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Der Greifenmagier 2 - Land des Feuers

Der Greifenmagier 2 - Land des Feuers

Titel: Der Greifenmagier 2 - Land des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neumeier Rachel
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zurückzulegen? Vielleicht waren es ja auch fünfzig, wenn er nicht geradeaus gehen konnte? Er rechnete die Zahlen mühsam im Kopf noch mal aus. Es fühlte sich an, als klebte Melasse an seinen Gedanken, aber es half ihm, wach genug zu bleiben, um nicht in die falsche Richtung zu gehen. Er rechnete die Ergebnisse ein zweites Mal nach, da er an den Schlussfolgerungen zweifelte, und dann ein drittes Mal. Wie schnell ging er? Nicht schnell, jedenfalls nicht mehr, seit er so erschöpft war, dass er das anfängliche rasche Tempo nicht mehr einhalten konnte. Keine vier Meilen pro Stunde. Zwei? Das bedeutete, dass er sechzehn Meilen in acht Stunden zurücklegte. Sechzehn? Ja, natürlich sechzehn. Oder wenn er drei Meilen pro Stunde schaffte, waren es dann nicht ... vierundzwanzig Meilen? Das müsste ihn bis zur Morgendämmerung aus der Wüste hinausführen. Warte! Dauerten denn die Nächte in dieser Jahreszeit tatsächlich acht Stunden? Er sollte das eigentlich wissen ... Jeder müsste das wissen ... Er entsann sich einfach nicht. Wenn er bis zum Morgen die Berge erreichte ... Er musste das einfach schaffen. Wie schnell genau ging er?
    Gerent blieb stehen, setzte sich und trank alles Wasser aus dem zweiten Schlauch und die Hälfte aus dem dritten. Er überwand sich, etwas von den Keksen und dem Trockenfleisch zu essen. Er hatte einen Tag in der Wüste überlebt; er bezweifelte, dass er einen weiteren überleben würde. Also musste er schnell marschieren und durfte nicht zulassen, dass er in eine Hitzetrance verfiel, und um rasch zu gehen, brauchte er Kraft.
    Als er wieder aufstand, fühlte er sich kräftiger. Er machte die Pfeilspitze im Sternbild des Bogens ausfindig und bestimmte daran seine Richtung. Dann zählte er die Schritte. Alle zweihundert Schritte genehmigte er sich einen Mundvoll Wasser. Er zählte in einem bestimmten Takt, um nicht langsamer zu werden. Doch plötzlich stolperte er. Als er sich fing, wurde ihm bewusst, dass er erneut benommen vor sich hingelaufen war. Daraufhin begann er, in Dreierschritten zu zählen. Dann in Siebenerschritten. Dann von fünftausend in Elferschritten rückwärts. Er sagte sich: Wenn er sich verrechnete, würde er von vorn beginnen und auf den nächsten Mundvoll Wasser verzichten müssen. Diese selbstauferlegte Drohung half ihm, wach zu bleiben.
    Irgendwann leerte er den dritten Wasserschlauch und begann mit dem vierten. Er versuchte, an einem Kieselstein zu saugen. Aber die Kieselsteine dieser Wüste fühlten sich einfach nicht richtig im Mund an und schmeckten auch seltsam – nach Hitze und heißem Kupfer und Feuer. Er spuckte den Kiesel schnell wieder aus, trank einen zusätzlichen Mundvoll Wasser und versuchte, die Gedanken auf die Berge im Norden zu konzentrieren. Flüsse würden dort von den Höhen herabfließen; vielleicht regnete es. Im Augenblick konnte er sich Regen kaum vorstellen.
    Ihm ging durch den Kopf, dass es vielleicht im Süden regnete. Perech Fellesteden hatte geplant, seine Familie bis in die weit südlich gelegene, luxuriöse Stadt Abraikan zu führen: Dort hatte er nämlich Besitzungen. Na ja, Fellesteden hatte überall Besitz, aber seine Liegenschaften in Abraikan gehörten zu den größten.
    Hätte Gerent seinen Herrn begleitet, wäre er jetzt im Süden. Wanderte vielleicht durch Regen. Aber ... er hätte nach wie vor zu Perech Fellesteden gehört.
    Er hob einen Arm und fuhr mit dem Handballen über das Brandzeichen im Gesicht. Tat es erneut. Senkte die Hand und schritt kräftiger aus.
    Einige Zeit später fiel ihm auf, dass der Boden langsam anstieg.
    Dann schickte die Sonne das erste, täuschend sanfte rötliche Licht über den östlichen Horizont.
    Gerent blieb stehen und wartete. Angestrengt hielt er nach den Bergen Ausschau, die irgendwo vor ihm liegen mussten – er hoffte, gleich einen ersten Blick auf sie werfen zu können. Er hatte das Gefühl, in der Schwebe zu sein: dass zwar die Sonne aufstieg, aber die Zeit nicht wirklich weiterlief, dass die ganze Wüste mit ihm zusammen darauf wartete, eine Antwort auf die Frage nach Zeit und Entfernung zu erhalten.
    Dann ging die Sonne lodernd auf. Hitze rammte auf die Wüste herab wie ein Schmiedehammer auf einen glühenden Amboss. Vor Gerent zeichneten sich in der Ferne undeutlich die ersten Ausläufer ab, die zum Hochgebirge hinaufführten. So weit er blicken konnte, waren die Berge rot von feurigem Sand. Die Hitze lag schimmernd auf ihnen.
    Gerent starrte lange auf sie. Dann lachte er – es war kaum

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