Der Graf von Monte Christo
durchbreche.
Nein, sagte er zu dem Patron, ich war ungeschickt, und es ist billig, daß ich die Strafe für meine Ungeschicklichkeit erdulde. Laßt mir ein wenig Vorrat an Zwieback, eine Flinte, Pulver und Blei, um Ziegen zu erlegen oder um mich zu verteidigen, und eine Hacke, um mir, wenn Ihr mich zu lange hier laßt, eine Art Obdach herzurichten.
Aber du wirst Hungers sterben, erwiderte der Patron.
Lieber dies, sagte Edmond, als die unerhörten Schmerzen ertragen, die mir die geringste Bewegung verursacht.
Der Patron kehrte sich nach dem Schiffe um, das sich, bereit in die See zu gehen, in dem kleinen Hafen schaukelte.
Was sollen wir denn tun, Malteser? sagte er. Wir können dich nicht so verlassen und können doch auch nicht hier bleiben.
Geht! geht! rief Dantes.
Wir sind wenigstens acht Tage abwesend, entgegnete der Patron, und wir müssen auch von unserm Wege abgehen, um dich zu holen.
Hört, sagte Dantes, wenn Ihr in zwei bis drei Tagen von jetzt an irgend ein Fischerboot oder ein anderes Fahrzeug trefft, das in diese Gegend kommt, so empfehlt ihm an, mich zu holen; ich bezahle fünfundzwanzig Piaster für die Rückfahrt nach Livorno. Findet Ihr keins, so kommt selbst.
Der Patron schüttelte den Kopf.
Hört, Patron Baldi, es gibt ein Mittel, alles ins reine zu bringen, sagte Jacopo; geht Ihr, und ich bleibe bei dem Verwundeten, um ihn zu pflegen.
Und du leistest auf deinen Anteil am Gewinn Verzicht, um bei mir zu bleiben? sprach Edmond.
Ja, sehr gern.
Du bist ein braver Bursche, Jacopo, rief Edmond, und Gott wird dich für deinen guten Willen belohnen; aber ich brauche niemand und danke dir; ein oder zwei Tage Ruhe werden mich wieder herstellen, und ich hoffe, an diesen Felsen Kräuter zu finden, die für Quetschungen vortrefflich sind.
Ein seltsames Lächeln zog über Dantes' Lippen; er drückte Jacopo freundschaftlich die Hand, war aber unerschütterlich in seinem Entschlusse, allein zu bleiben. Die Schmuggler ließen Edmond Proviant und was er sonst verlangt hatte, zurück und entfernten sich sodann, wobei sie sich wiederholt umwandten und ihm freundschaftliche Zeichen machten, die Edmond nur mit der Hand erwiderte, da er den übrigen Körper nicht bewegen konnte. Als sie verschwunden waren, murmelte er lachend: Es ist sonderbar, daß man unter solchen Menschen Beweise von Freundschaft und Handlungen treuer Ergebenheit findet.
Dann schleppte er sich vorsichtig bis auf die Spitze eines Felsens, der ihm den Anblick des Meeres gewährte, und sah von hier aus die Tartane ihre Zurüstung vollenden, die Ankerlichten, sich anmutig wiegen wie eine Möve, die sich soeben zum Fluge anschickt, und abfahren. Nach Verlauf einer Stunde war sie völlig verschwunden; wenigstens wurde es auf der Stelle, wo der Verwundete weilte, unmöglich, sie zu sehen.
Dann erhob sich Dantes, geschmeidiger und leichter als eine junge Ziege, unter den Myrten und Mastixstauden auf dem wilden Gestein, nahm seine Flinte in eine Hand, seine Hacke in die andere und eilte nach dem Felsen, auf den die Kerben hinführten, die er zuvor wahrgenommen hatte.
Und nun, rief er, indem er sich der Geschichte des arabischen Fischers erinnerte, die ihm Faria erzählt hatte, nun öffne dich, Sesam!
Zweites Buch
Der Schatz.
Die Sonne hatte ungefähr ein Drittel ihres Tageslaufes zurückgelegt, und ihre Strahlen fielen warm und belebend auf die Felsen. Tausende von Grillen ließen im Heidekraut ihr eintöniges, unablässiges Zirpen vernehmen, und in der Ferne sah man auf den Felsen wilde Ziegen springen, die zuweilen einen Jäger auf die Insel locken; mit einem Worte, das Eiland war voll Leben. Dennoch fühlte sich Edmond allein in Gottes Hand, und es erfaßte ihn etwas wie Furcht. Dieses Gefühl war so stark, daß er, als er zur Arbeit schreiten wollte, innehielt, seine Hacke niederlegte, die Flinte wieder aufnahm, zum letztenmal den höchsten Felsen der Insel erstieg und einen weiten Blick über seine Umgebung warf. Alles, was er sah, beruhigte ihn; die Brigantine, die bei Tagesanbruch die Anker gelichtet hatte, war am Horizont verschwunden, die Tartane fuhr in entgegengesetzter Richtung an Korsika hin. Er faßte nun seine nähere Umgebung ins Auge. Kein Mensch war auf der Insel sichtbar, keine Barke an ihrem Gestade, nichts als das azurblaue Meer, das den Strand peitschte. Dann stieg er mit raschen Schritten, aber vorsichtig hinab; er hütete sich ängstlich vor einem Unfall, wie er ihn so geschickt und erfolgreich seinen Gefährten
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