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Der Greifenmagier 2 - Land des Feuers

Der Greifenmagier 2 - Land des Feuers

Titel: Der Greifenmagier 2 - Land des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neumeier Rachel
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würde.
    Gerent stand auf. Die Einbildungskraft bevölkerte die Dunkelheit, die ihn umgab, mit räuberischen Greifen, die nur darauf lauerten, sich auf ihn zu stürzen wie Katzen auf ein unvorsichtiges Kaninchen. Als er sich jedoch vorsichtig von der Mauer löste, fand er nichts vor als Sand und Dunkelheit.
    Er hatte schon so viel Wasser aus dem Fass getrunken, wie er nur konnte. Jetzt hob er den Reisesack auf, schlang sich den Riemen über die Schulter und ging auf die leeren Straßen hinaus. Er führte nur wenig mit: die Kerzen und einen Feuerstein, um sie anzuzünden, den Reiseproviant, einen Satz frische Kleider und eine Hand voll Münzen sowie die sechs Schläuche voll Wasser. Mehr, als ihm seit Jahren je wirklich gehört hatte.
    Jetzt, wo er sich bewegte, wurde der Geruch nach heißem Messing stärker, den die Wüste verströmte. Die hohe Wärme drückte vom ungesehenen Himmel auf ihn herab und hämmerte vom kaum gesehenen Sand unter seinen Füßen empor. Er hatte einmal gelesen, dass es in der Wüste nachts kalt war. Auch wenn sich die Ofenhitze des Tages gelegt hatte, so war doch diese Nacht alles andere als kalt. Die Hitze schien die Luft in Gerents Lungen regelrecht schwerer zu machen und ihm an den Füßen zu hängen. Die hohen Sandverwehungen auf den Straßen erschwerten sein Fortkommen. Sowohl die Hitze als auch der Sand plagten ihn weitaus mehr, als er erwartet hatte.
    Er wandte sich nicht nach Süden und auch nicht direkt nach Osten zum Fluss. In diese Richtungen waren die Menschen von Melentser gezogen, und mehr als alles andere wollte er vermeiden, Flüchtlinge aus der Stadt einzuholen. Er marschierte stattdessen nach Nordosten – auf die unbewohnten Berge zu. Seine größte Furcht schien unbegründet zu sein: das Fluchgelübde hinderte ihn nicht daran, sich die gewünschte Richtung auszusuchen. Er fühlte, dass es nach wie vor lebendig war, aber es rührte sich nicht. Er spürte keinerlei Zug, der davon ausgegangen wäre.
    Casmantium erhob keinen Anspruch auf das Land im Norden, auf die Berge hinter der Wüste – niemand erhob Anspruch darauf. Diese zerklüftete und karge Landschaft der mächtigen Berge, schneebedeckt und von Drachen heimgesucht, bot den Menschen nichts, was sie dorthin – in den fernen Norden – gelockt hätte. Einem einzelnen entschlossenen Menschen jedoch gelang es womöglich, sich verstohlen einen Weg durch das Gebirge zu suchen, ohne dabei auf andere Menschen zu stoßen und schlafende Monster zu wecken, und so würde er vielleicht die ganzen zweihundert Meilen oder mehr bis zur Grenze nach Farabiand hinter sich bringen. Die kalte Zauberkunst, die Fluchgelübde-Bande schmiedete, war keine Disziplin, die im freundlicheren Farabiand ausgeübt wurde. Wenn ein durch ein Fluchgelübde gebundener Mensch das Nachbarland erreichte, müsste eigentlich das Fluchgelübde ... nicht nur brechen, sondern glattweg verschwinden. Es müsste im Prinzip so sein, als wäre es nie geformt worden.
    So behauptete es jedenfalls Warichteier, und Fenescheiren pflichtete ihm in seinen Lehrsätzen darin bei. Gerent war sehr daran interessiert, diese Theorie auf die Probe zu stellen.
    Karten gaben einen Hinweis darauf, dass die Gebirgsausläufer nicht viel weiter als vierzig Meilen von Melentser entfernt ihren Anfang nahmen. Bei schönem Wetter und auf guter Straße hätte ein kräftiger Mann diese Strecke in einer Nacht schaffen können. Äußerstenfalls in zweien. Durch weglosen Sand und hämmernde Hitze jedoch ... vielleicht drei? Vier? Gewiss nicht mehr als vier. Wie weit dehnte sich die Wüste inzwischen rings um Melentser aus? Bis zu den Gebirgsausläufern? Nach seinem ursprünglichen Plan sollte jeder Wasserschlauch für eine Nacht und einen Tag reichen. Jetzt, umgeben von dieser immer noch anhaltenden Hitze, dachte er, dass das Wasser vielleicht doch nicht so lange vorhielt.
    Solange er sich noch in den Ruinen der Stadt bewegte, fand er es unmöglich, irgendeine nennenswerte Strecke in gerader Linie zurückzulegen. Die Straßen waren nicht nur kurvenreich, sondern bisweilen auch durch den Schutt von eingestürzten Gebäuden und durch blanke rote Klippen blockiert. Dann musste sich Gerent jeweils einen Weg zwischen herabgefallenen Mauersteinen und Holzbalken suchen oder einen Umweg finden. Manchmal war er sogar gezwungen, ein Stück weit zurückzugehen und sich eine andere Route durch die verwüstete Stadt zu suchen. Selbst bei freier Straße konnte er nicht schnell gehen; dafür war es einfach

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