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Der Graf von Monte Christo

Der Graf von Monte Christo

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seine von Schweiß triefende Stirn mit einem roten Tuche abwischend, auf die Tür zu und tat mit dem eisernen Ende seines Stockes drei Schläge auf die Schwelle.
    Sogleich erhob sich ein großer schwarzer Hund, bellend und seine weißen, scharfen Zähne zeigend. Alsdann erschütterte ein schwerer Tritt die hölzerne Treppe.
    Hier bin ich! sagte Caderousse ganz erstaunt, hier bin ich. Willst du schweigen, Margotin. Fürchten Sie sich nicht, Herr, er bellt, aber er beißt nicht. Was wünschen Sie, was verlangen Sie, Herr Abbé? Ich stehe zu Befehl.
    Der Priester schaute den Mann ein paar Sekunden lang mit seltsamer Aufmerksamkeit an, er schien sogar seinerseits die Aufmerksamkeit des Wirtes auf sich lenken zu wollen; als er aber sah, daß die Züge des letzteren kein anderes Gefühl ausdrückten, als ein Erstaunen darüber, daß er keine Antwort erhielt, sagte er mit stark italienischem Ton: Sind Sie nicht Monsou Caderousse?
    Ja, Herr, antwortete der Wirt noch mehr erstaunt, ich bin es in der Tat, Gaspard Caderousse, Ihnen zu dienen.
    Gaspard Caderousse? ... Ja ... ich glaube, das ist der Vorname, nicht wahr, Sie wohnten einst in der Allée de Meillan, im vierten Stocke? – Ja.
    Und Sie trieben dort das Gewerbe eines Schneiders?
    Ja, aber die Sache nahm eine schlimme Wendung. Es ist so heiß in dem spitzbübischen Marseille, daß man sich dort am Ende gar nicht mehr kleiden wird. Doch was die Hitze betrifft, wollen Sie sich nicht erfrischen, Herr Abbé?
    Allerdings! geben Sie mir eine Flasche von Ihrem besten Wein, und wir nehmen dann, wenn's Ihnen beliebt, das Gespräch wieder auf, wo wir es verlassen.
    Um die Gelegenheit nicht zu versäumen, eine von den letzten Flaschen Cahors-Wein, die ihm blieben, anzubringen, beeilte sich Caderousse, seinem Gast eine solche vorzusetzen. Als er nach Verlauf von fünf Minuten zurückkehrte, fand er den Abbé auf einem Schemel sitzend, den Ellenbogen auf den Tisch gestützt, während Margotin, der Frieden mit ihm gemacht zu haben schien, seinen fleischlosen Hals und seinen Kopf mit dem schmachtendem Auge auf dem Schenkel des Priesters ausstreckte.
    Sie sind allein? fragte der Abbé seinen Wirt, während dieser die Flasche und ein Glas vor ihn stellte.
    Oh! mein Gott, ja, allein oder beinahe so, denn ich habe eine Frau, die mich in nichts unterstützen kann, weil sie immer krank ist, die arme Carconte.
    Ah! Sie sind verheiratet? sagte der Priester mit einer gewissen Teilnahme und warf einen Blick umher auf das elende Mobiliar des armseligen Haushalts.
    Sie finden, daß ich nicht reich bin, nicht wahr? sagte Caderousse seufzend; aber was wollen Sie, um in dieser Welt zu gedeihen, genügt es nicht, ein ehrlicher Mann zu sein!
    Der Abbé heftete einen durchdringenden Blick auf ihn.
    Ja, ein ehrlicher Mann, dessen kann ich mich rühmen, sagte der Wirt, der den Blick des Abbés aushielt, und in unseren Zeiten kann das nicht jeder von sich sagen.
    Desto besser, wenn Sie wahr reden, versetzte der Abbé; denn ich habe die Überzeugung, daß früher oder später der ehrliche Mann belohnt und der schlechte bestraft wird.
    Sie, als Priester, sagen dies wohl, Herr Abbé! versetzte Caderousse mit bitterem Ausdruck. Doch es steht jedem frei, nicht zu glauben, was Sie sagen.
    Sie haben unrecht, daß Sie so sprechen, mein Herr; denn vielleicht werde ich selbst für Sie der Beweis dessen sein, was ich behaupte.
    Wie soll ich das verstehen? fragte Caderousse mit erstaunter Miene.
    Ich muß mich vor allem versichern, daß Sie wirklich der sind, den ich suche.
    Welche Beweise soll ich Ihnen geben?
    Haben Sie im Jahre 1814 oder 1815 einen Seefahrer namens Dantes gekannt?
    Dantes! Ob ich ihn gekannt habe, den armen Edmond! Ich glaube wohl; er war sogar einer meiner besten Freunde! rief Caderousse, dessen Gesicht Purpurröte überströmte, während sich das klare, sichere Auge des Abbés zu erweitern schien.
    Ja, ich glaube, er hieß wirklich Edmond.
    Was ist aus dem armen Edmond geworden, mein Herr? fuhr der Wirt fort; haben Sie ihn vielleicht gekannt? Lebt er noch, ist er frei? Ist er glücklich?
    Er ist im Gefängnis gestorben, elender und verzweiflungsvoller, als die Galeerensklaven, die ihre Kugel in dem Bagno von Toulon schleppen.
    Eine Totenblässe überflog Caderousses Antlitz. Er wandte sich um, und der Abbé sah, wie er eine Träne mit einer Ecke seines roten Tuches trocknete.
    Armer Kleiner, murmelte Caderousse. Das ist abermals ein Beweis von dem, was ich Ihnen sagte, Herr Abbé, daß nämlich

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