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Der größere Teil der Welt - Roman

Der größere Teil der Welt - Roman

Titel: Der größere Teil der Welt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Egan
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euch herum auf. Ihr seid an der Ecke Second Street und Avenue B. Die Leute tauschen beim Händeschütteln kleine Flaschen aus. Aber Drew streckt bloß den Arm aus und spürt das Ecstasy bis in die Fingerspitzen. Du hast ihn noch nie ängstlich gesehen, immer nur neugierig.
    »Ich hab kein gutes Gefühl«, sagst du. »Wegen Sasha.«
    »Mach dir keine Sorgen«, sagt Drew. »Sie wird uns verzeihen.«
    Nachdem deine Handgelenke genäht und verbunden und nachdem das Blut irgendeines anderen Menschen in dich hineingepumpt worden war und während deine Eltern auf dem Flughafen von Tampa auf den ersten Abflug warteten, schob Sasha die Infusionsschläuche beiseite und stieg im St. Vincent’s-Krankenhaus in dein Bett. Trotz der Medikamente pochten deine Handgelenke vor Schmerzen.
    »Bobby?«, flüsterte sie. Ihr Gesicht berührte deines fast. Sie atmete deinen Atem, und du atmetest ihren, der vor Angst und Schlafmangel malzig roch. Sasha hatte dich gefunden. Zehn Minuten später, hatten sie gesagt.
    »Bobby, hör mir zu.«
    Sashas grüne Augen waren dicht vor deinen, eure Wimpern verfingen sich ineinander. »In Neapel«, sagte sie, »gab es auch Leute, die sich verloren fühlten. Du wusstest, dass sie niemals zu dem, was sie gewesen waren, oder in ein normales Leben zurückkehren würden. Und dann waren da andere, von denen du dachtest, vielleicht schaffen die es.«
    Du versuchtest zu fragen, zu welcher Gruppe Lars aus Schweden gehört hatte, aber es kam nur ein Nuscheln heraus.
    »Hör zu«, sagte sie. »Bobby. Jeden Moment schmeißen die mich hier raus.«
    Du öffnetest die Augen, dir war nicht klar, dass sie wieder zugefallen waren.
    »Ich sage dir, wir werden am Ende überleben «,sagte Sasha.
    Wie sie mit dir redete, befreite deinen Kopf für kurze Zeit von dem Nebel, mit dem du vollgepumpt worden warst, als hätte sie einen Umschlag geöffnet und dir ein Ergebnis vorgelesen, das du dringend erfahren musstest. Als wärst du auf frischer Tat ertappt worden und würdest jetzt zur Ordnung gerufen.
    »Nicht alle schaffen das. Wir schon, verstanden?«
    Sie lag neben dir, und eure Körper berührten sich, wie so oft in den Nächten, ehe sie Drew kennengelernt hatte. Du konntest spüren, wie Sashas Stärke in deine Haut strömte. Du hast versucht, sie festzuhalten, aber deine Finger waren Stümpfe von ausgestopften Tieren, und du konntest sie nicht bewegen.
    »Das bedeutet, dass du das nie wieder tun darfst«, sagte sie. »Nie, nie wieder. Versprichst du mir das, Bobby?«
    »Versprochen.« Und das war ehrlich gemeint. Ein Sasha gegebenes Versprechen würdest du nicht brechen.
    »Bix!«, brüllt Drew. Er rennt die Avenue B hoch, seine Stiefel klappern über das Pflaster. Bix ist allein, die Hände in den Taschen seiner grünen Armeejacke.
    »Mannomann«, sagt er und lacht, als er an Drews Augen erkennt, wie high er ist. Dein eigener Trip lässt gerade nach. Eigentlich wolltest du die letzte Pille einwerfen, aber du bietest sie stattdessen Bix an.
    »Ich mach das eigentlich nicht mehr«, sagt Bix, »aber Ausnahmen bestätigen die Regel, oder?« Ein Aufseher hat ihn aus dem Labor vertrieben, seit zwei Stunden wandert er jetzt durch die Gegend.
    »Und Lizzie schläft«, sagst du. »In deiner Wohnung.«
    Bix bedenkt dich mit einem kalten Blick, der dir deine gute Laune raubt. »Fang bloß nicht damit an«, sagt er.
    Ihr geht zusammen weiter und wartet darauf, dass das Ecstasy bei Bix anschlägt. Es ist nach zwei Uhr morgens, eine Zeit, zu der (wie sich herausstellt) normale Menschen zum Schlafen nach Hause gehen und betrunkene, verrückte, abgefuckte Leute draußen bleiben. Du willst nicht zu diesen Leuten gehören. Du willst zurück in deine Wohnung gehen und an Sashas Tür klopfen, die sie nie abschließt, wenn Drew nicht bei ihr übernachtet.
    »Bist du noch da, Rob?«, sagt Bix. Sein Gesicht ist sanft, und seine Augen glänzen verzaubert.
    »Ich dachte, ich gehe vielleicht nach Hause«, sagst du.
    »Das kannst du nicht!«, ruft Bix. Liebe zu seinen Mitgeschöpfen umstrahlt ihn wie eine Aura, du kannst ihr Glühen auf deiner Haut spüren. »Du stehst im Mittelpunkt des Geschehens.«
    »Von wegen«, grummelst du.
    Drew schlingt den Arm um dich. Er riecht nach Wisconsin – Wälder, Lagerfeuer, Teiche –, auch wenn du nie dort warst. »Echt, Rob«, sagt er ernst. »Du bist das Herz, das in uns schlägt und schmerzt.«
    Letztendlich bleibt ihr in einem so spät noch offenen Club in der Ludlow hängen, den Bix kannte, wo es von

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