Manne nicht gelingt? fragte Lucien. Sie kennen den Charakter der Baronin; niemand hat Einfluß auf sie, und sie tut durchaus nur, was sie will.
Oh! wenn ich an Ihrer Stelle wäre, sagte Albert, ich wollte sie heilen; das hieße ihrem künftigen Schwiegersohne einen Dienst leisten.
Wieso?
Ah, bei Gott! das ist sehr einfach. Ich würde ihr eine Lektion geben. Ihre Stellung als Sekretär des Ministers verleiht Ihren Äußerungen großes Gewicht; Sie dürfen nur den Mund öffnen, und die Wechselagenten stenographieren so schnell als möglich Ihre Worte. Lassen Sie nun die Baronin hunderttausend Franken Schlag auf Schlag verlieren, und sie wird klug werden.
Ich begreife nicht, stammelte Lucien.
Es ist doch ganz klar, erwiderte der junge Mann mit durchaus echter Naivität. Teilen Sie ihr an einem schönen Morgen irgend etwas Unerhörtes mit, eine telegraphische Nachricht, die nur Sie allein wissen können, zum Beispiel: Heinrich IV. sei gestern bei Gabrielle gesehen worden; das läßt die Fonds steigen, sie richtet ihren Börsenhandel danach ein und verliert sicherlich, wenn Beauchamp den andern Tag in seiner Zeitung schreibt: Mit Unrecht behaupten wohlunterrichtete Leute, König Heinrich IV. sei gestern bei Gabrielle gesehen worden; dies ist völlig unrichtig; König Heinrich IV. hat den Pont-Neuf nicht verlassen.
Lucien spitzte den Mund zu einem Lächeln. Obgleich scheinbar gleichgültig, hatte Monte Christo doch kein Wort von dieser Unterhaltung verloren, und sein durchdringendes Auge hatte sogar hinter der Verlegenheit des Sekretärs ein Geheimnis zu entdecken geglaubt.
Es war eine Folge dieser Verlegenheit, von der Albert nicht das geringste wahrnahm, daß Lucien seinen Besuch abkürzte; er fühlte sich offenbar unbehaglich. Der Graf sagte ihm, während er ihn bis zur Tür geleitete, mit leiser Stimme ein paar Worte, worauf er erwiderte: Sehr gern, Herr Graf, ich nehme es an.
Der Graf kehrte zu Albert von Morcerf zurück und sagte:
Denken Sie nicht, wenn Sie sich die Sache überlegen, daß Sie unrecht gehabt haben, so über Ihre Schwiegermutter in Gegenwart des Herrn Debray zu reden?
Ich bitte, Graf, versetzte Morcerf, sagen Sie dieses Wort nicht mehr.
Wahrhaftig und ohne Übertreibung, ist die Gräfin in diesem Grade gegen die Heirat
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