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Der Graf von Monte Christo

Der Graf von Monte Christo

Titel: Der Graf von Monte Christo Kostenlos Bücher Online Lesen
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nach Marseille zurückgeführt zu werden! Was soll ich tun? Was soll ich sagen? Welche Fabel soll ich erfinden, mit der ich Glauben fände? Meist sind das Schleichhändler, halbe Piraten. Unter dem Vorwande der Küstenschiffahrt treiben sie Seeräuberei; sie werden mich lieber verkaufen als eine für sie nutzlose, wenn auch gute Handlung ausführen. Ich will warten ... Doch das Warten ist etwas Unmögliches; ich sterbe vor Hunger, in ein paar Stunden wird das Wenige, was mir von Kraft übrig geblieben ist, vollends verschwunden sein. Überdies naht die Stunde des Besuchs, man hat noch nicht Lärm gemacht. Vielleicht haben die Leute keinen Argwohn; ich kann mich für einen von den Matrosen des kleinen Schiffes ausgeben, das in der Nacht gescheitert ist. Das klingt nicht unwahrscheinlich; keiner wird zurückkehren, um mir zu widersprechen, denn das Meer hat sie alle verschlungen.
     

     
    Während Dantes diese Worte sprach, wandte er die Augen nach der Stelle, wo das kleine Schiff zerschellt war, und erbebte. Am Rande eines Felsens war die phrygische Mütze eines der schiffbrüchigen Matrosen hängen geblieben, und nahe dabei schwammen einige Trümmer des Kiels, träge Balken, die das Meer an den Fuß der Insel warf. Dantes' Entschluß war auf der Stelle gefaßt, er bedeckte sich denKopf mit der Mütze, warf sich in die See, ergriff einen von den Balken und wandte sich, um in die Fahrtlinie des Schiffes zu gelangen.
    Nun bin ich gerettet, murmelte er.
    Indessen näherten sich Schiff und Schwimmer einander unmerklich. Da erhob sich Dantes aus den Wellen und bewegte seine Mütze als Notzeichen, aber niemand bemerkte ihn auf dem Schiffe. Er wollte rufen, erkannte jedoch, als er mit dem Auge die Entfernung maß, daß seine Stimme nicht bis zum Schiffe gelangen konnte. Er wünschte sich nun Glück, daß er so vorsichtig gewesen war, sich auf einem Balken auszustrecken. Geschwächt, wie er war, hätte er sich vielleicht nicht auf dem Meere halten können, bis er die Tartane erreicht hatte; und fuhr die Tartane vorüber, ohne ihn zu sehen, so wäre er nicht im stande gewesen, die Küste zu gewinnen. Obgleich des Weges beinahe gewiß, den das Schiff verfolgte, begleitete es Dantes doch angstvoll mit seinen Augen bis zu der Minute, wo es nur noch einige hundert Meter entfernt war. Sogleich erhob er sich nun mit äußersterAnstrengung, daß er beinahe auf dem Wasser stand, bewegte seine Mütze in der Luft und schrie laut um Hilfe.
    Diesmal hörte und sah man ihn. Die Tartane unterbrach ihren Lauf und drehte nach seiner Seite; zu gleicher Zeit bemerkte er, daß man eine Schaluppe ins Meer ließ. Einen Augenblick nachher steuerte die Schaluppe, mit zwei Matrosen bemannt, auf ihn zu. Dantes ließ nun den Balken los, dessen er nicht mehr zu bedürfen glaubte, und schwamm kräftig, um denen, die ihm entgegenkamen, den halben Weg zu ersparen. Der Schwimmer hatte indessen seinen Kräften zuviel zugemutet, seine Arme fingen an, steif zu werden, seine Beine hatten ihre Biegsamkeit verloren, seine Bewegungen wurden hart, seine Brust keuchte. Er stieß einen zweiten Schrei aus, die Ruderer verdoppelten ihre Tätigkeit, und einer von ihnen rief ihm italienisch »Mut!« zu. Das Wort drang in dem Augenblick zu ihm, als eine Woge, die er zu überwältigen nicht mehr Kraft hatte, über seinen Kopf hinging und ihn mit Schaum bedeckte.
    Er erschien wieder, stieß einen dritten Schrei aus und fühlte, wie er untersank, als hätte er noch die tödliche Kugel am Fuße. Das Wasser ging über seinen Kopf, und durch die Wellen sah er den bleifarbigen Himmel mit schwarzen Flecken. Ein gewaltiger Ruck brachte ihn auf die Oberfläche zurück. Es kam ihm vor, als ob man ihn bei den Haaren faßte, dann sah und hörte er nichts mehr; er war ohnmächtig. Als er die Augen wieder öffnete, lag er auf dem Verdeck der Tartane Amalie, die ihren Weg fortsetzte. Er achtete vor allem auf die Richtung, die sie verfolgte; man entfernte sich immer mehr vom Schlosse If.
    Dantes war so erschöpft, daß der Ausruf der Freude, den er von sich gab, für einen Schmerzensseufzer gehalten wurde; ein Matrose rieb ihm die Glieder mit einer wollenen Decke; ein anderer schob ihm die Mündung einer Kürbisflasche durch die Lippen; ein dritter, ein alter Seemann, der zugleich der Patron war, schaute ihn mitleidig an. EinigeTropfen Rum aus der Flasche belebten den geschwächten Magen des jungen Mannes, während die Reibungen, die der vor ihm knieende Matrose mit der Wolldecke an

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