DER GREIFENMAGIER: Gesetz der Erde
harten Blick zu.
Der Arobarn stand auf und verneigte sich knapp. »Natürlich. Es wird Casmantium eine Ehre sein, die kleinen Safiad-Prinzessinnen zu beherbergen«, erklärte er förmlich.
Erich lächelte voller Zuneigung. Er warf einen Blick auf Maianthe, und das Lächeln verwandelte sich in einen Ausdruck der Ironie. Dann jedoch sah er seinen Vater an, und das Lächeln verschwand ganz.
König Iaor forderte Maianthe mit gekrümmtem Finger auf, ihm zu folgen, und ging hinaus.
Maianthe folgte ihm. Alle ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Sie hatte kein einziges Wort gesprochen, noch nicht einmal Lebewohl zu Erich gesagt. Wie schnell wohl das casmantische Heer aufbrechen würde? Vermutlich bald, vielleicht bei Anbruch des Morgens. Sie fragte sich, ob König Iaor Einwändehätte, wenn sie erneut zum Lager hinausritt, um sich von Erich und seinem Vater zu verabschieden. Denn der König war wirklich sehr zornig, wie sie wusste, auch wenn er es kaum zeigte. Vielleicht hätte sie es selbst nicht bemerkt, nur enthüllte ihr die neu erworbene Wahrnehmung das Echo seines Zorns, das den Raum rings um ihn wie ein dunkler Nebel füllte.
Die Tür fiel hinter ihnen ins Schloss, und der König stand einen Augenblick lang auf dem Flur ganz still da und atmete tief. Dann wandte er sich zu Maianthe um – sie bemühte sich, nicht zusammenzufahren – und packte sie an den Schultern. »Maia«, sagte er und lächelte mit gezwungen guter Laune, die sich nicht auf die Augen erstreckte. Er ließ sie wieder los und gab ihr mit einer Kopfbewegung zu verstehen, sie möge ihn begleiten. »Was ich mir überlege … Sagt mir, Maianthe, wärt Ihr womöglich einverstanden, meine Töchter in einigen Jahren nach Casmantium zu begleiten? Ich glaube, dass ich keine Einwände gegen eine Verbindung zwischen meinem Haus und dem des Arobarn habe, und meine Töchter sind ja nicht so viel jünger als Erich. Ich möchte ungern Bertaud bitten, sie zu begleiten, aber Ihr scheint auf gutem Fuße – auf ausgezeichnetem Fuße – mit dem Arobarn und seinem Volk zu stehen.«
»Es tut mir leid«, lautete Maianthes Antwort auf den wichtigsten Teil seiner Äußerungen. »Ich meine, natürlich tue ich gern alles, worum Ihr mich bittet, aber … Eure Majestät, alles hat sich so schnell entwickelt, und ich wusste gar nicht, was ich sonst hätte tun sollen, als über das Gebirge zu reiten. Es tut mir leid …«
Der König schüttelte den Kopf, und sein nervöser Zorn ließ endlich nach. »Nein. Nein, wahrhaftig, Maia. Ihr habt richtig gehandelt. Ihr habt nichts getan, was verziehen werden müsste. Auch Brekan Glansent Arobarn nicht. Ihr braucht mir das nicht zu erklären. Ich bin mir dessen absolut bewusst.«
Maianthe nickte erleichtert. Zaghaft fragte sie: »Was werdet Ihr zu Mariddeier Kohorrian sagen?«
»Ah.« Als der König diesmal ein Lächeln zeigte, schloss es auch seine Augen ein. »Ich habe nicht die geringste Vorstellung. Ich überlege mir noch etwas. Beguchren Teshrichten hat vielleicht einen Rat für mich.« Er blickte auf, und sein Lächeln wirkte unvermittelt viel freundlicher. »Und vielleicht hat Euer Vetter auch ein paar Vorschläge.«
»Was Mariddeier Kohorrian angeht? Da könnte ich tatsächlich einige Vorschläge unterbreiten«, sagte Bertaud.
Maianthe wirbelte herum. Ihr Vetter kam raschen Schrittes durch den Flur auf sie zu. Der helle, ironische Ton vermochte nicht, die Schatten der Trauer und des Verlusts in seinem Blick zu überdecken, aber er war am Leben und offenkundig unverletzt. Und er war hier.
Maianthe vergaß den König, vergaß jeden Grund für Trauer und Furcht und lief los, um ihn zu umarmen.
Bertaud fing sie auf, als wäre sie noch immer ein Kind, und drückte sie, als wollte er ihr die Rippen brechen. Dann setzte er sie ab, hielt sie auf Armeslänge und blickte ihr forschend in die Augen. »Cousine, geht es dir gut?«
»Ja, aber wie geht es dir? Hast du …« Maianthe zögerte. »Hast du von … Hat Kes dir von deinem Freund erzählt? Es tut mir so leid, Bertaud.« Sie bemerkte nur am Rande, dass sich der König zurückgezogen hatte, um ihnen Privatsphäre einzuräumen. Und noch vager wurde ihr deutlich, dass sie froh darüber war, aber sie hatte im Grunde keinerlei Aufmerksamkeit für irgendjemanden außer ihrem Vetter übrig. Er wirkte, fand sie, verzweifelt müde und traurig.
Bertaud senkte den Kopf. »Sie hat mir natürlich davon erzählt. Er hat sich selbst zerstört, um dir die Macht zu schenken,
Weitere Kostenlose Bücher