Der größere Teil der Welt - Roman
Leuten wimmelt, die zu high sind, um nach Hause zu gehen. Ihr tanzt alle zusammen, um den Abstand zwischen jetzt und morgen so lange aufzuschieben, bis die Zeit rückwärts zu verlaufen scheint. Du teilst einen starken Joint mit einem Mädchen mit einem sehr kurzen Pony, der ihre helle Stirn freilegt. Sie tanzt lange mit dir, die Arme um deinen Hals geschlungen, und Drew brüllt dir durch die Musik ins Ohr: »Die will mit dir nach Hause, Rob.« Aber irgendwann gibt das Mädchen auf oder vergisst dich – oder du vergisst es – und verschwindet.
Der Himmel wird gerade hell, als ihr zu dritt den Club verlasst. Ihr geht zusammen nordwärts zum Leshko’s in der Avenue A, um Rühreier und Berge von Bratkartoffeln zu essen, dann wankt ihr pappsatt zurück auf die erschöpfte Straße. Bix läuft zwischen dir und Drew, einen Arm um jeden von euch gelegt. Feuerleitern baumeln seitlich von den Häusern. Als eine hustende Kirchturmglocke loslegt, fällt dir ein, dass Sonntag ist.
Jemand scheint euch den ganzen Weg zur Fußgängerbrücke zu führen, die von der Sixth Street zum East River führt, aber in Wirklichkeit bewegt ihr euch alle zusammenhängend wie auf einem Ouijabrett. Die Sonne lodert vor euch auf, wirbelt grell und metallisch vor deinen Augäpfeln, ionisiert den Wasserspiegel, so dass du keinerlei Verschmutzung oder Ablagerungen darunter erkennen kannst. Es sieht mystisch aus, biblisch. Du hast einen Kloß im Hals.
Bix drückt deine Schulter. »Die Herren«, sagt er, »guten Morgen.«
Ihr steht zusammen am Flussufer und schaut hinaus, die letzten Haufen aus altem Schnee türmen sich zu euren Füßen auf. »Seht euch das Wasser an«, sagt Drew. »Ich wünschte, ich könnte darin schwimmen.« Nach einer Weile sagt er: »Lasst uns an diesen Tag denken, auch wenn wir einander nicht mehr kennen.«
Du schaust hinüber zu Drew, blinzelst in die Sonne, und für einen Augenblick wird die Zukunft zu einem langen schmalen Tunnel, und irgendeine Version von »dir« steht am Ende des Tunnels und schaut zurück. Und in diesem Moment spürst du es – was du in den Gesichtern der Leute auf der Straße gesehen hast –, ein Anschwellen, wie ein Sog, der dich zu etwas hinzieht, was du noch nicht ganz erkennen kannst.
»Ach, wir werden uns doch bis in alle Ewigkeit kennen«, sagt Bix. »Die Tage, in denen man sich aus den Augen verloren hat, sind so gut wie vorbei.«
»Was soll das denn heißen?«, fragt Drew.
»Wir werden uns an einem anderen Ort wiedersehen«, sagt Bix. »Alle, die wir verloren haben, werden wir wiederfinden. Oder sie finden uns.«
»Wo? Wie?«, fragt Drew.
Bix zögert, als hätte er dieses Geheimnis so lange für sich behalten, dass er Angst davor hat, was passieren kann, wenn er es aufdeckt. »Ich stelle es mir vor wie das Jüngste Gericht«, sagt er schließlich, die Augen auf das Wasser gerichtet. »Wir werden uns von unseren Körpern lösen und einander in vergeistigter Form wiederfinden. Wir werden uns an diesem neuen Ort wiedertreffen, wir alle zusammen, und zuerst wird das seltsam wirken, aber ziemlich bald wird es seltsam wirken, dass man je irgendwen verlieren oder verloren gehen konnte.«
Bix hat ein besonderes Wissen, denkst du – er hat es immer gewusst vor diesem Computer, und jetzt reicht er sein Wissen weiter. Stattdessen sagst du: »Wirst du dann endlich Lizzies Eltern kennenlernen?«
Die Überraschung zeigt sich deutlich in Bix’ Gesicht, und er macht beim Lachen ein heftiges, lärmendes Geräusch. »Ich weiß nicht, Rob«, sagt er und schüttelt den Kopf. »Vielleicht nicht – vielleicht wird gerade das sich niemals ändern. Aber ich stelle es mir gern so vor.« Er reibt sich die Augen, die plötzlich müde aussehen, und sagt: »Apropos. Zeit, wieder nach Hause zu gehen.«
Er stiefelt los, die Hände in den Taschen seiner Armeejacke, aber es dauert noch eine Weile, ehe bei dir ankommt, dass er wirklich weg ist. Du ziehst den letzten Joint aus deiner Brieftasche und rauchst ihn mit Drew, während ihr nach Süden geht. Der Fluss ist still, keine Schiffe in Sicht, ein paar zahnlose alte Knacker sind unter der Williamsburg-Brücke beim Angeln.
»Drew«, sagst du.
Er betrachtet das Wasser, mit dieser zugedröhnten Zerstreutheit, die alles zu einem interessanten Studienobjekt macht. Du lachst nervös, und er dreht sich um. »Was ist?«
»Ich wünschte, wir könnten in dieser Hütte wohnen. Du und ich.«
»Welche Hütte?«
»Die du gebaut hast. In Wisconsin.« Du siehst Drew
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