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Der Graf von Monte Christo

Der Graf von Monte Christo

Titel: Der Graf von Monte Christo Kostenlos Bücher Online Lesen
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haben diesen Brief niemand gezeigt? fragte Villefort, während er las und immer mehr erbleichte.
    Niemand, mein Herr, auf Ehre!
    Niemand weiß, daß Sie der Träger eines von Elba kommenden und an Herrn Noirtier adressierten Briefes waren?
    Niemand, mit Ausnahme dessen, der ihn mir zugestellt hat.
    Das ist zuviel, das ist noch zuviel! murmelte Villefort, und seine Stirn verdüsterte sich immer mehr, je näher er dem Ende des Briefes kam. Seine bleichen Lippen, seine zitternden Hände, seine glühenden Augen erregten in Dantes die traurigsten Befürchtungen. Nachdem Villefort vollends ausgelesen hatte, ließ er sein Haupt in seine Hände sinken und blieb einen Augenblick unbeweglich.
    Oh, mein Gott! was ist Ihnen denn? fragte Dantes schüchtern.
    Villefort antwortete nicht; aber nach einer Minute richtete er seinen bleichen, verstörten Kopf wieder auf, las den Brief zum zweitenmale und sagte dann: Und Sie sagen, Sie wissen nichts von dem Inhalte des Briefes?
    Ich wiederhole Ihnen bei meiner Ehre, ich weiß nichts davon, antwortete Dantes; aber mein Gott, was haben Sie denn? Sie sind unwohl! Soll ich läuten? Soll ich rufen?
    Nein, antwortete Villefort, rasch aufstehend, rühren Sie sich nicht, sprechen Sie kein Wort! Ich brauche nichts, ein vorübergehender Schwindel, nichts mehr. Antworten Sie!
    Dantes erwartete das Verhör, das diese Frage ankündigte, aber vergebens. Villefort fiel auf seinen Stuhl zurück, fuhr mit eisiger Hand über seine mit Schweiß übergossene Stirn, las den Brief zum drittenmale und sagte zu sich selbst: Ah, wenn er weiß, was dieser Brief enthält, und wenn er je erfährt, daß Noirtier mein Vater ist, so bin ich verloren, auf immer verloren.
    Und von Zeit zu Zeit schaute er Edmond an, als hättesein Blick die unsichtbare Schranke durchbrechen können, welche im Herzen die Geheimnisse verbirgt, die der Mund bewahrt.
    Wir dürfen nicht mehr daran zweifeln! rief er plötzlich.
    Aber in des Himmels Namen, sagte der unglückliche junge Mann, wenn Sie an mir zweifeln, wenn Sie einen Verdacht gegen mich haben, so fragen Sie mich, und ich bin bereit zu antworten. i
    Villefort raffte sich mit einer heftigen Anstrengung auf und sagte mit einem Tone, dem er Sicherheit verleihen wollte: Herr Dantes, die schwersten Anschuldigungen entspringen für Sie aus diesem Verhöre. Es steht also nicht in meiner Gewalt, wie ich anfangs gehofft habe, Sie in Freiheit zu setzen. Ehe ich eine solche Maßregel treffe, muß ich mich mit dem Untersuchungsrichter beraten. Sie haben ja bisher gesehen, wie ich gegen Sie verfahren bin.
    Ja, mein Herr! rief Dantes, und ich danke Ihnen, denn Sie sind für mich eher ein Freund als ein Richter gewesen.
    Nun wohl, ich werde Sie noch einige Zeit, doch so kurze Zeit als nur immer möglich, gefangen halten. Die Hauptanklage gegen Sie liegt in diesem Briefe, und Sie sehen ...
    Villefort näherte sich dem Kamin, warf ihn ins Feuer und blieb dabei stehen, bis er völlig in Asche verwandelt war.
    Und Sie sehen, fuhr er fort, daß ich ihn vernichte. Doch hören Sie mich, nach einer solchen Handlung müssen Sie natürlich Zutrauen zu mir haben, nicht wahr?
    Oh, befehlen Sie, ich werde Ihre Befehle befolgen!
    Nein, sagte Villefort, sich dem jungen Mann nähernd, nein, ich will Ihnen keinen Befehl, sondern einen guten Rat geben. Ich will Sie bis heute abend hier im Justizpalaste behalten; vielleicht wird ein anderer kommen und Sie befragen. Sagen Sie ihm alles, was Sie mir gesagt haben, aber kein Wort von diesem Briefe!
    Ich verspreche es Ihnen.
    Villefort sprach in bittendem Tone, und der Angeklagte beruhigte den Richter.
    Sie begreifen, sagte er, einen Blick auf die Asche werfend, die noch die Form des Papiers bewahrte, nun, da dieser Brief vernichtet ist, wissen nur Sie und ich allein von seiner Existenz, und er kann Ihnen nie wieder vorgelegt werden. Verleugnen Sie ihn, wenn man davon spricht, verleugnen Sie ihn keck, und Sie sind gerettet!
    Seien Sie unbesorgt, ich werde leugnen, sagte Dantes.
    Gut, gut, versetzte Villefort und fuhr mit der Hand nach einer Klingelschnur. In dem Augenblicke aber, wo er läuten wollte, hielt er wieder inne und sagte: Es war der einzige Brief, den Sie hatten?
    Der einzige.
    Schwören Sie?
    Dantes streckte die Hand aus und sagte: Ich schwöre.
    Villefort läutete. Der Polizeikommissar trat ein. Villefort sagte dem Beamten einige Worte ins Ohr. Der Kommissar antwortete mit einer Bewegung des Kopfes.
    Folgen Sie dem Herrn! sagte Villefort zu

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