Der Graf von Monte Christo
wunderbare Weise an das Zimmer der Desdemona erinnerte. Bei Gott, da wir mit dem Mittagsmahl fertig sind, muß ich es Ihnen zeigen, dann gehen wir in den Garten und nehmen dort den Kaffee. Monte Christo befragte seine Gäste durch ein Zeichen. Frau von Villefort stand auf, Monte Christo tat dasselbe, und die andern folgten dem Beispiel.
Villefort und Frau Danglars blieben einen Augenblick wie an ihre Plätze genagelt, sie befragten sich mit kalten, stummen, eisigen Augen.
Haben Sie gehört? fragte Frau Danglars.
Wir müssen gehen, antwortete Villefort, aufstehend und ihr den Arm reichend.
Es hatten sich bereits alle Gäste, von Neugierde getrieben, gesammelt, denn man dachte wohl, der Besuch würde sich nicht auf dieses Zimmer beschränken, und man würde zugleich die übrigen Teile der ehemaligen Baracke, aus der Monte Christo einen Palast gemacht hatte, durchwandern. Jeder eilte durch die offene Tür. Monte Christo wartete auf die Zögernden; als sie ebenfalls hinausgegangen waren, schloß er den Zug mit einem Lächeln, das seine Gäste, wenn sie es hätten begreifen können, ganz anders in Schrecken gesetzt haben würde, als das Zimmer, das man betreten sollte. Man durchschritt nach und nach die auf orientalische Weise ausgestatteten Räume und die mit den schönsten Gemälden alter Meister geschmückten Salons; endlich gelangte man in das berüchtigte Gemach.
Es zeigte nichts Besonderes, als daß es, obgleich der Tag sich neigte, nicht erleuchtet war und sein altes Aussehen beibehalten hatte, während alle übrigen Zimmer in gänzlich neuem Schmucke erschienen. Diese zwei Ursachen genügten in der Tat, ihm eine düstere Farbe zu verleihen.
Hu; rief Frau von Villefort, das ist in der Tat schauerlich.
Frau Danglars suchte ein paar Worte zu stammeln, die man nicht verstand. Verschiedene Bemerkungen flogen durcheinander und bestätigten insgesamt, das Zimmer mit dem roten Damast habe ein unheilschwangeres Aussehen.
Nicht wahr? sagte Monte Christo. Schauen Sie nur, wie dieses Bett sonderbar gestellt ist, welch eine düstere, blutige Tapete! Und diese beiden Porträts mit ihren infolge der Feuchtigkeit verblichenen Augen, scheinen ihre blassen Lippen und ihre irren Augen nicht zu sagen: Ich habe gesehen?
Villefort wurde leichenbleich, und Frau Danglars fiel auf einen in der Nähe des Kamins stehenden Stuhl.
Oh! haben Sie wirklich den Mut, sich auf diesen Stuhl zu setzen, worauf das Verbrechen vielleicht begangen worden ist? fragte Frau von Villefort lächelnd.
Frau Danglars stand rasch auf.
Und das ist noch nicht alles, sagte Monte Christo.
Was gibt es denn noch? fragte Debray, dem Frau Danglars Aufregung nicht entging.
Sehen Sie doch diese kleine Treppe, sagte Monte Christo, eine in der Tapete verborgene Tür öffnend, schauen Sie, und sagen Sie mir, was Sie davon denken!
Welch unheilschwangere Stufen! rief lachend Chateau-Renaud.
Ich weiß in der Tat nicht, ob es der Wein von Chios ist, der so schwermütig macht, aber ich sehe dieses Haus allerdings ganz schwarz, sagte Debray.
Morel war, seit von Valentines Mitgift die Rede gewesen war, traurig geblieben und hatte kein Wort mehr gesprochen.
Denken Sie sich einen Othello oder irgend einen Abbé von Ganges, sagte Monte Christo, der Schritt für Schritt in einer finstern, stürmischen Nacht mit einer unseligen Bürde, die er, wenn nicht dem Auge Gottes, doch dem Blicke der Menschen zu entziehen eilig bemüht wäre, diese Treppe hinabginge.
Frau Danglars wurde halb ohnmächtig am Arme Villeforts, der sich selbst an die Wand lehnen mußte.
Ah! mein Gott, gnädige Frau, was haben Sie denn? rief Debray, wie bleich werden Sie!
Was sie hat? Das ist ganz einfach, versetzte Frau von Villefort; Herr von Monte Christo erzählt uns schreckliche Geschichten, ohne Zweifel, damit wir vor Furcht sterben sollen. Ja wohl, sagte Villefort. In der Tat, Graf, Sie erschrecken die Damen.
Was haben Sie denn? fragte Debray wiederholt Frau Danglars.
Nichts, nichts, erwiderte diese, nicht ohne eine gewisse Anstrengung, ich bedarf nur der Luft.
Wollen Sie in den Garten hinabgehen? fragte Debray, Frau Danglars seinen Arm bietend und auf die Geheimtreppe zuschreitend.
Nein, nein, antwortete sie, ich will lieber hier bleiben!
Ist dieser Schrecken in der Tat ernst, gnädige Frau? sagte Monte Christo.
Nein, mein Herr, erwiderte Frau Danglars; doch Sie haben eine Art, die Dinge an die Wand zu malen, welche die Illusion zur Wirklichkeit macht.
Oh! Gott, ja, sagte Monte
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