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Der große deutsche Märchenschatz

Der große deutsche Märchenschatz

Titel: Der große deutsche Märchenschatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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rief: »Rührt es nicht an, es ist das stärkste Gift! Ich büße mit dem Tode meinen Vorwitz.«
    Hiermit sank sie entseelt zu Boden.
    Da sahen die andern vier Tiere, dass er Grund gehabt hatte, sie zu warnen, und folgten jetzt seinem Rate. Doch sprachen sie untereinander: »Wir sollten ihm doch etwas schenken, dass er so gut geteilt und uns so getreulich gewarnt hat.« Da befahl der Löwe dem Hund, der am besten laufen konnte, ihn zurückzurufen.
    Als er nun wiederkam, sagte der Löwe, sie müssten ihm dankbar sein für seine Warnung. Denn wenn sie über das Fleisch hergefallen wären, so hätten sie es alle wie die arme Biene entgolten. Darum wollten sie ihm jeder etwas schenken, was ihm auf der Reise zugutekäme.
    Er wollte erst nichts annehmen, weil er mit allem versehen sei, was er brauchte.
    Aber die Tiere sagten, was sie ihm zu geben hätten, sei weder Geld noch Gut und doch besser als beides. Sie verliehen ihm nämlich die Gabe, ihre Gestalt anzunehmen, sooft es ihm beliebte, sodass er nur zu wünschen brauchte: Wär ich ein Löwe, wär ich ein Vogel usw., so wäre er es, und so solle er sich dann nach Belieben wieder in seine menschliche Gestalt zurückwünschen können.
    Das gefiel ihm wohl. Er bedankte sich für die Gabe und setzte seine Reise guter Dinge fort.
    Wie er nun weiter in den Wald kam, sah er eine Räuberbande daherziehen, die bei seinem Anblick sogleich mit geschwungenen Schwertern auf ihn losstürzte. Da dachte er: »Wär ich jetzt ein Vogel!« Und sogleich war er in einen Vogel verwandelt und flog den Räubern über die Köpfe weg. Eine Weile standen sie verwundert, wo der Mensch doch geblieben sei. Aber bald zogen sie weiter, eine andere Beute zu suchen. Da sang ihnen der Vogel ein schallendes Spottlied nach.
    Das gefiel ihm nun so gut, ein Vogel zu sein, dass er diese Gestalt behielt und weiterflog, bis er an ein großes Schloss kam. Da setzte er sich vor dem Schloss auf einen Lindenbaum und pfiff so schön, dass die Königstochter ans Fenster kam und ihm zuhörte.
    Da pfiff er noch viel schöner, denn die Königstochter gefiel ihm gar zu gut. Er konnte nicht aufhören, sie anzusehen, und sie kein Ende finden, ihm zuzuhören. Zuletzt saß er und wiegte sich auf dem äußersten Zweig, der sich nach ihrem Fenster hin dehnte. Die Königstochter streckte den Arm aus, nach ihm zu greifen, aber ihr Arm reichte nicht so weit. Und doch gelang es ihr, denn der Vogel hüpfte ihr auf den Finger und schlug da mit hellem Tone sein schönstes Lied, dass ihn die Königstochter sogleich zum Munde führte und küsste. Wie er sie nun schnäbelte, musste er sich zusammennehmen, um den Wunsch »Hätte ich meine menschliche Gestalt wieder!« zu unterdrücken.
    Die Königstochter ließ alsbald einen goldenen Käfig bringen und setzte ihn da hinein, und nun hüpfte er von Stängel zu Stängel und sang so schön, dass die Königstochter ihre einzige Freude daran hatte.
    Als es nun Abend ward und die Königstochter zu Bette ging und schon alles im Hause schlief, dachte er: »Wäre ich jetzt eine Ameise!« Und sogleich war er auch eine Ameise und kroch aus dem Korb heraus über die Diele der Königstochter ins Bett und wünschte sich da wieder zurück in seine menschliche Gestalt. Aber bei dem ersten Kuss, den er ihr auf den Mund drückte, sprang sie aus dem Bette und fing so laut an um Hilfe zu schreien, dass der ganze Hofstaat vor ihrem Zimmer zusammenlief und der alte König selbst hineintrat und fragte, warum sie so lärmte.
    Inzwischen hatte sich aber der Königssohn wieder in eine Ameise verwandelt und saß jetzt schon wieder als Vogel ruhig im Bauer und hatte den Kopf unter den Flügel gesteckt, als ob er schliefe. Die Königstochter konnte sich daher wegen ihres Lärmens nicht rechtfertigen. Der König schalt sie tüchtig aus, dass sie das ganze Schloss aus dem Schlafe störe ihrer Träume wegen.
    Als sie nun alle fort waren, dachte er: »Wäre ich nun wieder eine Ameise!« Da war er es auch gleich und kroch zu ihr zurück. Da nahm er seine menschliche Gestalt wieder an und flüsterte ihr zu, er wäre das Vögelchen, sie sollte keinen Lärm machen und ihn nur die Nacht bei ihr dulden. Er wäre ein Königssohn, und morgen werde er zu ihrem Vater gehen, um sie zu werben.
    Da ließ die Königstochter es gut sein. Am

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