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Der größere Teil der Welt - Roman

Der größere Teil der Welt - Roman

Titel: Der größere Teil der Welt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Egan
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diesen schwarzen Männern wegreißen, aber das tut er natürlich nicht. Dann hätte sie gewonnen.
    Der Krieger lächelt Charlie zu. Er ist neunzehn, nur fünf Jahre älter als sie, und hat sein Dorf bereits mit zehn Jahren verlassen. Aber er hat schon für genügend amerikanische Touristen gesungen, um zu wissen, dass Charlie in ihrer Welt ein Kind ist. In fünfunddreißig Jahren, im Jahre 2008, wird dieser Krieger in die gewaltsamen Stammesfehden zwischen Kikuyu und Luo hineingezogen werden und in einem Feuer umkommen. Bis dahin wird er vier Ehefrauen und dreiundsechzig Enkelkinder gehabt haben, und eins davon, ein Junge namens Joe, wird seine lalema erben; den eisernen Jagddolch in einer Lederscheide, die jetzt an seinem Gürtel hängt. Joe wird in Columbia das College besuchen und Ingenieurswissenschaften studieren, er wird Experte für eine visuelle Robotertechnologie werden, die noch die winzigste Andeutung einer unregelmäßigen Bewegung registriert (das Erbe einer Kindheit, die damit verbracht wurde, im Gras nach Löwen Ausschau zu halten). Er wird eine Amerikanerin namens Lulu heiraten und in New York bleiben, wo er einen neuen Scanner entwickeln wird, der zur Standardausrüstung für Sicherheitsmaßnahmen bei großen Menschenmengen gehören wird. Er und Lulu werden sich ein Loft in Tribeca kaufen, wo der Jagddolch seines Großvaters in einem Plexiglaswürfel zur Schau gestellt werden wird, unmittelbar unter einem Oberlicht.
    »Komm, Sohnemann«, sagt Lou Rolph ins Ohr. »Gehen wir eine Runde spazieren.«
    Der Junge erhebt sich aus dem Staub und entfernt sich mit seinem Vater vom Feuer. Zwölf Zelte, in jedem sind zwei Safarigäste untergebracht, bilden darum einen Kreis, zusammen mit drei Plumpsklos und einer Duschhütte, wo vom Feuer erhitztes Wasser aus einem Beutel läuft, wenn man an einem Strick zieht. Außerhalb des Blickfelds, in der Nähe der Küche, stehen kleinere Zelte für das Personal, und dahinter nichts als die schwarze wispernde Weite des Buschs. Ihnen ist eingeschärft worden, niemals dort hinzugehen.
    »Deine Schwester führt sich auf wie eine Verrückte«, sagt Lou, während er in die Dunkelheit marschiert.
    »Wieso?«, fragt Rolph. Ihm ist an Charlies Verhalten nichts Verrücktes aufgefallen. Aber sein Vater versteht die Frage anders.
    »Frauen sind verrückt«, sagt er. »Du könntest ein gottverdammtes Leben damit verbringen, herauszufinden, warum.«
    »Mom nicht.«
    »Da hast du recht«, überlegt Lou, jetzt ruhiger. »In der Tat, deine Mutter ist nicht verrückt genug .«
    Das Singen und Trommeln verstummt plötzlich, und Lou und Rolph sind allein unter einem klaren Mond.
    »Was ist mit Mindy?«, fragt Rolph. »Ist die verrückt?«
    »Gute Frage«, sagt Lou. »Was meinst du?«
    »Sie liest gern. Sie hat eine Menge Bücher mitgebracht.«
    »Ach ja.«
    »Ich mag sie«, sagt Rolph. »Aber ich weiß nicht, ob sie verrückt ist. Oder wie viel Verrücktheit gut wäre.«
    Lou legt seinen Arm um Rolph. Wenn er ein Mann mit Reflexionsvermögen wäre, dann hätte er schon vor Jahren eingesehen, dass sein Sohn der einzige Mensch auf der Welt ist, der ihn besänftigen kann. Obwohl er von Rolph erwartet, so zu sein, wie er selbst, liebt er aber eigentlich gerade das an ihm, was anders ist: Rolph ist ruhig, nachdenklich, empfänglich für die Natur und die Schmerzen Anderer. »Ist ja auch egal«, sagt Lou. »Richtig?«
    »Richtig«, stimmt Rolph zu, und die Frauen verschwinden aus seinen Gedanken, wie die Trommelschläge vorher verhallt sind, und lassen ihn und seinen Vater allein, eine unbesiegbare Einheit. Schon mit elf Jahren weiß Rolph zwei Dinge über sich ganz genau: Er gehört zu seinem Vater. Und sein Vater gehört zu ihm.
    Sie bleiben stehen, umgeben von dem flüsternden Busch. Der Himmel ist von Sternen übersät. Rolph schließt die Augen und öffnet sie wieder. Er denkt, an diese Nacht werde ich mich für den Rest meines Lebens erinnern. Und er wird damit Recht behalten.
    Als sie schließlich ins Lager zurückkehren, sind die Krieger verschwunden. Nur einige Unermüdliche aus der Phoenix-Fraktion (wie Lou die Safariteilnehmer nennt, die aus diesem zweifelhaften Ort kommen) sitzen noch am Feuer und überbieten sich darin, welche Tiere sie an diesem Tag gesehen haben. Rolph kriecht in sein Zelt, zieht die Hose aus und steigt in T-Shirt und Unterwäsche in sein Feldbett. Er vermutet, dass Charlie schläft. Als sie etwas sagt, hört er ihrer Stimme an, dass sie geweint hat.
    »Wo wart

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