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Der Graf von Monte Christo

Der Graf von Monte Christo

Titel: Der Graf von Monte Christo Kostenlos Bücher Online Lesen
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dem vortrefflichen Rum, den ich gekostet, denn ich habe lange nichts zu mir genommen.
    Man brachte Dantes ein Stück Brot, und Jacopo reichte ihm die Flasche.
    Halt, fragte der Patron, was ist im Kastell If los?
    Eine kleine weiße Wolke war soeben an der südlichen Bastei des Kastells sichtbar geworden, und eine Sekunde nachher erstarb der Lärm eines entfernten Knalles an Bord der Tartane. Die Matrosen schauten einander an.
    Es wird ein Gefangener in dieser Nacht entwichen sein, und man feuert die Lärmkanone ab, sagte Dantes.
     

     
    Der Patron warf dem jungen Mann, der die Kürbisflasche an den Mund gesetzt hatte, einen prüfenden Blick zu;aber er sah ihn den Trank mit solcher Ruhe schlürfen, daß er keinen Verdacht hegte.
    Euer Rum ist teufelmäßig stark, sagte Dantes, mit dem Hemdärmel seine von Schweiß triefende Stirn abtrocknend.
    Ist er es, murmelte der Kapitän, ihn anschauend, desto besser, ich habe in jedem Fall einen tüchtigen Mann bekommen.
    Unter dem Vorwande der Müdigkeit bat Dantes, sich ans Steuerruder setzen zu dürfen. Sehr erfreut, seiner Funktionen überhoben zu sein, fragte der Ruderführer den Patron mit dem Auge, und dieser bedeutete ihm durch ein Zeichen, er könne den Helmstock seinem neuen Gefährten übergeben.
    Den wievielten haben wir? fragte Dantes Jacopo, der sich zu ihm gesetzt hatte.
    Den 28. Februar, antwortete dieser.
    Und welches Jahr? fragte Dantes.
    Welches Jahr? Ihr fragt, welches Jahr wir haben?
    Was wollt Ihr, sagte Dantes, ich habe diese Nacht eine solche Angst ausgestanden, daß mein Gedächtnis noch völlig gestört ist.
    Das Jahr 1829, sagte Jacopo.
    Es waren auf den Tag vierzehn Jahre, daß man Dantes verhaftet hatte. Mit neunzehn Jahren war er in das Kastell If gekommen, und er verließ es mit dreiunddreißig Jahren. Ein schmerzliches Lächeln zog über seine Lippen hin; er fragte sich, was aus Mercedes während dieser Zeit, wo sie ihn hatte für tot halten müssen, geworden sei. Dann entzündete sich ein Blitz des Hasses in seinen Augen, indem er an die drei Menschen dachte, denen er eine so lange und grausame Gefangenschaft zu verdanken hatte, und er erneuerte gegen Danglars, Fernand und Villefort den Schwur unversöhnlicher Rache, den er im Gefängnis geleistet hatte; und sein Schwur war jetzt keine leere Drohung mehr, denn zu dieser Stunde hätte der beste Schnellsegler im Mittelländischen Meer sicherlich die kleine Tartane nicht mehr einholen können, die mit voller Kraft nach Livorno fuhr.

Die Schmuggler.
     
    Dantes war noch keinen Tag an Bord, als er bereits wußte, mit wem er es zu tun hatte, er befand sich an Bord eines Schmugglerschiffes. Der Patron hatte ihn auch anfangs mit einem gewissen Mißtrauen aufgenommen; er war allen Zollbeamten der Küste sehr wohl bekannt, und da zwischen diesen Herren und ihm selbst ein beständiger Wettkampf in Listen stattfand, so meinte er zuerst, Dantes sei nichts als ein Zollspion. Die glänzende Art und Weise jedoch, wie Dantes aus der Prüfung hervorgegangen war, hatte ihn völlig von dessen Vertrauenswürdigkeit überzeugt. Als er sodann den leichten Rauch über der Bastei des Kastells If schweben sah, dachte er einen Augenblick, er hätte einen von denen an Bord genommen, denen man, wie den Königen bei ihren Ein- und Auszügen, bei ihrem Ausrücken die Ehre des Kanonierens zuteil werden ließ. Dies beunruhigte ihn schon weniger, als wenn der Ankömmling ein Zöllner gewesen wäre; doch die zweite Mutmaßung verschwand bald wie die erste angesichts der vollkommenen Ruhe seines Rekruten.
    Edmond hatte also den Vorteil, zu wissen, was sein Patron war, ohne daß sein Patron wissen konnte, was er war. Von welcher Seite ihn auch der alte Seemann und seine Kameraden angriffen, er gab nicht nach und machte kein Geständnis, sondern erzählte nur viel von Neapel und Malta, das er so gut wie Marseille kannte, und er hielt seine erste Angabe mit einer Festigkeit aufrecht, die seinem Gedächtnis Ehre machte. Es ließ sich also der Genueser trotz seiner Pfiffigkeit von Dantes betören, zu dessen Gunsten überdies sein bescheidenes Auftreten und seine nautische Erfahrenheit sprachen. So gelangte man nach Livorno.
    Hier mußte Edmond eine erste Probe machen; er mußte sehen, ob er sich nach den vierzehn Jahren, die er sich nicht gesehen, selbst wiedererkannte. Er hatte eine ziemlich genaue Erinnerung von dem bewahrt, was er als Jüngling gewesenwar, und es drängte ihn, zu wissen, wie er als Mann aussah. Er trat daher bei

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