Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Graf von Monte Christo

Der Graf von Monte Christo

Titel: Der Graf von Monte Christo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Vom Netzwerk:
Dann befragte sie den Blick des Gelähmten, der sich auf die Schublade eines kleinen, zwischen zwei Fenstern stehenden Schrankes heftete. Als sie diesen Schlüssel herausgenommen, wandten sich die Augen des Gelähmten nach einem alten, seit Jahren vergessenen Sekretär.
    Soll ich den Sekretär öffnen? fragte Valentine. Ja, machte der Greis.
    Soll ich die Schubladen öffnen? – Ja.
    Die mittlere? – Ja.
    Valentine öffnete und zog ein Bündel Papiere heraus.
    Ist das, was Sie wünschen, guter Vater? fragte sie.
    Der Greis schüttelte den Kopf, und sie zog nach und nach alle anderen Papiere heraus.
    Aber die Schublade ist nun leer, sagte sie.
    Noirtiers Augen hefteten sich auf das Wörterbuch.
    Ja, guter Vater, ich begreife Sie, sagte das Mädchen.
    Und sie fing an die Buchstaben des Alphabets nacheinander herzusagen; bei dem Buchstaben G hielt sie Noirtier an.
    Ah! Ein geheimes Fach? – Ja, machte Noirtier.
    Und wer kennt es?
    Noirtier schaute nach der Tür, durch welche der Bediente weggegangen war.
    Barrois? sagte sie. – Ja, machte Noirtier.
    Valentine ging an die Tür und rief Barrois. Während dieser Zeit floß der Schweiß der Ungeduld von Villeforts Stirn, während Franz im höchsten Maße erstaunt zu sein schien. Der alte Diener trat ein.
    Barrois, sagte Valentine, mein Großvater hat mir befohlen, diesen Sekretär zu öffnen und dieses Schubfach herauszuziehen; nun ist bei diesem Schubfach ein Geheimnis, das Sie, wie es scheint, kennen; öffnen Sie!
    Barrois gehorchte; ein doppelter Boden öffnete sich, und es wurden mehrere mit schwarzem Band umwickelte Papiere sichtbar.
    Wünschen Sie das, mein Herr? fragte Barrois. – Ja.
    Wem soll ich diese Papiere übergeben, Herrn von Villefort? – Nein.
    Fräulein Valentine? – Nein.
    Herrn Franz d'Epinay? – Ja.
    Franz machte erstaunt einen Schritt vorwärts und sagte:
    Mir, mein Herr? – Ja.
     

     
    Franz empfing die Papiere aus Barrois' Händen und las die Aufschrift: Nach meinem Tode bei meinem Freunde, dem General Durand, zu hinterlegen, der sterbend dieses Paket seinem Sohne mit der Einschärfung vermachen wird, dasselbe, da es ein Papier von der größten Wichtigkeit enthält, aufzubewahren.
    Nun, mein Herr? fragte Franz, was soll ich mit diesem Papier machen?
    Sie sollen es ohne Zweifel versiegelt, wie es ist, behalten, sagte der Staatsanwalt.
    Nein, nein, erwiderte der Greis lebhaft.
    Sie wünschen vielleicht, daß es der Herr lesen möge? fragte Valentine.
    Ja, antwortete der Greis.
    Sie hören, Herr Baron? Mein Großvater bittet Sie, dieses Papier zu lesen, sagte Valentine.
    So setzen wir uns, sagte Villefort voll Ungeduld, denn das wird lange dauern.
    Villefort setzte sich, aber Valentine blieb neben ihrem Großvater, auf seinen Lehnstuhl gestützt, stehen, und Franz stand vor ihr und hielt das geheimnisvolle Papier in der Hand.
    Lesen Sie! sagten die Augen des Greises.
    Franz machte den Umschlag los, und es trat eine tiefe Stille in dem Zimmer ein. Inmitten dieser Stelle las er:
     
    Auszug aus den Protokollen einer Sitzung des bonapartistischen Klubs der Rue Saint-Jacques, gehalten im 5. Febr. 1815.
     
    Franz hielt inne.
    Am 5. Februar 1815, sagte er, das ist der Tag, an dem mein Vater ermordet wurde!
    Valentine und Villefort blieben stumm; nur das Auge des Greises sprach klar: Fahren Sie fort! Franz las weiter:
     
    Die Unterzeichneten, Louis Beauregard, Generalleutnant der Artillerie, Etienne Duchampy, Brigadegeneral, und Claude Lecharpale, Direktor der Forsten, erklären, daß am 4. Februar 1815 ein Brief von der Insel Elba ankam, der dem Wohlwollen und dem Vertrauen der Mitglieder des bonapartistischen Klubs den General Flavier von Quesnel empfahl, der dem Kaiser von 1805 bis 1814 gedient hatte und der Napoleonischen Dynastie trotz des Baronentitels, den ihm Ludwig XVIII. soeben unter Benutzung des Namens seines Landgutes Epinay verliehen hatte, völlig ergeben sein mußte. Demzufolge wurde ein Schreiben an den General von Quesnel gerichtet, worin man ihn bat, der Sitzung am fünften beizuwohnen. Das Schreiben gab weder die Straße noch die Hausnummer an, wo die Versammlung stattfinden sollte: es hatte seine Unterschrift und teilte dem General nur mit, wenn er sich bereit halten wolle, so werde man ihn um neun Uhr abends abholen. Um neun Uhr abends erschien der Präsident des Klubs bei dem General: der General war bereit. Der Präsident bemerkte ihm, es sei eine der Bedingungen seiner Einführung, daß er nie den Ort der Zusammenkunft

Weitere Kostenlose Bücher