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Der Graf von Monte Christo

Der Graf von Monte Christo

Titel: Der Graf von Monte Christo Kostenlos Bücher Online Lesen
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haben, die mit einer gewissen Regelmäßigkeit und ohne Zweifel in der Absicht, eine Spur anzudeuten, gemacht waren. Von Zeit zu Zeit verschwanden jedoch die Zeichen unter Myrtensträuchern, die sich in großen, mit Blüten bedeckten Büschen ausbreiteten, oder unter Schmarotzerpflanzen. Dann mußte Edmond die Zweige auf die Seite schieben oder die Moose aufheben, um die Merkmale zu finden, die ihn in diesem Labyrinthe leiteten. Diese Zeichen hatten übrigens Edmond frohe Hoffnung verliehen. Warum sollte sie nicht der Kardinal gemacht haben, damit sie im Falle einer Katastrophe, die er nicht hatte voraussehen können, seinem Neffen als Führer dienten? Der einsame Ort mußte wohl einem Manne zusagen, der einen Schatz vergraben wollte. Doch hatten die ungetreuen Zeichen nicht auch andere Augen angezogen, als die, für welche sie bestimmt waren, oder hatte die Insel mit den düsteren Wundern ihr herrliches Geheimnis treu bewahrt?
    Ungefähr sechzig Schritte vom Hafen kam es indessen Edmond, der durch die Gestalt des Bodens seinen Gefährten stets verborgen war, vor, als ob die Wegzeichen aufhörten, ohne daß sie jedoch in eine Grotte mündeten. Ein großer, runder, auf fester Grundlage ruhender Fels war das einzige Ziel, nach dem sie zu führen schienen. Edmond dachte, statt das Ziel erreicht zu haben, sei er vielleicht erst am Anfang;er kehrte daher wieder auf seinen Spuren zurück. Während dieser Zeit bereiteten seine Gefährten das Frühstück, schöpften Wasser an der Quelle, brachten Brot und Früchte ans Land und ließen die junge Ziege braten. Gerade als sie diese von dem selbstgeschnitzten Bratspieß zogen, gewahrten sie Edmond, der, leicht und verwegen wie eine Gemse, von Fels zu Fels sprang; sie feuerten eine Flinte ab, um ihm das Signal zu geben. Der Jäger veränderte sogleich die Richtung und beeilte sich, zu ihnen zurückzulaufen. Aber in der Sekunde, wo alle mit den Augen seinem Laufe folgten, wobei ihnen seine Gewandtheit als Verwegenheit erschien, glitt Edmond aus, als hätte er es darauf abgesehen, ihre Befürchtungen zu rechtfertigen; er strauchelte, stieß einen Schrei aus und verschwand.
    Alle sprangen gleichzeitig auf, denn alle liebten Edmond; Jacopo kam zuerst an Ort und Stelle. Er fand den Gesuchten blutend und fast bewußtlos daliegend; der Arme war von einer Höhe von fünfzehn Fuß herabgerollt. Nachdem man ihm einige Tropfen Rum eingeflößt hatte, schlug er die Augen wieder auf und beklagte sich über heftigen Schmerz am Knie, über große Schwere des Kopfes und über unerträgliche Stiche in den Lenden. Man wollte ihn ans Gestade bringen; als man ihn aber berührte, erklärte er seufzend, er fühle sich nicht kräftig genug, den Transport zu ertragen. Er behauptete, er brauche für sich nur ein wenig Ruhe, und forderte seine Kameraden auf, zu ihrem Frühstück zurückzukehren. Die Matrosen ließen sich nicht zu sehr bitten, sie hatten Hunger, der Geruch der jungen Ziege drang bis zu ihnen, und unter Seebären ist man nicht sehr förmlich.
    Nach einer Stunde kamen sie zurück. Edmond hatte sich inzwischen nur durch einen Raum von etwa zehn Schritten schleppen können und sich dort an einen moosigen Felsen gelehnt. Die Schmerzen hatten noch an Heftigkeit zugenommen. Da er seine Ladung am Morgen zwischen Piemont und Frankreich, zwischen Nizza und Frejus niederlegen mußte, forderteder alte Patron Dantes dringend auf, er möge sich zu erheben versuchen. Dantes machte übermenschliche Anstrengungen, um dieser Aufforderung zu entsprechen; doch bei jedem Versuche fiel er klagend und erbleichend zurück.
    Er hat die Lenden gebrochen, sagte ganz leise der Patron; gleichviel, er ist ein guter Kamerad, und wir dürfen ihn nicht verlassen; versuchen wir es, ihn auf die Tartane zu schaffen!
    Aber Dantes erklärte, daß er lieber auf der Stelle sterben wolle, als die grausamen Schmerzen ertragen, die ihm jede, auch die geringste Bewegung mache.
    Gut, sagte der Patron, komme, was da will! Man soll nicht sagen, daß wir einen braven Kameraden, wie Ihr seid, ohne Hilfe gelassen haben. Wir brechen erst heute abend auf.
    Dieser Entschluß setzte die Matrosen sehr in Erstaunen, aber keiner von ihnen bekämpfte ihn, im Gegenteil. Der Patron war ein so strenger Mann, daß man ihn bei dieser Veranlassung zum erstenmale auf ein Unternehmen Verzicht leisten, oder dessen Ausführung verzögern sah. Dantes wollte auch nicht leiden, daß man um seinetwillen die an Bord herrschende strenge Disziplin

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