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Der große deutsche Märchenschatz

Der große deutsche Märchenschatz

Titel: Der große deutsche Märchenschatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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lassen.
    Der Geist aber erschien ihm wieder und sagte zum Bärnhäuter: »Wisse, dieser Herr pflegt auf solche Fäll die jüngste in die Mitte und die älteste auf der linken, die mittlere aber auf ihre rechte Seite zu stellen.«
    Als er nun auf solchen Unterricht sagen konnte, welches die erst, die ander und dritte war, zumalen die jüngste zum Weib begehrt, schwur der Herr alsobalden, er wollte seine Paroln halten, wie es einem ehrlichen Kavalier gebühre, Gott geb, was die Mutter darzu sagte, und wie sich sein Kind darzu bequemte.
    Er wollte auch die Hochzeit gleich für sich gehen lassen, ehe ein ander Gewirr dreinkäme; aber der Bärnhäuter wollte nicht, sonder wendet andere Geschäften vor doch mit Versprechen, bald wiederzukommen, und da er einen kostbaren Ring, der hierzu gemacht war, voneinander geschraubt und ein Teil darvon seiner Braut gegeben hatte, ging er seines Wegs.
    Die Jungfrau Hochzeiterin aber kleidet sich vor Traurigkeit schwarz und wünschte vergeblich, lieber allein zu leben, als sich mit dem abscheulichen Bärnhäuter zu verehelichen.
    Aber was halfs? Ihr Herr Vatter wollt’s also haben.
    Ihre Schwestern gönneten ihr diesen Heurat; sie vexierten sie täglich mit ihrem schönen Hochzeiter und erneuerten damit stündlich und täglich die Wundes ihres ohnedas traurigen Herzens, welches sie doch alles mit Geduld überwande.
    Der Geist kam hingegen wieder und führte den Bärnhäuter in den Rhein ins Bad; er lichtet ihm seine Haar und beschor selbige sambt dem garstigen Bart auf die neue Mode und zieret ihn dergestalt auf durch besondern Anstrich, dass er dem schönsten Kavalier vergliche.
    Â»Jetzt gehe hin nach N.«, sagte er zu ihm, »und mondiere dich wie ein rechter ehrlicher Obrister und lebe wie ein Herr.
    Ich will meine Schätze auftun, die ich hierumb vergraben habe, und dir Gelds genug hierzu geben.«
    Weil nun dem Bärnhäuter kein erwünschterer Befelch hätt kommen können, war er desto gehorsamer.
    Er hielte sich mit schönen Pferden, herrlichen Kutschen, köstlichen Kleidern und vielen Dienern Livree wie ein Großwesir, und da es dem Geist Zeit sein däuchte, stellte er sich wieder ein und sagte zu ihm: »Jetzt fahr hin und vollziehe deinen Heurat!«, und damit er desto reicher erscheinen konnte, füllete er ihm beide Gutschenkisten voller Geld, welches er ihm beides, zur Beschuldigung und zum Heuratgut, mitgab. Also machte er sich auf die Reise und schickte einen Trompeter voran, seinem künftigen Schwäher neben Vermeldung seines Diensts und Grußes anzuzeigen, dass ein stattlicher Kavalier auf dem Weg begriffen wäre, ihm zuzusprechen und seinem Frauenzimmer gebührend aufzuwarten, mit einem Wort, eine aus seinen Töchtern zum Gemahl zu begehren, wofern er anderst gelitten werden möchte und keine Ungelegenheit machte.
    Als er nun die höfliche Antwort bekam, dass er ein lieber Gast sein würde, ist er mit seiner Suite prächtig eingezogen und wohl empfangen, auch zu Bezeugung mehrerer Willfährigkeit oben an die Tafel zwischen die beide älteste Töchter gesetzt worden, welche sich auch, ihm zu gefallen, weil ihn jede zu bekommen verhofft, trefflich geschmückt hatten.
    Die jüngste aber behalf sich unden an der Tafel wie ein Turteltäublein, das seinen Gemahl verlorn, sintemal sie als eine Versprochene keine Hoffnung schöpfen dörfte, diesen ansehnlichen Herrn zu bekommen, wessentwegen ihr die Schwestern mit den Augen manchen höhnischen Blick und mit Worten manchen empfindlichen und verächtlichen Stich gaben, welches ihr tief ins Herz geschnitten.
    Als nun der Bärnhäuter nach Vorweisung seines vielen Golds das Jawort, und under den Töchtern von Vatter und Mutter die Wahl bekam, zumalen noch jede von den ältesten Schwestern ihn zu bekommen festiglich verhoffte, offenbarte er sich der jüngsten durch ein Stück des voneinandergeschraubten Rings, davon er ihr hiebevor ein Teil zugestellt.
    So hoch nun diese hierdurch erfreuet wurde, so sehr erschraken hingegen jene beide, als sie sich ihrer Hoffnung so gählings beraubt sahen; sie wurden so bestürzt, dass sie nicht mehr wussten, was sie täten, und ihre Eltern wurden so erfreut über der einen Tochter Glück, dass sie der andern beiden Anliegen nicht wahrnahmen, welche zugleich von Schamhaftigkeit und dem Neid gegen ihrer Schwester angefochten wurden, als dass sich die

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