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Der Graf von Monte Christo

Der Graf von Monte Christo

Titel: Der Graf von Monte Christo Kostenlos Bücher Online Lesen
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Anker, wo man Dantes an jenem Abend unseligen Andenkens nach dem Kastell If eingeschifft hatte.
    Nicht ohne ein gewisses Beben sah Dantes in dem Sanitätskahne einen Gendarmen auf sich zukommen. Doch mit der vollkommenen Sicherheit, die er erlangt hatte, reichte er ihm einen in Livorno erkauften englischen Paß, und mittels dieses fremden Ausweises, der in Frankreich viel mehr geachtet wird als der französische, stieg er ohne Schwierigkeit ans Land. Das erste, was er erblickte, als er den Fuß auf die Cannebière setzte, war einer von den ehemaligen Matrosen des Pharao . Er schritt gerade auf ihn zu und richtete mehrere Fragen an ihn, die der Matrose beantwortete, ohne nur entfernt durch seine Worte oder sein Gesicht vermuten zu lassen, daß er sich erinnerte, den Fremden je gesehen zu haben.
    Dantes setzte seinen Weg fort; jeder Schritt, den er tat, brachte eine neue Erschütterung in seinem Herzen hervor; alle Erinnerungen aus seiner Kindheit, unvertilgbare Erinnerungen, erhoben sich auf jedem Platze, an jeder Straßenecke. Als er an das Ende der Rue de Noailles gelangte und die Allées de Meillan erblickte, fühlte er, wie ihm die Knie versagten, und er wäre bald unter die Räder eines Wagens gefallen. Er kam zu dem Hause, das sein Vater bewohnt hatte. Hier lehnte er sich an einen Baum und schaute einen Augenblick nachdenkend den obersten Stock des armseligen Häuschens an; endlich ging er auf die Tür zu, überschritt die Schwelle, fragte, ob keine Wohnung frei sei, und drang, obgleich das Haus besetzt war, so lange in den Hausverwalter, bis dieser hinaufstieg und die Personen, die den obersten Stock bewohnten, im Namen eines Fremden um die Erlaubnis bat, ihre zwei Zimmer sehen zu dürfen.
    Die Personen, die den kleinen Raum bewohnten, waren ein junger Mann und eine junge Frau, die sich erst acht Tage vorher geheiratet hatten. Als Dantes diese jungen Leute sah, stieß er einen tiefen Seufzer aus. Nichts erinnerte ihn indessen an die Wohnung seines Vaters. Nur die Wände waren dieselben. Dantes kehrte sich nach dem Bette um; es stand an derselben Stelle wie das des früheren Mieters; Dantes' Augen befeuchteten sich unwillkürlich mit Tränen; auf diesem Platze mußte der Greis gestorben sein. Die zwei jungen Leute schauten voll Erstaunen den Mann mit der ernsten Stirn an, über dessen Wangen zwei große Tränen flossen, ohne daß sich sein Gesicht nur im geringsten veränderte. Aber da jeder Schmerz etwas Heiliges an sich hat, so richteten die jungen Leute keine Frage an den Unbekannten; sie zogen sich nur etwas zurück, um ihn ungestört weinen zu lassen, und da er sich entfernte, begleiteten sie ihn und sagten ihm, er könne wiederkommen, wann er wolle, und ihr armes Haus würde ihn jederzeit gastfreundlich aufnehmen. Als er am untern Stocke vorbeikam, blieb er vor einer Tür stehen und fragte, ob der Schneider Caderousse immer noch hier wohne; der Hausverwalter antwortete ihm jedoch, der Mann, von dem er spreche, habe schlechte Geschäfte gemacht und führe gegenwärtig die Gastwirtschaft zum Pont du Gard zwischen Bellegarde und Beaucaire.
    Dantes ging hinab, fragte nach der Adresse des Eigentümers des Hauses der Allées de Meillan, begab sich zu ihm, ließ sich als Lord Wilmore melden (auf diesen Namen lautete sein Paß) und kaufte ihm das Häuschen für die Summe von 25 000 Franken ab, was wenigstens 10 000 Franken mehr war, als es wert sein mochte. Aber Dantes würde eine halbe Million bezahlt haben, wenn man so viel dafür gefordert hätte.
    An demselben Tage wurden die jungen Leute des fünften Stockes durch den Notar, der den Vertrag gemacht hatte, benachrichtigt, daß ihnen der neue Eigentümer eine Wohnung im ganzen Hause nach ihrer Wahl überlasse, ohne ihren Mietzins zu erhöhen, unter der Bedingung, daß sie ihm die zwei Zimmer, die sie bewohnten, abträten. Dieses seltsame Ereignis beschäftigte acht Tage lang alle Bewohner der Allées de Meillan und gab zu tausend Vermutungen Anlaß, von denen keine der Wahrheit entsprach. Noch mehr Aufregung und Unruhe erregte es aber, daß man den Lord Wilmore im Dorfe der Katalonier umhergehen und in ein armseliges Fischerhäuschen eintreten sah, wo er mehr als eine Stunde blieb, um Erkundigungen über verschiedene Personen einzuziehen, die tot oder seit fünfzehn bis sechzehn Jahren verschwunden waren.
    Am andern Tage erhielten die Leute, bei denen er eingetreten war, eine ganz neue katalonische Barke zum Geschenk, die mit Schleppnetzen und allem, was man

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