Der große deutsche Märchenschatz
eine selbst erhängt, die ander aber in einen Brunnen stürzte.
»Also«, sagte der Geist, der dem Bärnhäuter ganz fröhlich erschiene, »nun haben wir miteinander ausgefischt; du hast eine und ich zwo von den Töchtern bekommen, die hiebevor ihr Vatter manchen ehrlichen Kavalier versagt.«
Mein hochverehrter und respektive groÃgünstiger lieber Leser nehme vor diesmal hiemit verlieb und urteile aus dieser Erzählung, was er will. Alsdann werde ich verhoffentlich mit der Erläuterung hernachkommen.
Der Bärenhäuter
Es war einmal ein junger Kerl, der lieà sich als Soldat anwerben, hielt sich tapfer und war immer der Vorderste, wenn es blaue Bohnen regnete. Solange der Krieg dauerte, ging alles gut, aber als Friede geschlossen war, erhielt er seinen Abschied, und der Hauptmann sagte, er könnte gehen, wohin er wollte. Seine Eltern waren tot, und er hatte keine Heimat mehr, da ging er zu seinen Brüdern und bat, sie möchten ihm so lange Unterhalt geben, bis der Krieg wieder anfinge. Die Brüder aber waren hartherzig und sagten: »Was sollen wir mit dir? Wir können dich nicht brauchen; sieh zu, wie du dich durchschlägst.« Der Soldat hatte nichts übrig als sein Gewehr, das nahm er auf die Schulter und wollte in die Welt gehen. Er kam auf eine groÃe Heide, auf der nichts zu sehen war als ein Ring von Bäumen: Darunter setzte er sich ganz traurig nieder und sann über sein Schicksal nach. »Ich habe kein Geld«, dachte er, »ich habe nichts gelernt als das Kriegshandwerk, und jetzt, weil Friede geschlossen ist, brauchen sie mich nicht mehr; ich sehe voraus, ich muss verhungern.« Auf einmal hörte er ein Brausen, und wie er sich umblickte, stand ein unbekannter Mann vor ihm, der einen grünen Rock trug, recht stattlich aussah, aber einen garstigen Pferdefuà hatte. »Ich weià schon, was dir fehlt«, sagte der Mann, »Geld und Gut sollst du haben, so viel du mit aller Gewalt durchbringen kannst, aber ich muss zuvor wissen, ob du dich nicht fürchtest, damit ich mein Geld nicht umsonst ausgebe.« â »Ein Soldat und Furcht, wie passt das zusammen?«, antwortete er, »du kannst mich auf die Probe stellen.« â »Wohlan«, antwortete der Mann, »schau hinter dich.« Der Soldat kehrte sich um und sah einen groÃen Bär, der brummend auf ihn zutrabte. »Oho«, rief der Soldat, »dich will ich an der Nase kitzeln, dass dir die Lust zum Brummen vergehen soll«, legte an und schoss den Bär auf die Schnauze, dass er zusammenfiel und sich nicht mehr regte. »Ich sehe wohl«, sagte der Fremde, »dass dirâs an Mut nicht fehlt, aber es ist noch eine Bedingung dabei, die musst du erfüllen.« â»Wenn mirâs an meiner Seligkeit nicht schadet«, antwortete der Soldat, der wohl merkte, wen er vor sich hatte, »sonst lass ich mich auf nichts ein.« â»Das wirst du selber sehen«, antwortete der Grünrock, »du darfst in den nächsten sieben Jahren dich nicht waschen, dir Bart und Haare nicht kämmen, die Nägel nicht schneiden und kein Vaterunser beten. Dann will ich dir einen Rock und Mantel geben, den musst du in dieser Zeit tragen. Stirbst du in diesen sieben Jahren, so bist du mein, bleibst du aber leben, so bist du frei und bist reich dazu für dein Lebtag.« Der Soldat dachte an die groÃe Not, in der er sich befand, und da er so oft in den Tod gegangen war, wollte er es auch jetzt wagen und willigte ein. Der Teufel zog den grünen Rock aus, reichte ihn dem Soldaten hin und sagte: »Wenn du den Rock an deinem Leibe hast und in die Tasche greifst, so wirst du die Hand immer voll Geld haben.« Dann zog er dem Bären die Haut ab und sagte: »Das soll dein Mantel sein und auch dein Bett; denn darauf musst du schlafen und darfst in kein anderes Bett kommen. Und dieser Tracht wegen sollst du Bärenhäuter heiÃen.« Hierauf verschwand der Teufel.
Der Soldat zog den Rock an, griff gleich in die Tasche und fand, dass die Sache ihre Richtigkeit hatte. Dann hing er die Bärenhaut um, ging in die Welt, war guter Dinge und unterlieà nichts, was ihm wohl und dem Gelde wehe tat. Im ersten Jahr ging es noch leidlich, aber in dem zweiten sah er schon aus wie ein Ungeheuer. Das Haar bedeckte ihm fast das ganze Gesicht, sein Bart glich einem Stück grobem Filztuch, seine Finger hatten Krallen, und sein Gesicht war so mit Schmutz
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