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Der größere Teil der Welt - Roman

Der größere Teil der Welt - Roman

Titel: Der größere Teil der Welt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Egan
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Zeitungskiosk und trinkt es auf einer Bank im Tompkins Square Park, der erst im vorigen Sommer wiedereröffnet worden ist.
    »Schau mal«, sagst du und öffnest deine Hand. »Drei gelbe Pillen.« Sasha seufzt, ihre Geduld ist fast am Ende.
    »Was ist das?«, fragt Drew fasziniert.
    Er ist ein Optimist und glaubt fest daran, dass alles Neue ihn bereichert und ihm nicht wehtun kann. In letzter Zeit hast du dich dabei ertappt, dass du diese Eigenschaft bei Drew ausgenutzt und ihm einen Brotkrümel nach dem anderen hingeworfen hast. »Ich möchte es mit dir machen«, sagt er zu Sasha, aber sie schüttelt den Kopf. »Ich habe deine Drogenphase verpasst«, sagt er wehmütig.
    »Gott sei Dank«, sagt Sasha.
    Du wirfst eine Pille ein und steckst die beiden anderen wieder in die Tasche. Du fängst an, das Ecstasy zu spüren, sobald du den Club betrittst. Das Pyramid ist gerammelt voll. Die Conduits sind seit Jahren groß in der Collegeszene, aber Sasha ist davon überzeugt, dass ihr neues Album der pure Geniestreich ist und Multiplatin holen wird. Sie steht gern direkt vor der Bühne, mit vollem Blick auf die Band, aber du brauchst mehr Abstand. Drew hält sich an Sasha, aber als Bosco, der durchgeknallte Leadgitarrist der Conduits, wie eine wild gewordene Vogelscheuche herumtobt, merkst du, dass auch er zurückweicht.
    Du bist jetzt in einem Zustand tief im Magen kitzelnden Glücks, und es fühlt sich so an, wie du es dir als Kind vom Erwachsenenleben erhofft hast: Ein angenehmer Orientierungsverlust und die Erlösung aus dem ewigen Hamsterrad aus Mahlzeiten und Hausarbeiten und Kirchgang und So darfst du aber nicht mit deiner Schwester reden, Robert junior. Du hast dir immer einen Bruder gewünscht. Du wünschtest, Drew wäre dein Bruder. Dann hättet ihr die Blockhütte zusammen bauen und darin schlafen können, während sich vor den Fenstern der Schnee auftürmte. Ihr hättet den Elch schlachten und anschließend eure von Blut und Fell besudelten Kleider neben einem Lagerfeuer ablegen können. Wenn du Drew nackt sehen könntest, und sei es nur einmal, wäre das eine enorme Erleichterung für den schrecklichen tiefsitzenden Druck in deinem Innern.
    Bosco wird über deinen Kopf geworfen, sein Hemd ist verschwunden, sein magerer Oberkörper klebrig von Bier und Schweiß. Deine Hände rutschen über seine harten Rückenmuskeln. Er spielt noch immer Gitarre und brüllt ohne Mikrofon weiter. Drew entdeckt dich und kommt kopfschüttelnd näher. Bevor er Sasha kennenlernte, war er noch nie auf einem Konzert gewesen. Du fischst eine der restlichen gelben Pillen aus der Tasche und drückst sie ihm in die Hand.
    Vor einer Weile hast du etwas lustig gefunden, aber du weißt nicht mehr, was es war. Auch Drew scheint es nicht zu wissen, obwohl ihr euch in hilfloser Hysterie krümmt.
    Sasha dachte, ihr würdet nach dem Konzert drinnen auf sie warten, deshalb braucht sie eine Weile, um dich und Drew auf der Straße zu finden. Ihre Augen wandern in dem grellen Laternenlicht zwischen euch hin und her. »Aha«, sagt sie. »Schon verstanden.«
    »Nicht böse sein«, sagt Drew. Er versucht, dich nicht anzusehen – wenn ihr einander anschauen würdet, wäre alles verloren. Aber du kannst nicht aufhören, Drew anzusehen.
    »Ich bin nicht böse«, sagt Sasha. »Ich langweile mich.« Sie ist dem Produzenten der Conduits vorgestellt worden, Bennie Salazar, und er hat sie auf eine Party eingeladen. »Ich dachte, wir könnten alle zusammen hingehen«, sagt sie zu Drew. »Aber du bist zu bedröhnt.«
    »Der will gar nicht mit dir gehen«, johlst du, und das Lachen und der Rotz prusten dir aus der Nase. »Er will mit mir kommen.«
    »Stimmt«, sagt Drew.
    »Schön«, sagt Sasha wütend. »Dann sind ja alle glücklich.«
    Ihr zwei taumelt von ihr weg. Ihr seid noch über mehrere Blocks mit eurer Heiterkeit beschäftigt, aber die hat auch etwas Krankhaftes, wie ein Jucken, das sich durch Haut und Muskeln und Knochen bohren wird, wenn du weiter daran kratzt, bis es dein Herz in Stücke reißt. Irgendwann musstet ihr beide stehen bleiben und euch auf eine Treppe setzen, aneinandergelehnt und beinahe schluchzend. Ihr kauft eine Anderthalb-Liter-Packung Orangensaft und reißt sie an einer Ecke auf, der Saft läuft euch übers Kinn und durchtränkt eure gefütterten Jacken. Du hältst dir den Karton mit der Öffnung nach unten über den Mund und fängst ganz hinten im Rachen die letzten Tropfen auf. Als du den Karton wegwirfst, ragt die Stadt düster um

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