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Der größere Teil der Welt - Roman

Der größere Teil der Welt - Roman

Titel: Der größere Teil der Welt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Egan
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die Idee auf einmal unglaublich komisch. Aber Bosco war plötzlich ernst. »Ich bin fertig«, sagte er. »Ich bin alt und deprimiert – an den guten Tagen. Ich will raus aus diesem Dreck. Aber ich will nicht einfach langsam sterben. Ich will mit einem Paukenschlag abgehen  – mein Tod soll eine Attraktion sein, ein Spektakel, ein Mysterium. Ein Kunstwerk. Also, Madame PR «, sagte er und versetzte mühsam sein schlaffes Fleisch in Bewegung, um sich zu ihr vorzubeugen. Seine Augen funkelten dabei fast schon fanatisch. »Erzähl mir nicht, niemand würde sich für so was interessieren. Reality- TV , verdammt – realer kann es doch gar nicht werden. Selbstmord ist eine Waffe, das wissen wir alle. Aber ist es auch Kunst?«
    Er musterte Stephanie angespannt, ein dicker, kranker Mann, dem nur noch diese eine kühne Idee blieb und der hoffnungsvoll wartete, ob ihr diese Idee gefallen würde. Eine Weile sagte niemand etwas, während Stephanie versuchte, sich zu sammeln.
    Jules sprach als Erster: »Das ist genial.«
    Bosco betrachtete ihn liebevoll, gerührt von seiner eigenen Rede und davon, dass Jules ebenso gerührt war.
    »Hört mal, Jungs«, sagte Stephanie. Sie war sich im Klaren darüber, dass der Gedanke, der ihr durch den Kopf ging, vollkommen abwegig war: Wenn diese Idee irgendwie funktionieren könnte (was unwahrscheinlich war – sie war verrückt, vielleicht sogar illegal, so geschmacklos, dass es schon fast grotesk war), dann wollte sie einen echten Journalisten darauf ansetzen.
    »Neeneenee«, sagte Bosco zu ihr und hob tadelnd den Finger, als ob sie ihre Skrupel laut ausgesprochen hätte. Er seufzte und stöhnte, als er sich aus dem Sessel hievte, der dabei leise quietschende Geräusche der Erleichterung von sich gab, schlug ihr Angebot, ihm dabei zu helfen, aber aus. Er taumelte durch den Raum, erreichte einen überquellenden Schreibtisch und lehnte sich laut keuchend dagegen. Dann machte er sich auf die Suche nach Papier und Stift.
    »Wie war doch gleich dein Name?«, rief er.
    »Jules. Jules Jones.«
    Bosco schrieb ein Weilchen.
    »Okay«, sagte er, dann machte er sich an den mühseligen Rückweg und reichte Jules das Blatt Papier. Jules las vor: »Ich, Bosco, im Vollbesitz meiner geistigen und körperlichen Kräfte, übertrage hiermit dir, Jules Jones, die alleinigen und exklusiven Publikationsrechte an der Geschichte meines Niedergangs und meiner Selbstmordtour.«
    Die Anstrengungen hatten Bosco erschöpft. Er sank in seinen Sessel, holte röchelnd Atem und schloss die Augen. Stephanie hatte plötzlich ein Bild Boscos aus der Zeit, als er noch verrückt über die Bühne gesprungen war, vor Augen. Es war so deutlich, dass es den missmutigen Koloss, den sie vor sich hatte, überlagerte. Eine Welle der Traurigkeit schlug über ihr zusammen.
    Bosco öffnet die Augen und sah Jules an. »Hier«, sagte er. »Es gehört dir.«
    Beim Mittagessen im Skulpturengarten des MOMA war Jules wie ausgewechselt: Euphorisch und wild improvisierend verkündete er seine Ansichten über das kürzlich renovierte Museum. Er war zuallererst in den Museumsladen gegangen und hatte sich einen Terminkalender und einen Kugelschreiber gekauft (beides mit Magritte-Wolken bedruckt), um seine Verabredung mit Bosco um zehn Uhr am nächsten Morgen einzutragen.
    Stephanie verzehrte ihren Putenbrustwrap, starrte Picassos Ziege an und wünschte sich, sie könnte die Freude ihres Bruders teilen. Aber es war unmöglich, als sauge Jules seine Euphorie aus ihr heraus und erschöpfe sie genau in dem Maß, in dem er an Lebensfreude hinzugewann. Sie ertappte sich bei dem törichten Wunsch, sie hätte ihre Tennispartie nicht verpasst.
    »Was ist los?«, fragte Jules endlich und leerte seine dritte Cranberryschorle auf einen Zug. »Du wirkst so niedergeschlagen.«
    »Ich weiß nicht«, sagte Stephanie.
    Er beugte sich zu ihr vor, ihr großer Bruder, und Stephanie spürte mit einem Mal wieder, wie sie als Kinder gewesen waren, es war ein fast körperliches Gefühl von Jules als ihrem Beschützer, ihrem Wachhund, der zu ihren Tennisturnieren kam und ihre Waden massierte, wenn sie einen Krampf hatte. Dieses Gefühl war unter dem Zwischenspiel von Jules’ chaotischen Jahren seither vergraben gewesen, aber jetzt übermannte es sie, warm und lebendig, und trieb Stephanie die Tränen in die Augen.
    Ihr Bruder sah verdutzt aus. »Steph«, sagte er und nahm ihre Hand. »Was ist denn los?«
    »Ich habe das Gefühl, dass alles zu Ende geht«, sagte

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