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Der Graf von Monte Christo

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Titel: Der Graf von Monte Christo Kostenlos Bücher Online Lesen
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Franz versicherte, antwortete Albert. Doch das Alter ist es nicht, was sie getötet hat, sondern der Kummer über den Tod des Marquis; es scheint, daß sie seit diesem Tode, der sie aufs heftigste erschütterte, nicht mehr völlig zur Vernunft gekommen ist.
    Doch, woran ist sie denn gestorben? fragte Debray.
    An einer Hirnkongestion, wie es scheint, oder an einem Schlagflusse.
    Schlagfluß, versetzte Beauchamp, das ist schwer zu glauben. Frau von Saint-Meran, die ich ebenfalls ein- oder zweimal in meinem Leben gesehen habe, war klein, von schwächlicher Gestalt und von mehr nervöser als sanguinischer Konstitution. Daß ein solcher Körper einem Schlagfluß erliegt, ist sehr selten.
    Wie dem auch sein mag, sagte Albert, mag sie der Arzt oder die Krankheit getötet haben, Herr von Villefort oder Fräulein Valentine oder vielmehr unser Freund Franz ist nun im Besitze einer herrlichen Erbschaft, achtzigtausend Franken Rente, glaube ich.
    Eine Erbschaft, die sich beim Tode des alten Jakobiners Noirtier beinahe verdoppelt.
    Das nenne ich einen hartnäckigen Großvater, versetzte Beauchamp. Tenacem propositi virum. Er hat, glaube ich, gegen den Tod gewettet, er würde alle seine Erben beerdigen, und es wird ihm, meiner Treu, gelingen. Er ist das alte Konventsmitglied von 93, das im Jahr 1814 zu Napoleon sagte: Sie sinken, weil Ihr Kaiserreich ein junger, durch zu schnelles Wachsen saftlos gewordener Stamm ist. Nehmen Sie die Republik zum Vormund! Lassen Sie uns mit einer guten Konstitution auf die Schlachtfelder zurückkehren! Und ich verspreche Ihnen 500 000 Soldaten, ein neues Marengo und ein zweites Austerlitz. Die Ideen sterben nicht, Sire, sie schlummern zuweilen, aber sie erwachen stärker, als sie vor dem Einschlafen gewesen sind.
    Es scheint, für ihn sind die Menschen, wie die Ideen; nur eines beunruhigt mich, ich möchte wissen, wie sich Franz d'Epinay in einen Großschwiegervater fügen wird, der seine Frau nicht entbehren kann. Doch wo ist Franz?
    Im ersten Wagen mit Herrn von Villefort, der ihn bereits als zur Familie gehörig betrachtet.
    In jedem von den Wagen, die dem Leichenbegängnis folgten, fand ungefähr dasselbe Gespräch statt; man staunte über die beiden so plötzlich und so rasch hintereinander eingetretenen Todesfälle; doch in keinem ahnte man das furchtbare Geheimnis, das Herr d'Avrigny bei seinem nächtlichen Spaziergang Herrn von Villefort mitgeteilt hatte.
    Nach ungefähr einer Stunde gelangte man an das Tor des Friedhofes; es herrschte eine ruhige, aber düstere Witterung, die mit der eben stattfindenden Trauerfeierlichkeit im Einklange stand. Unter den Gruppen, die sich nach dem Familiengrabgewölbe wandten, erkannte Chateau-Renaud Morel, der ganz allein und im Kabriolett gekommen war; er ging, sehr bleich und schweigsam, auf dem schmalen, mit Eibenbäumen eingefaßten Pfade.
    Sie hier? sagte Chateau-Renaud, seinen Arm unter den des jungen Kapitäns legend; Sie kennen also Herrn von Villefort? Wie kommt es denn, daß ich Sie nie bei ihm gesehen habe?
    Ich kenne Herrn von Villefort nicht, entgegnete Morel, aber ich kannte Frau von Saint-Meran.
    In diesem Augenblick trat Albert mit Franz zu ihnen.
    Der Ort ist für eine Vorstellung schlecht gewählt, sagte Albert; doch gleichviel, wir sind nicht abergläubisch. Herr Morel, erlauben Sie mir, Ihnen Herrn Franz d'Epinay, einen vortrefflichen Reisegesellschafter, vorzustellen, mit dem ich Italien durchwandert habe. Mein lieber Franz, Herr Maximilian Morel, ein vortrefflicher Freund, den ich mir in deiner Abwesenheit erworben, und dessen Namen du in meiner Unterhaltung so oft hören wirst, als ich von Geist, Herz und Liebenswürdigkeit zu sprechen habe.
    Morel war einen Augenblick unentschieden. Er fragte sich, ob nicht die freundliche Begrüßung eines Mannes, den er insgeheim bekämpfte, eine verdammenswerte Heuchelei sei; doch im Gedanken an seinen Schwur bemühte er sich, nichts auf seinem Gesichte durchblicken zu lassen, und grüßte ruhig.
    Fräulein von Villefort ist wohl sehr traurig? sagte Debray zu Franz.
    Oh! mein Herr, sie ist unaussprechlich traurig; heute morgen war sie so entstellt, daß ich sie kaum erkannte.
    Die scheinbar so wenig besagenden Worte brachen Morel das Herz. Dieser Mensch hatte also Valentine gesehen, er hatte mit ihr gesprochen!
    Der junge aufbrausende Offizier bedurfte seiner ganzen Kraft, um dem Verlangen, seinen Schwur zu brechen, zu widerstehen. Er nahm Chateau-Renaud am Arm und zog ihn rasch nach dem

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